Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
hat das nur indirekt was zu tun …«
Mehr war aus ihr nicht herauszubekommen. Ich gab mich geschlagen, nahm den Beutel mit dem Sechserpack wieder an mich und sagte: »Gut, ich fahr dann mal!«
»Ja, tschüß …«
In meiner neuen Bude baute ich den Plattenspieler auf.
I tried to leave you, I don’t deny
I closed the book on us, at least a hundred times …
Warum konnte ich keine Freundin haben, die jubilierte, wenn ich sie besuchen kam? Oder hingen alle Frauen irgendwann so kläglich in den Seilen?
»Ja, tschüß …«
Hatte Heike mir nicht mehr zu sagen?
Am Sonntagnachmittag rief sie bei uns an: Wir müßten reden.
»Und wodrüber?«
»Über uns.«
Ob sie Schluß machen wollte?
Wir saßen dann wieder auf ihrer Matratze, und Heike fing an: »Ich bin gestern unheimlich froh gewesen, als du gegangen bist. Es is’ eben so, daß ich mich freue, wenn du herkommst, aber oft auch, wenn du wieder gehst. Bei mir läuft jedesmal das gleiche ab, in meinem Kopf und auch in meinem Bauch …« Im Gegensatz zu früher habe sie inzwischen zwar ein gutes Verhältnis zum menschlichen Körper im allgemeinen und zu ihrem und zu meinem Körper ganz besonders, aber dieses positive Gefühl werde durch mein Verhalten abgeblockt.
»Durch welches Verhalten denn?«
»Durch deine ganze Art …«
»Was für ’ne Art denn?«
»Vor allem durch die Art, in der du dich sträubst, dein eigenes Verhalten mal zu hinterfragen.«
Da biß sich die Katze in den Schwanz. Welches Verhalten hätte ich denn nun hinterfragen sollen, um Heikes positives Gefühl nicht mehr abzublocken? Wenn hier jemand die positiven Gefühle abblockte, dann doch nicht ich! Von mir aus hätten wir nonstop in positiven Gefühlen schwelgen können!
»Diese ganze Scheiße hat jedenfalls schon ziemlich viele Löcher in unsere Beziehung gefressen«, sagte Heike. »Du brauchst aber nicht zu denken, das wäre alles nur deine Schuld. Ein Stück weit hab ich mir den Kram auch selber zuzuschreiben, wenn ich dir zum Beispiel nicht klar genug meine Grenzen aufzeige …«
Und dafür war ich hergekommen? Daß Heike mir ihre Grenzen aufzeigt?
»Hat’s dir jetzt die Sprache verschlagen?« fragte sie.
Mir ging es wie diesem Lord Chandos: Die Worte zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.
Wo ich mich den ganzen Tag herumgetrieben hätte, fragte Mama. »Papa hat in deinem Zimmer die Regale angebracht, und dabei hättest du ruhig mal mit zupacken können!«
Ja, wenn er einen Ton gesagt hätte vorher! Oder hätte ich das riechen sollen?
Laut Spiegel hatte Herbert Wehner vor, Karl-Heinz Hansen aus der SPD -Bundestagsfraktion auszuschließen, und es gab auch sonst ’ne Menge Wirbel:
Schon in der Fraktionssondersitzung vor zwei Wochen wollte Karl Haehser, Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, »ein Stuhlbein« auf Hansens Schädel zertrümmern, Zwischenrufer wünschten ihm »Tod bei Glatteis«.
Egon Franke, Innerdeutscher Minister und Chef der rechten Kanalarbeiter, stempelte Hansen danach öffentlich als Idioten ab: »Ich weiß nicht, ob Hansen im Vollbesitz seiner Gesundheit ist. Manchmal möchte ich das in Zweifel ziehen.«
Da ging’s ja wie im Wirtshaus zu. Und dieser Sauhaufen wollte Hansen Manieren beibringen?
Mama holte Oma Jever vom Bahnhof ab. An deren Stelle hätte ich es vorgezogen, in meinen vier Wänden zu bleiben und mich von Mama besuchen zu lassen. Wer setzte sich schon freiwillig mit Papa an einen Eßtisch?
Den General Jaruzelski, der seit neuestem als polnischer Regierungschef amtierte, fand Hermann abstoßend: Diesen Kernbeißer könne man sich auch als Obermacker einer südamerikanischen Militärjunta vorstellen.
Bei der schriftlichen Abiturprüfung in Englisch nuckelte der Buddrich Obstsaft aus einem Tetraeder oder wie diese Dinger hießen. Erstaunlich, daß die überhaupt noch hergestellt wurden.
Was wohl als nächstes zum Vorschein kam? Ein Zwicker? Oder ’ne Meerschaumpfeife? Beim Buddrich hätte mich das nicht gewundert.
Von Meppen aus wollte Oma nach Wiesbaden, und Mama fuhr sie hin, um dann ihrerseits weiter nach Bonn zu karriolen und Renate Tips für Wochenbett und Mutterschaft zu geben. Manches lasse sich am Telefon halt nicht so gut besprechen.
Als Heike mitkriegte, wie wenig ich in Mathe wußte, riet sie mir, bei Silke Möller Nachhilfe zu nehmen. »Die ist richtig gut und hat mir auch schon mal geholfen …«
Und so saß ich bald darauf in Silke Möllers überheizter Kemenate und vertiefte mich in eine Materie,
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