Alle Weihnachtserzählungen
wertvollen Sache nur geringen Nutzen zu ziehen).
„Britain!“ rief der Doktor. „Hallo, Britain!“
Ein kleiner Mann mit einem ungewöhnlich griesgrämigen und unzufriedenen Gesicht kam aus dem Haus und antwortete auf diesen Ruf mit der zwanglosen Meldung „Nun also!“
„Wo ist der Frühstückstisch?“ fragte der Doktor.
„Im Haus“, erwiderte Britain.
„Stellen Sie ihn hier auf, wie Ihnen gestern gesagt wurde!“ sagte der Doktor. „Wissen Sie nicht, daß Herren kommen, daß heute morgen einiges zu erledigen ist, ehe die Kutsche vorfährt, daß dies ein besonderer Anlaß ist?“
„Ich konnte überhaupt nichts tun, Dr. Jeddler, solange die Frauen die Äpfel abnahmen“, sagte Britain, wobei seine Stimme bei der Argumentation anstieg, so daß sie zuletzt sehr laut war.
„Nun, sind Sie jetzt fertig?“ fragte der Doktor, sah auf seine Uhr und klatschte in die Hände. „Los! Beeilen Sie sich! Wo ist Clemency?“
„Hier bin ich, Herr“, sagte eine Stimme von einer der Leitern, die ein Paar plumpe Füße behende hinabkletterten. „Es ist jetzt alles fertig. Räumt weg, Mädels. In einer Minute soll alles für Sie bereit sein, Herr.“
Damit begann sie, äußerst geschäftig herumzuhantieren, und sie bot dabei einen Anblick, der es hinreichend rechtfertigt, sie mit ein paar Worten vorzustellen.
Sie war etwa dreißig Jahre alt und hatte ein recht pausbäckiges und freundliches Gesicht, obwohl es einen seltsamen Ausdruck von Verschlossenheit trug, der es komisch wirken ließ. Doch die außergewöhnliche Schlichtheit ihres Ganges und ihres Benehmens hätten jedes andere Gesicht auf der Welt überflüssig gemacht. Die Behauptung, daß sie zwei linke Beine und die Arme von einem anderen hatte und daß alle vier Gliedmaßen ausgerenkt zu sein schienen und sich genau an der falschen Stelle bewegten, wenn sie in Gang gesetzt wurden, stellt die mildeste Beschreibung der Wirklichkeit dar. Die Behauptung, daß sie vollkommen zufrieden mit dieser Anordnung war und sie betrachtete, als habe sie nichts damit zu tun, und daß sie ihre Arme und Beine nahm, wie sie kamen, und sie über sich selbst verfügen ließ, wie es sich gerade ergab, spiegelt ihren Gleichmut nur schwach wider. Ihr Aufzug bestand aus einem erstaunlichen Paar eigenwilliger Schuhe, die niemals dahin gehen wollten, wohin ihre Füße liefen, aus blauen Strümpfen, einem Kleid, das in vielen Farben und mit dem häßlichsten Muster, was man für Geld auftreiben konnte, bedruckt war, und aus einer weißen Schürze. Sie trug stets kurze Ärmel und hatte durch ein oder das andere Ungeschick stets abgeschürfte Ellbogen, an denen sie so lebhaftes Interesse bekundete, daß sie ständig versuchte, sie herumzudrehen und einen Blick auf sie zu werfen. Im allgemeinen saß eine kleine Haube irgendwo auf ihrem Kopf, obwohl diese selten an der Stelle anzutreffen war, die normalerweise bei anderen Personen von diesem Kleidungsstück eingenommen wird. Doch von Kopf bis Fuß war sie peinlich sauber und bewahrte eine Art übertriebener Akkuratesse. Ihr lobenswertes Bestreben, sowohl vor dem eigenen Gewissen als auch in den Augen anderer ordentlich und wohlproportioniert zu sein, veranlaßte sie zu einem ihrer erschreckendsten Manöver, bei dem sie sich manchmal selbst mit einer Art Holzgriff (der ein Teil ihrer Kleidung war und gewöhnlich Korsettstäbchen genannt wurde) zu fassen bekam und mit ihrer Kleidung rang, bis sie symmetrisch angeordnet war.
Das war Clemency Newcome in ihrem äußeren Erscheinungsbild, die, wie man annahm, unbewußt ihren Vornamen Clementina entstellt hatte (doch keiner wußte es, denn die taube, alte Mutter – ein wahres Wunder an Alter –, die sie fast von Kindheit an unterstützt hatte, war tot, und andere Verwandte hatte sie nicht), die sich jetzt ganz dem Tischdecken hingab und dann und wann anhielt, ihre nackten, roten Arme verschränkte, sich die abgeschürften Ellbogen mit der jeweils anderen Hand rieb und sie gelassen betrachtete, bis ihr plötzlich etwas einfiel, das noch fehlte, und sie davontrottete, um es zu holen.
„Da kommen die beiden Rechtsanwälte, Herr!“ sagte Clemency in einem nicht gerade wohlwollenden Ton.
„Ah!“ rief der Doktor und lief zum Tor, um sie zu begrüßen. „Guten Morgen, guten Morgen! Grace, meine Liebe! Marion! Hier sind die Herren Snitchey und Craggs. Wo ist Alfred?“
„Er wird sicherlich gleich zurück sein, Vater“, sagte Grace. „Er hatte heute morgen so viel mit seinen
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt