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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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kostet und wir auch alleine diesen Schritt tun können. Wenn »er« in wesentlich wichtigeren Dingen seinen Beistand versagt hat, dann braucht er jetzt auch nicht mehr sein christliches Gewissen hervorzukehren. Ich verzichte jedenfalls dankend, für diese Art Christentum habe ich nichts über.
    Du kannst Mutter jedenfalls sagen, daß ich keinen Wert auf seine Gegenwart lege, nachdem von seiner wahren Pfarrerstellung nichts mehr übergeblieben ist. Für große Gesten schwärme ich nicht.
    In welch wichtigen Dingen Opa Schlosser seinen Beistand versagt hatte, wußte Onkel Walter nicht, nur daß es eben keines der Kinder jemals leicht gehabt habe mit dem alten Herrn.
    Viel schöner als in Dortmund sei’s im Jeverland gewesen. »Das war für unsereinen das gelobte Land …« Im Hause Lüttjes, also bei Mamas Eltern, hatte sich auch Onkel Walter gern aufgehalten.
    Von dem Bier war mir schwummrig geworden, und ich durfte mich bei einem Wannenbad erholen. Anschließend ging ich auf Onkel Walters Kosten mit meiner Kusine Christiane ins Kino. »Jede Menge Kohle« hieß der Film, und er spielte in Dortmund. In Dortmund in Dortmund gebrautes Bier trinken und einen in Dortmund spielenden Spielfilm kucken: Deutlicher hätte ich den Dortmundern meine Reverenz nun wirklich nicht erweisen können.
    In dem Film kam was mit Fremdgehen vor. Man sah das aber nur durch Rubbelglas.
    Mit zwei superlahmen Linienbussen, von denen der eine auch noch riesige Umwege fuhr, sowie auf Schusters Rappen durch einen beinahe schon ländlich anmutenden Vorort und schließlich über einen dicken und dicht mit Unkraut bewachsenen Hügel erreichte ich die Raststätte Lichtendorf an der A 1. Die unerforschlichen Wege des Martin Schlosser.
    In der Tankstelle lag der »Autobahnfink« aus, ein blaues Heftchen, in dem das Netz der Autobahnen mit allen Raststätten verzeichnet war. Zum Mitnehmen, gratis.
    Ich machte mir mit Kugelschreiber ein Koblenz-Schild: KO . Erst den Umriß der Buchstaben zeichnen und dann die Flächen schraffieren.
    Der erste Fahrer, der mich mitnahm, wollte nach Köln und nur vorher kurz noch was in Bochum aus der Uni abholen. Was Studenten angehe, habe Bochum die höchste Selbstmordrate, teilte er mir mit, und wie sich zeigte, gab es da sogar für die Mensa ’ne eigene Autobahnabfahrt. Also bloß nicht in Bochum studieren und am besten auch sonst nirgendwo im abgemeierten und schrammeligen Kohlenpott.
    Es ging dann leider doch nicht ganz bis Köln, sondern nur bis zu einer Ausfahrt zehn Kilometer nördlich davon, und da stand ich und stand, und die Autos fuhren und fuhren, und die Fahrer ignorierten mich, so gut sie konnten, und als es Abend wurde, hatte ich die Nase voll und nahm die S-Bahn zum Kölner Hauptbahnhof. Um Punkt 20 Uhr war ich da, und um 20.03 Uhr fuhr ein Zug nach Koblenz, den ich gerade noch erwischte.
    Mein altes Zuhause, es rückte mit jeder Minute näher. Hätten wir’s doch nie verlassen! Das Heimweh wallte in mir bereits bei einem Wort wie Hunsrückhöhenstraße auf. Oder auch bei den Wörtern Moselweiß, Kühkopf, Asterstein, Remstecken, Rittersturz, Karthause, Stolzenfels und Bembermühle.
    Am Koblenzer Hauptbahnhof bildete Michael Gerlach das Empfangskomitee. Er hatte es eilig, weil sein Asphalthobel im eingeschränkten Halteverbot stand, und als wir einstiegen, krakeelte ein Fußgänger: »Ihr seid ma die Rischdije! Paage, wo ma ned paage daaf! Ohne Rüggsischt uff Valussde!«
    Was ging den das denn überhaupt an?
    Ich fand die visuellen Reize packender als die akustischen. Kowwelenz by night: das festlich beleuchtete Schloß, wo Papa früher seinen Dienst versehen hatte, die Rhein-Mosel-Halle, die funkelnde Festung Ehrenbreitstein, das Deutsche Eck …
    Selbst durch Michaels verdreckte Windschutzscheibe sah man diesem städtebaulichen Ensemble seine Schönheit an.
    Wir drehten auch noch eine Ehrenrunde auf dem Mallendarer Berg: Pfarrer-Seesterhenn-Straße, Robert-Koch-Straße, Theodor-Heuss-Straße. Wie ich mich ohne den Umzug nach Meppen wohl entwickelt hätte? Zu meinem besten? Oder zu einem Banausen ohne Interesse an Kunst und Kultur?
    Bei Gerlachs gab’s als Betthupferl ein Blutwurstbrot und Hagebuttentee. Bier hatte Michael keins, und die Kneipe in der Gutenbergstraße war dicht. Entweder lebten auf dem Mallendarer Berg nicht genug Alkoholiker, oder die soffen alle zuhause.
    Wir saßen noch ’ne Zeit in Michaels Zimmer und besprachen das Programm für den nächsten Tag. Ins Wambachtal gehen oder zum

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