Alle Rache Will Ewigkeit
Anne gerade beauftragt hatte. Die Wahrheit, sicher. Aber nicht »die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit«. Denn das wäre das Ende.
Jay drückte auf den Knopf der Sprechanlage und sagte zu ihrer Sekretärin: »Anne, lass bitte Abendessen zu mir nach Haus liefern. Meine übliche Feinkostauswahl, dazu Artischockenherzen und ein Baguette statt Ciabatta. Ich gehe jetzt, aber zu Fuß, nach sechs wäre also in Ordnung.« Magda würde nicht vor sieben nach Haus kommen; wenn Jay das Abendessen bringen ließ, würde ihr Zeit bleiben zu planen, was sie sagen sollte.
Sie nahm die lange Route nach Haus mit einem Umweg zum Fluss hinunter; so konnte der Rhythmus des Wassers sie beruhigen und ihre Ängste lindern. Der niedrig hängende graue Himmel und die verschmutzte Luft ließen die Wasseroberfläche glatt erscheinen und gaben dem Fluss ein reptilienhaftes Aussehen. Das hypnotisierende tiefe Auf- und Abschwellen wirkte wie die Bewegungen einer riesigen Blindschleiche. Es schien unvermeidlich, unaufhaltsam und doch merkwürdig entspannend. Als sie schließlich nach Hause kam, hatte sich Jays nervöse Erregung gelegt, und sie war entschlossen, den Abend in die von ihr gewünschte Richtung zu lenken.
Sie stand mit einem Glas Rotwein auf dem Balkon, bis das Essen kam. Dann arrangierte sie alles auf der Granitplatte der Frühstücksbar und legte die Auswahl an Fleisch, Käse und Gemüse so attraktiv wie möglich zurecht. So etwas tat Jay gern. Einem Beobachter wäre es vorgekommen, als widme sie der Aufgabe ihre volle Sorgfalt und Aufmerksamkeit. Aber in Wahrheit war dabei ihr Kopf frei genug, dass sie die heikelsten Probleme lösen konnte. Als sie zufrieden mit dem Arrangement war, legte sie sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden und machte eine Serie McKenzie-Übungen, um ihr Kreuz locker und geschmeidig zu halten. Sie wusste aus Erfahrung, dass zu viel Anspannung später ihren schmerzhaften Preis fordern würde, wenn sie nicht vorbeugte. Vor allem wollte sie nicht, dass Magda anfing zu glauben, sie habe sich mit einem alten Klappergestell zusammengetan.
Kurz nach sieben kam Magda nach Haus. »Bitte, sag mir, dass schon eine Flasche offen ist«, stöhnte sie, als sie die Küche betrat.
»Offen, belüftet und perfekt temperiert«, sagte Jay und goss ihr ein Glas ein. Magda umfasste sie von hinten, schmiegte sich an ihren Nacken, griff dann um sie herum und nahm ihr Glas Wein.
»Wunderbar«, sagte sie und trank einen Schluck. »Und was für ein herrliches Abendessen. Seit dem Frühstück habe ich nur ein Stück vom Geburtstagskuchen eines Achtjährigen gegessen.« Sie streckte sich nach den Oliven. »Mmm – du bist die Frau meiner Träume.« Sie naschte eine schwarze Olive und schob sich auf den Hocker neben Jay. »Wie war dein Tag?«
»Das ist jetzt gerade der beste Teil«, sagte Jay und reichte Magda einen Teller. Sie ging zum Kühlschrank, um eine Schüssel mit grünem Salat zu holen, und wendete ihn in Olivenöl aus einer Flasche, die mehr kostete als Jahrgangssekt.
»Der Salat oder ich?«, scherzte Magda.
Jay nahm ein kleines Scheibchen Rote Bete aus der Schüssel, versuchte es und runzelte die Stirn. »Ohne Frage der Salat.«
Magda lachte. »Du hast einen guten Geschmack.«
»Anne hat für nächsten Donnerstag die Umzugsfirma bestellt«, sagte Jay, setzte sich wieder und häufte verschiedene Köstlichkeiten auf ihren Teller. »Sie packen Kleider, Bücher, CD s, Toilettenartikel, eigentlich alle persönlichen Dinge ein. Sortiere bis dann alles aus, was du nicht für die Mieter dalassen willst, wie gutes Glasgeschirr oder Bilder, dann bringen sie das auch.«
Magda beugte sich zu Jay hinüber und küsste sie aufs Ohr. »Du machst alles so leicht.«
»Geld macht alles leicht«, entgegnete Jay trocken. »Es gibt in der praktischen Welt nicht vieles, was sich nicht mit einem Bündel Scheine regeln lässt.«
»So einfach ist es auch wieder nicht«, sagte Magda. »Dank Philip kann ich mir alles Mögliche leisten – und ich hoffe übrigens, du wirst mir die Rechnung für den Umzug geben –, aber du übernimmst die Organisation, was das eigentlich Schwierige daran ist.«
»Danke. Aber die Dinge für dich zu regeln macht mich glücklich. Echt.« Sie strich Magda übers Haar und ließ ihre Finger zu der sensiblen Haut unterhalb des Ohrs hinunterwandern. Magda erzitterte vor Vergnügen. »Jetzt iss. Du musst bei Kräften bleiben.«
Magda kicherte. »Allerdings!« Eine Weile konzentrierten sie sich auf
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