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Alle Tage: Roman (German Edition)

Alle Tage: Roman (German Edition)

Titel: Alle Tage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terézia Mora
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dich jetzt wirklich nicht solange behelligen, aber … Die Sache sei die, dass sein Konto um achthundert überzogen sei. Man kann es bis tausend überziehen, trotzdem geben mir die Schweine kein Geld mehr. Ob Abel ihm etwas leihen könnte. Einen Hunderter wenigstens, und du siehst mich nie wieder. Hm?
    Zuerst nur der Wind, der seine dunklen Locken bewegte, dann nahm er die Ellbogen von den Knien, richtete sich auf, sah Konstantin nicht an, griff sich in die Hosentasche, holte einpaar Münzen und einen Schlüssel hervor. Den Schlüssel klaubte er heraus, die Münzen schüttelte er zu einem kleinen Häufchen zusammen, seine Handfläche in der Sonne, er reichte sie herüber.
    Willst du mich verarschen? Konstantin wurde ganz rot im Gesicht.
    Tut mir Leid, sagte Abel. Das ist alles.
    K. sah aus, als würde sein Kopf gleich an den Schläfen herausplatzen, Aaaaaaaaaaa, unfähig zu artikulieren, wedelte mit den Armen, zielloses Herumplanschen in der Luft, bis er endlich die richtige Bewegung gefunden hatte: Er schlug von unten gegen die aufgehaltene Hand. Die Münzen sprangen heraus, fielen zwischen die Zigarettenkippen. Das machte so gut wie kein Geräusch, die Obdachlosen sahen dennoch herüber.
    Denkst du, das ist witzig? Ha? Ha? Was denkst du? Was denkst du, dass du bist?
    Abel steckte die leere Hand in die Hosentasche und ging.
    Schaut euch den Verräter an! Konstantin schrie, sein Speichel spritzte: Seht das unsolidarische Schwein, das sich in seinem fetten Dreck suhlt und sich nicht mehr kennen will, denkt, was Besseres zu sein, aber du bist nichts Besseres, du bist der, der du bist, der du warst, wie wir alle, du kannst noch soviel davonlaufen, sie werden immer bei dir sein, in deinen eigenen vier Wänden werden sie dich aufspüren - - -
    Der Rest war vom Taxi aus nicht mehr zu hören.

    Tachykardie: dreiundachtzig Komma fünf, Hitzewallungen: einundachtzig Komma fünf, Beklemmungsgefühle: achtundsiebzig vier, Zittern, Beben: fünfundsiebzig drei, Benommenheit: zweiundsiebzig zwei, Schwitzen: zweiundsechzig neun, Schmerzen in der Brust: fünfundfünfzig sieben, Atemnot: einundfünfzig fünf, Angst zu sterben: neunundvierzig fünf, Angst vor Kontrollverlust: siebenundvierzig, abdominelle Beschwerden: fünfundvierzig vier, Ohnmachtsgefühle: dreiundvierzig drei, Lähmungserscheinungen: zweiundvierzig drei, Depersonalisation: in siebenunddreißig Komma eins Prozent der Fälle.
    Wo die Hand den Ledersitz berührt, wird er rutschig. Schweiß strömt. Der Versuch, das Husten zu unterdrücken, mündet in ein lang gezogenes Röhren, das unter dem gesenkten Kinn hervorkommt, gespenstisch, tierisch. Die abergläubischen Augen des Taxifahrers im Rückspiegel. Was für Verwandlungen gehen auf der Rückbank vor sich? Merkwürdig, aber nicht schlecht aussehender Mann, kommt aus dem Park, duckt sich im Fond, knirscht mit den Zähnen, schnauft durch die Nase, wie nach einem Bauchschuss, das gibt’s, auf eigenen Füßen vom Schauplatz des Duells gegangen, erst später legt man sich gekrümmt hin zum Sterben. Soll ich Sie lieber gleich ins Krankenhaus fahren? Oder, je nach Temperament: Wenn du vorhast, den Wagen voll zu kotzen, dann steigst du aber gleich wieder aus, Kumpel. Diesmal nichts davon. Nur die ängstlichen, dunklen Augen im Rückspiegel. Ein weichlicher Mann mit Turban, jung oder jung aussehend, mit der schreckhaften Leidensbereitschaft der vor kurzem Angekommenen. Sollte ich hier sterben, würde er die Hände zusammenschlagen und weinen. Sein erstes Weinen hier. Leicht kullernde Kindertränen. Die Rettung müsste jemand anderes rufen. Eine resolute Rothaarige mit Handy. Aber keine Angst, freundlicher Mann, was Sie hier sehen, ist nur eine mittlere Attacke, gleich ist’s besser. Panik ist nicht - - -, Panik ist - - -.
    Beim ersten Mal denkst du noch, es ist ein Herzinfarkt, oder gar nicht, du bist zu jung, um so etwas zu denken, in der Restnacht nach deiner Abiturfeier, ich liebe dich, ich dich aber nicht, vielleicht war es auch nur ein Alptraum, einer, an den man sich nicht erinnert, nur dieses Gefühl ist geblieben, gleich sterbe ich. Verschwitzt kauerst du dich auf den Boden, mit der Stirn im Schmutz wie zum Gebet, wie bist du nackt geworden, keine Erinnerung, sämtliches vom Leid, Korrektur: Leib gerissen, und immer noch das Gefühl zu ersticken, an nichts, an allem. Drück die Stirn gegen die Rückenlehne des Beifahrersitzes, gleich ist’s besser.
    Leider entsteht vorne im Sitz eine sichtbare Beule, der Fahrer wagt

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