Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
beordert hatte. Velázquez hatte in Italien keine bestimmten Aufgaben zu erfüllen, und sein Entschluss über die Dauer seines Aufenthaltes hing von den sich bietenden Gelegenheiten ab. Es ist also gut möglich, dass er Pareja schon geraume Zeit vor dem Antritt der Rückreise nach Madrid bestellte. Von ihm als dem Herrn des Sklaven ist im Gesuch freilich nicht die Rede, wahrscheinlich auch, weil Velázquez Pareja, anders als dieser vorgab, nicht als Malerlehrling, sondern nur als seinen Diener betrachtete, der ihm in der Werkstatt allenfalls bei den Vorbereitungen zum Malen zur Hand gehen durfte. Wie es sich im Folgenden noch näher zeigen wird, war er der Meinung, dass ein Sklave keine so edle Tätigkeit wie die Malerei ausüben konnte.
1649 reiste Velázquez wiederum für längere Zeit nach Italien, diesmal in königlichem Auftrag. Er sollte für Philipp IV. italienische Gemälde erwerben, Maler für die Freskoarbeiten in den königlichen Residenzen anwerben und Gipsabgüsse und Bronzekopien der berühmtesten antiken Statuen in den römischen Sammlungen anfertigen lassen. Er kam im Mai 1649 in Rom an, und diesmal begleitete ihn sein Sklave Pareja. Der Aufenthalt in der Stadt zog sich gegen alle Voraussicht sehr lange hin, sodass Velázquez im April 1650 eine Wohnung im Collegio Nardini in der Via Parione mietete, von der aus er bequem die zahlreichen Antikensammlungen Roms besichtigen und die bedeutendsten Statuen, die kopiert werden sollten, auswählen konnte, darunter den Laokoon und den Apoll vom Belvedere, die beiden berühmtesten antiken Statuen in der ewigen Stadt. Diese und zahlreiche andere Skulpturen aus den römischen Sammlungen ließ er in Gips oder Bronze nachbilden. Unterstützung fand er bei einem schon lange in Rom weilenden Spanier, Don Juan Córdoba Herrera, und auch der spanische Botschafter in Rom, der Herzog von Infantado, leistete Hilfe. Er stellte ihn den bekanntesten Mitgliedern des Heiligen Kollegiums wie den Kardinälen Camillo Astalli Pamphili, Antonio Barberini und Camillo Massimo vor, die ihn ebenfalls nach Kräften unterstützten.
Während des Aufenthalts in Rom freundete sich Velázquez mit dem Bildhauer Alessandro Algardi an, durch dessen Vermittlung er im Januar 1650 in die «Accademia di San Luca», die Vereinigung der Künstler in Rom, aufgenommen wurde. Einen Monat später trat er am 13. Februar auch den «Virtuosi del Pantheon» bei, einem weiteren Verein römischer Künstler, die zum Fest des hl. Joseph am 19. März Gemälde alter und moderner Maler im Pantheon auszustellen pflegten. Velázquez beteiligte sich in diesem Jahr an der Ausstellung mit dem Porträt seines Sklaven Juan de Pareja (Abb. 9). Auf dessen gesellschaftlichen Status weisen nur die dunkle Hautfarbe und die ausgeprägten Züge eines Mulatten hin. Sonst aber scheint es sich nach Gesichtsausdruck, Haltung und der Kleidung um das typische Bildnis eines Edelmannes zu handeln. Obwohl er nicht wusste, dass nach wenigen Monaten Pareja kein Sklave mehr sein würde, beschreibt Carl Justi, der große Kenner von Velázquez, das Bildnis auf folgende Weise: «Auf hellgrauem Grund springt die Halbfigur des Mischlings hervor, mit breitem festem Pinsel über die Leinwand gestrichen. So stand er vor seinem Herrn, nach rechts gewandt, in dunkelgrünem Wams, die Hand mit etwas plebejischem Griff den Mantel fassend, den Kopf zurückgeworfen. Das blitzende schwarze Auge blickt fast hoffärtig, den Betrachter messend, als fühle er sich gehoben von seinem Herrn gemalt zu werden, vor den ‹virtuosi› Roms erscheinen zu sollen. Ein gewisser schlauer Zug scheint ein geheimes, dem Meister selbst noch verborgenes anch’io son pittore zu verraten. Die widerspenstigen krausen Haare sind so gut es gehn wollte, nach spanischer Mode frisiert; Brauen und Bart dünn; sonst hat er die kurze unten vorquellende Stirn, das starke Jochbein, die am Abgang eingedrückte Nase, die aufgeworfenen roten Lippen und die kupfrig glänzende Gesichtsfarbe des Afrikaners, noch gehoben durch den breiten weißen Kragen mit Spitzensaum.» Den Gesichtsausdruck, der Justi beeindruckte, weil er ihm ein Geheimnis zu bergen schien, hat aber Velázquez selbst gemalt, für den es inzwischen kein Geheimnis mehr war, dass Pareja das Malen gelernt hatte. Eben deshalb hat er das Porträt gemalt und im Pantheon ausgestellt. Den Malerkollegen, die die Ausstellung besuchten, entging das ungewöhnliche Bildnis nicht, sie bewunderten die sublime Kunst, die darin zum
Weitere Kostenlose Bücher