Alle Vögel fliegen hoch
weil des sei Verhalten is. Der bringt Eana an Steckan, weil er denkt, des is a Beute. Do sand Sie ned anders ois wia mia.«
»Des stimmt«, gab ich verblüfft zu.
»In dem Schwarm, der wo dann hoam fliagt, ist ja meistens der Gschpusi dabei. Mia lassn mehrere dausend Daum aufsteign. Des sand so vui, dass die sie ned finden. Wia im richtigen Leben. Do is ma manchmoi a ganz nah beinand und find sich ned.«
»O wie wahr.«
Er zwinkerte mir zu. »Lesbische hamma a. Die gehn auf kein’ Vogel mehr. Do muass ma oane wegsperrn, damit’s wieda an Tauberer wui.«
»Und wie lang sind die Tauben unterwegs?«
»Mia fliagn höchstens achthundert Kilometer am Tag. Es kimmt auf den Gegenwind an, aufs Wetter, auf ois. Da ko vui schiaf geh. Und deshalb derf ma sei Herz nicht an ein Viecherl hängen.«
»Aber was ist dann des Schöne dran, wenn man sein Herz nicht hinhängt?«
»Wenn sie aufsteigen. Wenn’s dann losgeht. Und dahoam des Warten am Schlag, wann die Erste kommt. Im Verein is es auch ein Zusammenhalt. Der Nachwuchs fehlt halt bei uns. Im Ruhrgebiet is vui mehra los. Da ham die Daum imma dazua gheart zu die Bergwerke. Der Adler des kleinen Mannes , hot ma des g’heißen.«
»Und wie finden die jetzt zrück, die Tauben?«, wollte ich wissen.
»Des woaß koaner so genau. Da is bis jetzt no neamdi drauf kemma. Vielleicht zwengs der Sonna. Aba in letzta Zeit homma Brobleme. Do is des schönste Wetter und die Daum ziagn ned ob, die kreisen über dem Auflassplatz ewig umanand, und es gäht ned voran, weil’s ned wissen, wohi! Die finden ihr Richtung ned. Mia glaum, dass des von dera Strahlung kimmt. Die Handys. Die Satelitten. Des ganze Glump, wos do oben am Himmi hängt. Des is a bei die Bienen a Broblem. Zuvui Glump in der Luft.«
Ich nickte und leerte das Stamperl, das mir der Opa irgendwann aufgefüllt hatte.
»Mei Dochta moant, dass ma des Madl verschonen muas. Mei Dochta wui ois fernhalten von ihr. Weil’s a schlechts Gwissn hot. Weil des Deandl koan Vatta hot. Aba i ko nix dafür, dass der da Mo weggrennt ist.«
»Lohnt sich Ihr Hobby?«
»Schmarrn.«
»Aber der Sieger kriegt doch ein Preisgeld!«
»I hob erst einmal einen richtigen Sieger ghabt, der war für hundat Mak guad. Des is schon lang her. Und an dera Daum hob i a koa Freid ghabt, weil’s nämlich ned zruck kemma is. Des is eben des Gefährliche an unserm Sport. Die
Siegestaube, die schnellste, die fliegt vornweg. Die is ned im Pulk. Des is a gfundnes Fressn fürn Greif. Oder der schlagt sie in die Flucht, und in der Panik verliert sie ihren Kurs. Und dann landet’s irgendwo, und wenn’ma a Glück hot, meldet sich jemand. Oft aba a ned. Und dann is wieda oane weg. Grad die Jungen, die wo no koa Erfahrung ham. So wia die Polly, die uns heit abgeht. So ist ois umarasunst gwesen. Die ganze Arbeit. Die Leit wissen oft ned, dass sie uns anrufen soin, wenn sie a Briafdaum finden, die erkennt ma am Ring. Mia ham extrig an Zugeflogenendienst. Man möcht doch wissen, wo seine Vegel sand.«
»Und die nehmen Sie dann auch wieder auf?«
»Ja freilich! Sand doch unsre Daum.«
»Ham die alle Namen?«
»Ich vergeb keine Namen nicht. Die ham Nummern.«
»Aber die Sarah schon.«
»Ja freilich. A Deandl mecht für alles an Namen.«
»Und Ihr Frau?«, fragte ich.
»Weg«, sagte er knapp, was alles bedeuten konnte: durchgebrannt, ausgeflogen, Himmel und Hölle.
»Alles weg«, sagte ich und kippte mein Stamperl.
»Schwoam’mas obi«, nickte er. »Und ma soi sei Herz an nix hänga, a ned an an Hund.«
»Oder gut aufpassn. Damit er ned entführt wird!«
»Bei die Greifvegl kennan’S ned aufpassen. Die fliagn bei mir nei und naus, als wär des ein McDonalds. Der Habicht. Der lauert oben im Woid, und dann schlogt er zu. Der Habicht, der ghört ganz weg. Der frisst die Daum bei lebendigem Leib. Wenn der oane in seine Fäng hot und die sich nimma rührt, glaubt er, die ist dod und hackt nei. Dann bewegt
die sich wieder. So gäht des hin und her. Bei lebendigem Leib frisst der Sauvogl sein Opfa!«
»Und was machen Sie dagegen?«, fragte ich. Jetzt wurde es spannend. Tellereisen, Fangkörbe, Schusswaffen – wie sah seine Verteidigung aus?
»Nix«, erwiderte der Opa. »Man derf ja nix machen. Weil die Greifvögel immer Recht haben. Mia Taubenzüchter ham koa Recht, und die Bauern mit ihre Hühner ham koa Recht, und die Jäger mit ihrem Niederwild ham koa Recht. Nur der Greif hat ein Recht.«
»Also müssen Sie sich das gefallen lassen?«, provozierte
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