Alle Rache Will Ewigkeit

letzten beiden Tage gewesen war. Wie ihre Gedanken sich von den Gleisen gelöst hatten, die die Kirche für sie festlegte. Gab es einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Dingen?
    Ich überlegte, ob ich sie zur Rede stellen und ihr androhen solle, ich würde ihrem Mann von dem Make-up und dem Rendezvous erzählen, wenn sie ihre Meinung über meine Verheiratung nicht änderte. Aber ich sah mich nicht als jemanden, der emotionale Erpressung gegen seine Mutter einsetzte. Ich wollte, dass sie hinter mir stand, weil sie mir helfen wollte und weil es einfach richtig war, das zu tun. Vielleicht wäre es besser, nichts zu sagen und zu hoffen, dass sie Rinks weiterhin traf und schließlich zur Vernunft kam. Unter Umständen würde sie Calder wegen Rinks verlassen und mich mitnehmen. Und dann wäre alles gut.
    So denkt man eben mit fünfzehn.
    Also beobachtete ich sie weiter. Sie tranken ihren Kaffee und verbrachten dann eine Stunde mit dem Einkaufen von Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse. Rinks trug die schweren Taschen, und ich folgte ihnen zurück zum Parkplatz auf dem Eldon Square. Sie stellten die Einkäufe in den Wagen und gingen dann zurück am Denkmal des Earl Grey vorbei. Rinks hatte den Arm um Jennas Schulter gelegt, und sie schmiegte sich an ihn. Sie gingen in die Buchhandlung Waterstone’s, und ich beobachtete durchs Fenster, wie sie sich die Bücher auf den Regalen anschauten. Bei den Kochbüchern küsste er sie. Nur leicht, kein richtiger Zungenkuss. Aber doch auf den Mund. Es war, als beobachte ich jemanden, der neu zum Leben erwachte, als ich sah, wie meine Mutter in seiner Gegenwart strahlte.
    Ich folgte ihnen den Hügel hinunter in Richtung Bahnhof, und dann gingen sie in ein Pub. Natürlich konnte ich ihnen nicht nach drinnen folgen. Ich war erst fünfzehn, es wäre also gegen das Gesetz gewesen. Und ich dachte, die Leute würden es merken, wenn sie mich auch nur mit einem Blick streiften. Vor allem hatte ich nicht viel Geld und wusste nicht, wie viel eine Limonade in einem Pub kosten würde. Nur dass es wahrscheinlich mehr war, als ich hatte. Ich vermutete, dass es wohl nicht wie in einem Süßwarenladen war, wo man reingehen und fragen konnte, was es für fünfunddreißig Pence gab.
    Es war wie ein Thriller, dachte Charlie wieder. Unerwartete Ereignisse, Wendungen und Spannungsbogen. Sie blickte aus dem Fenster und sah erleichtert, dass sie noch in der kahlen Landschaft der Highlands waren. Maria konnte bis Glasgow mit einer Geschwindigkeit von dreißig Meilen fahren, das war ihr egal. Sie wollte erfahren, wie es weiterging.
    Der nächste Abschnitt handelte davon, dass Jay in die Rolle einer Spionin schlüpfte, was das Leben ihrer Mutter betraf. Nach der Begegnung auf dem Grainger Market schlich Jenna jeden Morgen, wenn die Luft rein war, aus dem Haus und fuhr mit Rinks weg. Jay war überzeugt, dass irgendein Mitglied der Kirche sie entdecken müsste, aber die beiden schienen unter einem besonderen Schutz zu stehen.
    Zwei Wochen später verkündete Jenna dann eines Abends beim Essen, dass sie sich bei einem wohltätigen Projekt angemeldet hätte, um die Wohnungen einer Gruppe alter Leute in einem städtischen Wohnblock zu renovieren. Howard war offensichtlich dagegen, aber sie setzte sich durch, indem sie darüber sprach, wie nötig neben der Spiritualität die praktische christliche Nächstenliebe sei. Es war schwierig, schlagende Argumente dagegen vorzubringen.
    Jay war am nächsten Tag in der Mittagspause zwischen den Unterrichtsstunden bei dem Projekt aufgetaucht, und es überraschte sie nicht im Mindesten herauszufinden, dass Rinks der Projektleiter war. Sie tat so, als hätte sie keine Ahnung, wer er war, und ihre Mutter stellte sie einander nicht vor. Jay behielt ihr geheimes Wissen für sich und versuchte sich auszumalen, wie sie es zu ihrem Vorteil nutzen konnte.
    Da sie Jay war, gelang es ihr schließlich auch. Aber bevor sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnte, wurde sie von den Ereignissen überrollt. Charlie schätzte, dass ihr das bestimmt nicht sehr oft passiert war.
    Ich hatte endlich den Mut zusammengekratzt, Jenna und Rinks zu sagen, dass ich wusste, was lief. Ich wollte sie ermutigen, sich wieder richtig zusammenzutun; und Jenna sollte ihren Mann verlassen und mit Rinks und mir zusammenleben.
    Das war mein Weg zur Rettung, und ich wusste, dass ich nicht unbegrenzt lange warten konnte. Mein Geburtstag kam näher, und ich wollte kein Risiko eingehen.
    Ich wusste, das Projekt näherte