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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Tomaten-Paprika-Gurken-Zwiebel-Salat in ihren eigenen vier Wänden.
    Pennen durfte ich auf ’ner Matratze im sogenannten Wohnzimmer. In der Küche gab es sogar ’ne Badewanne. Wenn man die benutzen wollte, mußte sie vorher leider erst superumständlich freigeräumt werden von allem möglichen Kleinscheiß.
    Ins Römerbad wollte ich nicht mitkommen, weil ich es ablehnte, in meiner blaugestreiften Badehose herumzuhoppeln, aber ins Programmkino ging ich mit. Da lief ein Film über einen Bäckerlehrling, der andauernd Krach mit seinem Meister hatte. Der Bäckermeister kaufte sich schließlich eine automatische Brotstraße. »Die ist nie krank und sagt nicht ›Leck mich am Arsch‹«, sagte der Meister, und der Lehrling sagte: »Die sagt aber auch sonst nichts.«
    Ein erstklassiger Film. Regie: Erwin Keusch. Das war ein Name, den man sich merken mußte.
    Renate buk einen Apfelkuchen und tischte rote Tassen mit weißen Punkten auf. In Renates Haushalt war fast alles rot mit weißen Punkten, selbst die Kaffeekanne, und auf dem Eßtisch brannte eine dicke rote Kerze mit weißen Punkten. Da brauchte ich über meine Bettwäsche nicht mehr zu staunen.
    Am Montag nahm Olaf mich in die Bundeszentrale für politische Bildung mit, und da staubte ich jede Menge Zeitschriften ab, und mein Taschengeld reichte dann auch noch für eine Beatles-LP, aber mit der war ich nicht zufrieden. Die stammte ebenfalls aus der Zeit, als die Beatles noch nicht so richtig laufengelernt hatten.
    Olaf fand die Platte gut. Er überspielte sie auf Kassette. »Was gefällt dir denn daran nicht?«
    »Erstens der Krach und zweitens der Schmalz.«
    »Ach komm, nun übertreibst du aber ...«
    Nein. Es gab nur einen einzigen Song auf der LP, den man sich öfter als einmal anhören konnte.
    Close your eyes and I’ll kiss you,
    tomorrow I’ll miss you,
    remember I’ll always be true ...
    Alles andere fand ich leider nicht so packend.
    Während Olaf noch am Aufnehmen war, kam Renate barfuß rein und kitzelte ihn mit dem Fuß am Bauch und anderswo.
    »Aufhören, aufhören«, sagte Olaf, und er warf sich rücklings auf den Teppich, doch Renate ließ nicht locker. »Was hast du denn? Ich bekiller dich doch bloß so’n bißchen am Bauch!«
    »Von wegen Bauch!« rief Olaf aus. »Mein Bauch ist ganz woanders!«
    So hätte ich Mama und Papa mal erleben wollen, aber dazu waren sie wohl schon zu alt.
    In ganz Bonn war’s irre heiß. 35 Grad im Schatten, laut Außenthermometer. Ich hätte gern mal ein kühlendes Bad genommen, doch in der Wanne stand wie immer lauter Schrott.
    Der Postbote brachte einen Brief von Mama aus Venezuela, in dem sie uns mitteilte, daß sie mit dem Bus durch viele kleine Käffer gefahren sei, so wie Bonn, Remagen, Andernach und so weiter, und Renate sagte, das sei ja wohl ’ne Unverschämtheit, Bonn als kleines Kaff zu bezeichnen. »Wo wir doch immerhin Bundeshauptstadt sind!«
    In Venezuela war’s bestimmt noch schlimmer mit der Hitze. Arme Mama. Aber die hatte es ja so gewollt.
    Renate spannte eine neue Wäscheleine im Hof, weil der Wäscheständer nicht mehr ausreichte, und ich las den Bonner Generalanzeiger . Auf einer Pressekonferenz hatte Helmut Kohl gesagt: »Ich brauche nicht den Spuren irgendeines Kollegen zu folgen, ich wandle immer in meinen eigenen ganz und gar unverwechselbaren Spuren.« Wie er das wohl machte, das Wandeln in seinen eigenen Spuren.
    Im Ersten lief abends ein Open-Air-Konzert von Joan Baez und Bob Dylan, auf das Renate sich gespitzt hatte, aber das fanden wir alle blöd. Da wurde nur herumgeplärrt.
    Der neue starke Mann in Pakistan hieß Zia ul-Haq. Der hatte geputscht und das Kriegsrecht verhängt.
    Olaf zeigte mir bei einer Autofahrt die Bonner Bundeshäuser. In einem 114 Meter hohen, nach dem ehemaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier benannten Hochhaus namens Langer Eugen hatten die Abgeordneten ihre Büros.
    »Da wird die Bundespolitik gemacht«, sagte Olaf, und er gab mir eine Broschüre mit dem Titel »Orientierungsrahmen ’85« zu lesen. Da stehe alles drin, was die Jusos bis 1985 erreichen wollten. Die Jusos von heute seien die Minister von morgen.
    Die Idee des Sozialismus umfaßt das Ziel einer neuen besseren Gesellschaftsordnung und den Weg dorthin. Die konkrete Gestaltung von Ziel und Weg muß unter gesellschaftlichen Bedingungen, die sich unaufhörlich verändern, stets aufs neue bestimmt werden ...
    Totalitäre Zwangswirtschaft zerstöre die Freiheit, stand in dieser Broschüre.

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