Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
brachen der Niebold und in seinem Gefolge noch zwei andere Dunkelmänner aus dem Unterholz hervor. Die hatte niemand hergebeten, aber das hielt sie mitnichten davon ab, den Äther zu verpesten: »Prostata!« – »Was wird ’n das, wenn’s fertig is’, ey? Kleine Opiumhöhle?« – »Sind wir hier in Woodstock?« – »Und? Schon alles alle?« – »Gebt ma Butter bei die Fische, ihr Kanaken!«
Als ob man mit denen die Schweine gehütet hätte. Doch das Glück war uns hold; nach diesem Austausch von Höflichkeiten machte das Trio die Flatter und enteilte zum Epizentrum des Partygeschehens, akustisch erkennbar an einem Medley aus mehrstimmig intonierten Gassenhauern.
Schöne Maid, hast du heut für mich Zeit?
Ho-ja, ho-ja, hooo …
Tony Marshall. Würde dieser Gottseibeiuns jemals aus der Mode kommen? Der verfolgte einen mit seinem pathologischen Frohsinn schier bis ans Ende der Welt.
Um einem Kater vorzubeugen, müsse man vorm Zubettgehen zwei Liter Wasser trinken, sagte Hermann. Seiner Erfahrung nach verdünne das den Alkoholgehalt im Blut in ausreichendem Maße.
Weil ich das Drehen leid war, zog ich mir am Automaten neben der Klotür ’ne Packung Camel, und am Tisch unterlief mir der Lapsus, gleich die erste Zichte falschrum in den Mund zu nehmen und den Filter anzuzünden. Sehr viel dümmer konnte man kaum aussehen als mit einer am verkehrten Ende brennenden Filterzigarette in der Futterluke.
Auf dem Heimweg schoben wir unsere Räder. Hermann, der als einziger keins dabeihatte, kickte Lärchenzapfen oder sowas von der Fahrbahn, und mit einem seiner Schüsse schien er jemanden getroffen zu haben. Jedenfalls stöhnte in der Finsternis der Böschung irgendwer auf.
Wir sahen genauer hin: Es lagen zwei Personen da, ein Mann und eine Frau, und die waren am Poppen. Ohne die rechte Ekstase, wie es schien, dem kraftlosen Schnaufen nach zu urteilen, das sie von sich gaben.
Als gute Demokraten überließen wir das Paar sich selbst und gingen weiter.
Hermann griff sich an die Stirn und rief: »Das gibt’s doch nicht! Die liegen da im Dreck und … nee! Das gibt’s doch nicht!«
So würden wahrscheinlich die meisten unehelichen Kinder entstehen, sagte Heike.
Trotz aller Liberalität, die in Astrids Elternhaus herrschte, hätte Hermann als ihr Lover dort nicht übernachten dürfen. Daher kam er wieder mit zu mir.
Um zwanzig nach zwei langten wir an der Haustür an. Den Schlüssel hatte ich in meiner Hosentasche, wohlverwahrt, nur kriegte ich ihn nicht ins Schloß hineingezwirbelt. Vielleicht, weil auch von innen einer steckte.
Verflixter Scarlet Pimpernel!
»Laß mich doch mal probieren«, sagte Hermann, aber ich fand’s amüsanter, vor der zuen Tür zu kapitulieren und wie Max und Moritz über den hinteren Balkon ins Haus einzusteigen. Wiebke würde uns da schon durchlassen. Und wenn sich Hermanns Begeisterung auch in Grenzen hielt, so machte er doch mit. Wir nutzten das Regenrohr und das Eßzimmerfenstergesims und erreichten mit einer Kombination aus Räuberleiter, Klimmzügen und artistischem Freistil die Brüstung und kletterten rüber.
Voilà.
Ich klopfte an die Jalousie vor Wiebkes Balkontür. Erst leise; dann lauter.
Dann nahm ich die Faust.
Wie man durch die Ritzen oben sehen konnte, ging das Licht im Zimmer an. Wurde ja auch Zeit.
Wiebke orgelte die Jalousie hoch, öffnete die Tür und zischelte irgendwas Gehässiges von wegen Uhrzeit, Dreistigkeit und Ruhestörung. Was halt ein Schwesterherz so alles höherschlagen ließ.
Spätvormittags, nach Hermanns Abgang, unterzog ich den Balkonboden einer Visitation. Mir war so, als hätten wir bei unserer kleinen Kletterpartie die Fliesen lädiert. Und richtig: An der Kante waren welche angeknackst und abgesplittert. Aber hatten wir das denn in Schuld?
»Ich hab mich total erschrocken gestern«, sagte Wiebke. »Wieviel habt ’n ihr da bloß getrunken, um so blau zu werden?«
Dämliche Frage. Was sollte man darauf antworten? Und hätte es nicht »erschreckt« heißen müssen?
In Bonn trat Renate ihren Mutterschaftsurlaub an. Unterrichten würde sie erst im Dezember wieder, und dann würde wohl auch Olaf so bei kleinem sein Examen in die Scheuer fahren.
Aus Abneigung gegen den Wehrmachts-Oberleutnant a. D. Helmut Schmidt hatte ihn der israelische Ministerpräsident Menachem Begin als »arrogant und geldgierig« beschimpft und ihm nachgesagt, er habe »nie seinen Treueeid auf seinen Führer Adolf Hitler gebrochen«. Schmidt wiederum hatte den
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