Alle Rache Will Ewigkeit
Maria imitierte den Ausdruck von Munchs
Der Schrei.
»Okay. Ich hab ja nur Spaß gemacht. Du kannst die ganze Strecke bis Fort William Joan Osborne und Patty Griffin hören.«
Das Restaurant wurde den Bewertungen im Internet gerecht. Zuerst wählten beide einen Eintopf mit Meeresfrüchten aus der Gegend und waren begeistert vom kräftigen und fein abgestimmten Geschmack. Darauf folgte Wild mit gewürzter Roter Bete und Kartoffelpüree mit Zitronenthymian. Als sie das Fleisch probierte, stöhnte Charlie genießerisch und durchaus vernehmbar. Sie schlossen mit Käse, und Maria ließ immer wieder kleine glückliche Laute hören, als sie jedes einzelne Stückchen genoss. »Ich wünschte, ich wäre noch hungrig, damit ich noch mal essen könnte«, schwärmte Charlie.
Als sie wieder im Hotel waren, hatten sie eigentlich vor, direkt auf ihr Zimmer zu gehen, aber da war es mit Charlies Glück schon wieder vorbei. Sie kamen durch die Tür, und da trat Lisa gerade aus den Toiletten. Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Wie schön, euch beide zu sehen. Wir dachten, wir hätten euch verpasst. Wir sitzen an der Bar. Kommt ihr und trinkt etwas mit uns?«
Charlie lehnte ab. »Nein, danke«, während Maria sagte: »Hört sich gut an.« Sie schauten sich an und brachen in Lachen aus.
»Sieben Jahre – und wir sind immer noch bei nichts der gleichen Meinung«, scherzte Maria.
»Ich bin wirklich müde«, sagte Charlie. »Ich will mich einfach nur hinlegen. Tut mir leid.«
»Schon gut«, sagte Maria. »Aber ich will einen Brandy. Geh doch schon mal hoch. Ich hol mir einen Drink und komme dann nach.«
Charlie, die sich vorstellte, wie Lisa sich Maria schnappen und sie in ein Gespräch bis spät in die Nacht verwickeln würde, sagte: »Ist schon in Ordnung, ich warte auf dich, wir können zusammen raufgehen.«
»Ich leiste Ihnen Gesellschaft, bis Maria an die Reihe kommt«, sagte Lisa schnell.
»Was ist mit Nadja? Wird sie sich nicht fragen, wo Sie abgeblieben sind?«
»Ich sag ihr Bescheid«, rief Maria über die Schulter, während sie auf die Bar zuging.
»Du siehst zauberhaft aus heute Abend«, sagte Lisa. »Zum Anbeißen.«
»Lass das«, seufzte Charlie. »Ich fühle mich wie in der Achterbahn. Ich komme nicht damit klar, wenn ihr beide zugleich da seid.«
»Tut mir leid. Ich dachte, du würdest vielleicht den Nervenkitzel genießen, zu wissen, dass ich in der Nähe bin.« Lisa schien zerknirscht. »Ich merke jetzt, dass ich die Situation falsch eingeschätzt habe. Aber es tut mir nicht leid, dass ich die Gelegenheit hatte, dich zu sehen.«
Charlie warf ihr einen flehenden Blick zu. »Lisa, bitte. Ich kann das jetzt nicht.«
Lisa blickte Charlie mit dem traurigen Augenaufschlag an, den Prinzessin Diana mit so großer Wirksamkeit einzusetzen gepflegt hatte. »Ich verstehe. Glaub mir, ich weiß, wie schwer es ist zu widerstehen.« Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf. »Wie lief es mit deiner Befragung der Bergwacht? Ist es dir gelungen, neue Beweise zu finden, die der Polizei und dem Leichenbeschauer vor so vielen Jahren entgangen sind?«
Charlie machte ein verschmitztes Gesicht. »Nun bewegen wir uns auf viel sichererem Terrain. In Schottland gibt es gar keine Leichenbeschauer. Und es trifft sich, dass ich wirklich ein oder zwei Dinge herausgefunden habe, die auf etwas hinzudeuten scheinen.«
»Wirklich?«, fragte Lisa mit dem Anschein echten Interesses. »Du hast den rauchenden Colt gefunden?«
»Wenn ich Sherlock Holmes wäre und du Watson, würde ich so etwas sagen wie: ›Da war diese merkwürdige Begebenheit des Anrufs beim Rettungsdienst, der vom Hotel aus getätigt wurde.‹ Und du würdest fragen: ›Was war mit dem Anruf vom Hotel beim Rettungsdienst?‹ Und ich würde antworten: ›Es gab keinen Anruf vom Hotel beim Rettungsdienst.‹«
Nun schien Lisa verwirrt. »Tut mir leid, jetzt kann ich dir nicht mehr folgen.«
»Es war etwas Merkwürdiges an dem Anruf, der den Rettungsdienst für Jay und Kathy alarmierte. Die Anruferin war nicht, was sie zu sein vorgab.«
Lisas Mund zuckte abweisend. »Was soll das denn heißen?«
»Ich weiß es nicht. Dann gibt es da noch die Sache mit dem Messer.«
»Musst du dich so mysteriös ausdrücken?«
Charlie lachte. »Ja, ich muss mich so mysteriös ausdrücken, weil es Spaß macht. Aber andererseits weißt du das ja selbst. Du bist doch die Königin des Mysteriösen. Das Messer ist wichtig, weil Jay ihre ganze Ausrüstung einschließlich ihres
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