Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
Freiheit zu geben. Damit gedachte er aber keineswegs, ihm zu erlauben, die Malkunst frei auszuüben. In der Tat trägt das erste bekannte Gemälde Parejas das Datum 1658, zwei Jahre bevor Velázquez starb. Erst ein Jahr nach dem Tod des Meisters hatte Pareja 1661 den Mut, ein zweites Gemälde zu signieren und zu datieren und sich selbst darauf darzustellen. Es ist unter dem Titel Das Zollhaus bekannt, stellt aber in Wirklichkeit die Berufung des hl. Matthäus dar, der als Apostel der Äthiopier verehrt wurde. Zu diesem Gemälde, das als Parejas gelungenstes gilt, äußert sich Justi mit folgenden Worten: «Das Zollhaus ist etwas akademisch komponiert, verdient aber nicht die ihm neuerdings widerfahrene Herabsetzung. Jedenfalls verrät es eine malerische Durchbildung, und in der lebendigen Erzählung eine gewisse Noblesse, die man nach jenen seltsamen Lehrjahren kaum erwartete. Der Zufall hatte Velázquez augenscheinlich ein Talent zugeführt. Wunderlich ist, daß kaum etwas von des Meisters Art erkennbar ist; höchstens in dem Fenster und Vorsaal könnte man Anklänge finden; sonst hat ihm wohl die Opulenz eines Rubens und Paolo Veronese vorgeschwebt.» Pareja malte noch andere Gemälde, die nach Justis Urteil nicht von der gleichen Qualität sind, aber mit Signierung und Datum haben sich nur zwei gefunden. Es kann auch sein, dass einige der ihm zugeschriebenen Gemälde schon während Velázquez’ Lebzeiten entstanden. Auf jeden Fall aber lastete auf Pareja das gravierende rassistische Vorurteil seines Meisters. In dieser Hinsicht behält das, was Justi über beide Bildnisse Parejas schreibt, über das vom Meister und das von ihm selbst gemalte, seine Gültigkeit: «Daß es wirklich jener Pareja ist, zeigt die Übereinstimmung mit dem Selbstportrait in der ‹Berufung des Matthäus’› im Museum zu Madrid. Nur, während Velázquez das Rassenhafte betont, hat er selbst sich europäisiert.»
Im Rom malte Velázquez nicht nur das Bildnis seines Sklaven. Er malte auch das berühmte Porträt Papst Innozenz’ X., die Kardinäle Camillo Astalli Pamphili und Camillo Massimo, den Barbier des Papstes und weitere Gemälde, die nicht alle identifiziert werden konnten. Im Dezember 1650 verließ er Rom für eine Reise nach Mittel- und Norditalien. Im Januar 1651 erreichte er Venedig, wo er für seinen König Gemälde von Tintoretto und Veronese kaufte. Von dort aus reiste er über Bologna nach Rom zurück und trat dann die Rückreise nach Spanien an.
9.
Königin Christine von Schweden und Kardinal Decio Azzolino. Eine seltsame Liebesgeschichte
Christine wurde als einziges Kind König Gustav Adolfs von Schweden 1626 in Stockholm geboren. Ihr Vater war einer der Protagonisten im Krieg, in dem sich dreißig Jahre lang Protestanten und Katholiken im Deutschen Reich bekämpften. Er fiel 1632 in der Schlacht von Lützen, die dem protestantischen Heer einen wichtigen Sieg über die vom kaiserlichen Feldherrn Albrecht von Wallenstein geführten katholischen Truppen bescherte. Nach dem Tod ihres Vaters wurde die erst sechsjährige Christine trotz ihres weiblichen Geschlechts als Königin von Schweden anerkannt. Der Kanzler Axel Oxenstierna führte die Regentschaft bis zu ihrer Volljährigkeit. Während ihrer Kindheit und frühen Mädchenjahre identifizierte sich Christine völlig mit ihrer Rolle. Sie wollte in jeder Hinsicht wie ein Knabe erzogen werden und weder eine weibliche Haltung annehmen noch Frauenkleider tragen. Dazu forderte sie für sich einen strengen und sorgfältigen Unterricht, wie er gewöhnlich nur den Knaben zuteil wurde. Wie sie selbst in ihrer kurzen, in spätem Alter auf französisch geschriebenen Autobiographie berichtet, bildete sich auf diese Weise in ihrer Jugend der Charakter einer cholerischen und hochmütigen Jungfer heraus, die, Gefühlen und der Liebe abhold, auch alle Ehepläne weit von sich wies. Mit knappen Worten und psychologischer Einfühlung entwirft der wie immer gut informierte Historiker Leopold von Ranke ein eindringliches Bild von Christines Jugend: «Wunderbare Hervorbringung der Natur und des Glücks. Ein junges Fräulein, frei von aller Eitelkeit: sie sucht es nicht zu verbergen, daß sie eine Schulter höher hat als die andere, man hat ihr gesagt, ihre Schönheit bestehe besonders in ihrem reichen Haupthaar, sie wendet auch nicht die gewöhnlichste Sorgfalt darauf. Jede kleine Sorge ist ihr fremd: sie hat sich niemals um ihre Tafel bekümmert, sie hat nie über eine Speise geklagt, sie
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