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einsetzen? Wenn Gift in meiner Seele war und ich es durch dieses gräßliche Gespenst ausstoßen kann, soll ich es dann nicht ausstoßen?“
„Sag, ist es schon geschehen?“ fragte das Gespenst.
„Noch einen Augenblick“, antwortete er hastig. „Ich würde vergessen, wenn ich könnte! Habe ich dies allein gedacht, oder war es der Gedanke von Tausenden und aber Tausenden, von Generationen? Jedes menschliche Gedächtnis ist voller Leid und Sorge. Mein Gedächtnis ist das Gedächtnis anderer Menschen, aber andere Menschen haben nicht diese Wahl. Ja, ich schließe das Geschäft ab. Ja! Ich will mein Leid, Unrecht und meine Sorgen vergessen!“
„Sag, ist es schon geschehen?“ fragte das Gespenst.
„Ja!“
„Ja. Und nimm das mit, Mann, auf den ich hiermit verzichte. Die Gabe, die ich dir verliehen habe, sollst du weitergeben, wohin du auch gehst. Ohne daß du die Macht zurückerlangst, die du aufgegeben hast, sollst du von nun an das gleiche in allen zerstören, denen du nahekommst. Dein kluger Verstand hat herausgefunden, daß die Erinnerung an Leid, Unrecht und Sorgen das Los der gesamten Menschheit ist und daß die Menschheit mit anderen Erinnerungen und ohne diese glücklicher wäre. Geh! Sei ihr Wohltäter! Befreit von solchem Gedächtnis und von dieser Stunde, trage den Segen einer solchen Freiheit mit dir herum. Seine Verbreitung ist von dir nicht zu trennen und zu übertragen. Geh! Werde glücklich mit dem Guten, das du gewonnen hast, und mit dem Guten, das du tust!“
Das Gespenst, das seine blutleere Hand wie bei einer unheiligen Beschwörung oder einem Bann über ihn gehalten hatte, während es sprach, und das seine Augen allmählich so dicht an seine herangebracht hatte, daß er sehen konnte, wie sie nicht an dem schrecklichen Lächeln auf seinem Gesicht teilhatten, sondern eine feste, unveränderliche, unbewegliche Grausigkeit waren, schrumpfte vor ihm zusammen und war verschwunden.
Als er, von Angst und Staunen ergriffen, wie angewurzelt dastand und sich einbildete, er höre, traurig widerhallend und immer schwächer werdend, die Worte wiederholt: „Zerstöre das gleiche in allen, denen du nahekommst!“, traf ein gellender Schrei an sein Ohr. Er kam nicht vom Korridor hinter der Tür, sondern aus einem anderen Teil des alten Gebäudes und klang wie der Ruf von jemandem, der im Dunkeln den Weg verloren hat.
Er betrachtete verwirrt seine Hände und Glieder, als wollte er sich seiner Identität versichern, und rief dann laut und verstört zurück, denn eine Fremdheit und ein Schrecken lasteten auf ihm, als wäre auch er verloren.
Da der Ruf antwortete und näher kam, nahm er die Lampe auf und hob einen schweren Vorhang an der Wand hoch, durch den er gewöhnlich den Hörsaal betrat, in dem er seine Vorlesungen hielt und der an sein Zimmer grenzte. Mit Jugend und Leben und einem Amphitheater voller Gesichter verbunden, die bei seinem Eintreten im Nu gefesselt waren, war es ein gespenstischer Ort, wenn dieses Leben daraus verschwunden war, und starrte ihn wie die Verkörperung des Todes an.
„Hallo!“ rief er. „Hallo! Hierher! Zum Licht!“ Als er mit der einen Hand den Vorhang hielt und mit der anderen die Lampe hochhob und versuchte, das Dunkel zu durchbohren, das den Raum erfüllte, huschte etwas wie eine Wildkatze an ihm vorbei ins Zimmer und kauerte sich in eine Ecke.
„Was ist das?“ fragte er hastig.
Er hätte auch „Was ist das?“ gefragt, selbst wenn er es gut gesehen hätte, so wie er es im Moment tat, als er es betrachtete, wie es in der Ecke zusammengerollt lag.
Ein Bündel Lumpen, von einer Hand gehalten, die in Größe und Form fast die eines Kindes, in ihrer gierigen, verzweifelten Umklammerung aber die eines bösen, alten Mannes war. Ein Gesicht, in ein paar Dutzend Jahren voll entwickelt und abgerundet, doch von den Lebenserfahrungen ausgemergelt und verzerrt. Helle Augen, doch nicht jugendlich. Nackte Füße, schön in ihrer kindlichen Zartheit, häßlich durch Blut und Schmutz, der von ihnen abplatzte. Ein kleiner Wilder; ein junges Ungeheuer; ein Kind, das nie ein Kind gewesen ist; ein Geschöpf, das zwar die äußere Gestalt eines Menschen angenommen hat, das aber seinem inneren Wesen nach als Bestie lebt und stirbt.
Bereits daran gewöhnt, wie ein Tier gequält und gejagt zu werden, kauerte sich der Junge hin, als er betrachtet wurde, und erwiderte den Blick mit vorgehaltenem Arm, um den erwarteten Schlag abzuwehren.
„Ich beiße, wenn Sie mich schlagen!“
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