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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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Ausdruck kam. Einer von ihnen, der Flame Andries Schmidt, sollte später in Madrid erzählen, «daß nach dem Urteil aller Maler verschiedener Nationen, alles andere Malerei schien, dies allein Wahrheit».

    Abb. 9: Diego Velázquez, Bildnis des Juan de Pareja, New York, Metropolitan Museum
    Nachdem er das Bildnis gemalt hatte, muss sich Velázquez Gedanken über die Unfreiheit seines Domestiken, der Maler sein wollte, gemacht haben. Fünf Monate nach der Ausstellung seines Porträts entschloss er sich, ihn freizulassen. Am 23. November 1650 unterzeichnete er vor einem römischen Notar den Akt der Befreiung mit dem Hinweis auf die vielen Jahre, die Pareja als Sklave bei ihm Dienst getan habe, und im Wissen darum, dass er ihm nichts Willkommeneres gewähren könne. Im Dokument erscheint der Sklave als Juan de Pareja, Sohn eines spanischen Vaters gleichen Namens, geboren in Antequera, einem Städtchen in der Nähe von Sevilla, doch im Bistum Malaga gelegen. Es wird außerdem bestimmt, dass der in Rom vollzogene Akt auch in Spanien Gültigkeit haben sollte, nicht nur für Pareja selbst, sondern auch für alle seine Nachkommen. Seinerseits verpflichtete sich Pareja, noch vier Jahre im Dienst seines einstigen Herrn zu verbleiben.
    Die Tatsache, dass der Entschluss, den Sklaven zu befreien, in Rom, der Hauptstadt der Christenheit, gereift war, könnte vermuten lassen, dass religiöse Skrupel Velázquez zu diesem Schritt bewegt hatten. Dies war aber wohl nicht der Fall, denn gerade von Rom aus war die Sklaverei zum ersten Mal legitimiert worden, als Papst Nikolaus V. mit der am 8. Januar 1455 erlassenen Bulle Romanus Pontifex König Alfons V. von Portugal die Erlaubnis erteilte, Feinde des Glaubens zu fangen und zu Sklaven zu machen. Seitdem ergoss sich ein Strom von afrikanischen Sklaven über das christliche Europa, von dem ein Nebenarm auch Rom berührte, ohne dass die Kirche je ihre Stimme gegen das überbordende Sklaventum erhoben hätte. Im Gegenteil: Als König Ferdinand, der Katholische, 1488 Papst Innozenz VIII. hundert Sklaven schenkte, verteilte dieser sie unter die Kardinäle. Die einzige Sorge der Kirche war die Rettung der Seelen durch die Taufe, denn die neuen Sklaven, gleich ob weiß oder schwarz, waren nicht immer bereit, den christlichen Glauben anzunehmen; dies galt vor allem für die Muslime. Selbst wenn sie christliche Namen trugen, waren die Sklaven oft nicht getauft, aber selbst die Taufe brachte ihnen keine Befreiung. Typisch der Fall eines Kirchenfürsten: Noch Ende des 16. Jahrhunderts hatte Kardinal Odoardo Farnese zwei Sklaven unter seiner vielköpfigen Dienerschaft, einen Türken namens Marco und Antonio, den Mohren. Als Marco Turco verhaftet und zum Tod verurteilt wurde, weil er mit seiner Teilnahme an einem Aufstand von Dienern gegen den Kardinal Widerstand gegen die öffentliche Gewalt geleistet hatte, sorgte man sich einzig darum, ihn vor der Exekution taufen zu lassen, wogegen der Türke, zweifellos ein Muslim, sich aber heftig wehrte. Sklaven gab es in Rom noch lange, und nicht wenige von ihnen standen im Dienst von Kardinälen.
    Religiöse Überlegungen dürften Velázquez demnach schwerlich dazu gebracht haben, seinen Sklaven zu emanzipieren. Antonio Palomino, der im 18. Jahrhundert die erste Biographie des Malers schrieb, gibt von seiner Einstellung gegenüber dem Sklaven eine Version, der auch Carl Justi folgt: «Abenteuerlich war das Verhältnis zu seinem Sklaven Juan de Pareja … Ein Menschenalter lang hatte er ihn wie sein Schatten begleitet, Leinwand grundiert, Farben gerieben, Pinsel und Palette gereicht, aber nie den Drang verraten, auch ein Maler zu werden. Denn Velázquez gestattete ihm nicht, sich mit irgend etwas das Malen oder Zeichnen hieß zu befassen ‹wegen der Ehre der Kunst›. Ein Sklave der malte, war eine Beschimpfung. Die Empfindlichkeit der Maler kannte keine Grenzen, wenn die Rangfrage berührt wurde. So übte er sich denn in einsamen Stunden und nächtlicher Stille.»
    Abenteuerlich muss tatsächlich auch die Entdeckung von Parejas künstlerischem Talent gewesen sein. Sie erfolgte jedoch zweifellos in Rom und nicht in Madrid, wie Palomino und mit ihm Justi meinen. Als Pareja Velázquez in Rom zum ersten Mal eines seiner Gemälde zeigte, muss dies den Meister sehr bestürzt haben. Als erste Reaktion darauf malte er das Bildnis seines Sklaven in der beschriebenen Form, aber erst nach langem Überlegen (acht Monate vergingen!) beschloss er, ihm die

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