Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Dienstagnachmittag kamen Mama und Sylvia aus Jever zurück. Das Edo-Wiemken-Denkmal sei leider verschlossen gewesen, sagte Mama. Das hätte sie Sylvia sonst gern gezeigt, aber meiner Meinung nach hätte die keinen Pfifferling darum gegeben, diesen Apparat besichtigen zu dürfen.
Es regnete wie blöd, und Sylvia fror sich einen ab. Ihre Winterpullover wollte sie trotzdem nicht anziehen, weil die kratzten.
»Die spinnen, die Venezolanerinnen«, sagte Volker.
Im ZDF kamen vier Gruselkurzfilme. In einem davon spitzte sich der Schauspieler Klaus Schwarzkopf als Restaurantgast auf eine selten servierte Spezialität des Hauses, und man kriegte irgendwann mit, daß es sich um ein Gericht aus Menschenfleisch handelte.
In der neuen Ausgabe von konkret berief sich der Herausgeber Hermann L. Gremliza auf Willy Brandt, der seine »kritischen Freunde« aus dem Lager der linken SPD-Wahlhelfer darum gebeten hatte, ihn weiter zu bedrängen:
Wir machen dann zwar doch wieder einen 88a und eine Kontaktsperre, wir bleiben auch beim Berufsverbot. Aber gebt uns das schöne Gefühl, daß wir dabei leiden. Oder wie jener sächsische Masochist sagte: Gratz misch, beiß misch, gib mir wilde Diernamen – sag Ildis!
Und was war jetzt eigentlich mit den verdächtigen Sandspuren an Baaders Kreppsohlen?
Nachdem Gladbach den HSV mit 2:1 geschlagen und Köln in Stuttgart verloren hatte, bestand an der Tabellenspitze Punktgleichheit zwischen Köln, Gladbach und Kaiserslautern. Im Kampf um die Herbstmeisterschaft würde es am nächsten Spieltag ernst werden.
Ausnahmslos alle anwesenden Familienmitglieder außer Papa folgten Mamas Einladung zu einem Essen in einem indisch-chinesischen Restaurant in Emmen. Bei der Hinfahrt saß Sylvia auf dem Beifahrersitz, und hinten mußte sich Wiebke zwischen Volker und mir zusammenquetschen.
So war das nun mal. Ich hatte selber lange genug auf einen Fensterplatz im Auto warten müssen. Wiebke mußte erst noch lernen, ihre Ungeduld zu bezähmen, und zwar mit einem Eis im Bauch, das ich ihr ausgegeben hatte, von meinem eigenen Taschengeld, aber davon wollte sie nichts mehr wissen: »Ja, damals! Vor dreitausend Jahren!«
Das Essen schmeckte besser als das meiste, was Mama uns sonst zuhause aufzutischen pflegte, bis auf eine Soße, die so scharf war, daß mir der Schweiß ausbrach. Mir tränten die Augen, aber Mama sagte: »Stell dich nicht so an!« Der machte es gar nichts aus, ihre Mahlzeit mitsamt der überwürzten Soße zu verschlingen.
Keiner wollte mitkommen, als der Spielfilm »Dr. Schiwago« lief, obwohl es ein Wunder war, daß man sich diesen Filmklassiker der Extraklasse in einem Meppener Kino ankucken konnte.
Links und rechts von mir ließ sich mal wieder niemand nieder, und in der Pinkelpause, die es gab, weil der Film Überlänge hatte, studierte ich draußen das Kleingedruckte unten auf den Filmplakaten.
Nach der Pause fiel der Ton aus, und dann riß auch noch der Film. Ich war erst um Mitternacht wieder zuhause, als die gesamte Familie schnarchend in den Mulden lag.
In seinem Arbeitszimmer baute Papa auf dem Tisch Geleise auf und ließ seine neue Modelleisenbahn darauf zirkulieren, mit so vielen Waggons, daß sich der Zug fast ins Hinterteil biß.
»Nun isses aber auch langsam mal genug«, sagte Mama. Das Abendbrot sei serviert. »Könnt ihr nicht mal aufhören mit diesem Kinderkram?«
Tante Gisela zog zu ihrem Millionär nach Melle. In dem Haus wohnte auch noch die gehbehinderte alte Mutter von Herrn Dellbrügge, und Mama sagte, sie mische sich da nicht ein.
In den Pausen wurde man trotz Kälte hinausgescheucht, während die Pauker sich den Arsch an der Lehrerzimmerheizung wärmten. Reingehen durfte man nur, um beim Hausmeister was zu kaufen.
Ungerecht war auch, daß es zwar zwei Raucherhöfe gab, die aber nur von Schülern der Sek II betreten werden durften, obwohl auch in den zehnten Klassen welche sechzehn Jahre alt waren und damit laut Jugendschutzgesetz das Recht hatten, in der Öffentlichkeit zu rauchen. Und im Grundgesetz stand doch, daß vor dem Gesetz alle Menschen gleich seien.
»Aber einige sind gleicher«, sagte Hermann. »Rat mal, wer in der Gesamtkonferenz stimmberechtigt ist – fünf Schüler und fünf Eltern, aber einhundert Lehrer!«
In einer Schule in Bremen war im Deutschunterricht ein Gedicht von Erich Fried über die Terroristen Horst Mahler und Ulrike Meinhof behandelt worden, mit der Strophe:
Aber Anfrage an die Justiz
betreffend die Länge der
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