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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf Redlaws Gesicht und wich keinem anderen Ausdruck, bis der Student bei diesen Worten auf ihn zuging, als ob er seine Hand berühren wollte. Da wich er zurück und rief ihm zu: „Kommen Sie mir nicht näher!“
    Der junge Mann blieb, über den heftigen Rückprall und die strenge Abneigung entsetzt, stehen, und er strich sich gedankenvoll mit der Hand über die Stirn.
    „Die Vergangenheit ist vorbei“, sagte der Chemiker. „Sie stirbt wie die tierischen Instinkte im Menschen. Wer spricht zu mir von ihren Spuren in meinem Leben? Er phantasiert oder lügt! Was habe ich mit Ihren wirren Träumen zu tun? Wenn Sie Geld brauchen, hier ist welches. Ich kam her, um es Ihnen anzubieten; und nur darum kam ich her. Es kann nichts anderes sein, was mich herführt“, murmelte er, den Kopf wieder mit beiden Händen haltend. „Es kann nichts anderes sein, und doch …“
    Er hatte seine Geldbörse auf den Tisch geworfen. Als er in diese trüben Gedanken versank, nahm der Student sie auf und hielt sie ihm entgegen.
    „Nehmen Sie sie zurück, Sir“, sagte er stolz, doch nicht ärgerlich. „Ich wünschte, Sie könnten damit auch die Erinnerung an Ihre Worte und Ihr Angebot zurücknehmen.“
    „Das wünschen Sie?“ erwiderte er mit einem wilden Funkeln in den Augen. „Wirklich?“
    „Ja!“
    Der Chemiker ging das erstemal nahe an ihn heran, nahm die Geldbörse, drehte ihn am Arm um und sah ihm ins Gesicht.
    „Wenn man krank ist, gibt es Kummer und Not, nicht wahr?“ fragte er lachend.
    Der verwunderte Student antwortete: „Ja.“
    „Mit Unruhe, Angst, Ungewißheit, mit seiner Folge von körperlichen und seelischen Nöten?“ fragte der Chemiker mit wildem, unheimlichem Triumphieren. „Sind alle längst vergessen, nicht wahr?“
    Der Student antwortete nicht, sondern fuhr sich wieder verwirrt mit der Hand über die Stirn. Redlaw hielt ihn noch am Ärmel, als draußen Millys Stimme zu hören war.
    „Ich kann jetzt sehr gut sehen“, sagte sie, „danke, Dolf. Weine nicht, Schatz. Vater und Mutter werden morgen wieder vergnügt sein, und im Hause wird es auch gemütlich sein. Ein Herr ist bei ihm!“
    Redlaw lockerte seinen Griff, als er lauschte.
    „Vom ersten Augenblick an habe ich befürchtet“, murmelte er vor sich hin, „ihr zu begegnen. In ihr ist eine unerschütterliche Güte, die ich zu beeinflussen fürchte. Ich kann der Mörder dessen werden, was das Zarteste und Beste in ihrem Herzen ist.“
    Sie klopfte an die Tür.
    „Soll ich es als unbedeutendes Omen abtun oder ihr noch aus dem Weg gehen?“ murmelte er und sah sich unbehaglich um.
    Sie klopfte erneut an die Tür.
    „Von allen Besuchern, die herkommen könnten“, sagte er mit heiserer, besorgter Stimme und wandte sich an seinen Gefährten, „ist das diejenige, der ich am meisten ausweichen möchte. Verstecken Sie mich!“
    Der Student öffnete eine zerbrechliche Tür, die zu einem kleinen Raum gehörte, wo das Mansardendach zum Fußboden hin schräg abzufallen begann. Redlaw huschte hinein und schloß sie hinter sich.
    Dann nahm der Student seinen Platz auf der Couch ein und forderte sie auf hereinzukommen.
    „Lieber Mr. Edmund“, sagte Milly und schaute sich um, „man hat mir erzählt, ein Herr sei hier.“
    „Außer mir ist niemand hier.“
    „Es ist aber jemand hier gewesen?“
    „Ja, ja, es ist jemand hier gewesen.“
    Sie stellte ihren kleinen Korb auf den Tisch und ging zur Lehne der Couch hin, als wollte sie die ausgestreckte Hand ergreifen, aber sie war nicht da. Ein wenig überrascht beugte sie sich in ihrer ruhigen Art darüber, um ihm ins Gesicht zu sehen, und berührte ihn an der Stirn.
    „Geht es Ihnen heute abend auch gut? Ihr Kopf ist nicht so kühl wie am Nachmittag.“
    „Ach was!“ sagte der Student verdrießlich, „sehr wenig tut mir weh.“
    Etwas mehr Überraschung, doch kein Tadel drückte sich in ihrem Gesicht aus, als sie sich zur anderen Seite des Tisches zurückzog und ein kleines Bündel mit Handarbeiten aus ihrem Korb hervorholte. Doch nach reiflicher Überlegung legte sie es wieder hin und stellte alles mit größter Ordentlichkeit, wobei sie geräuschlos durch das Zimmer ging, an seinen richtigen Platz, selbst die Kissen auf der Couch, die sie mit so leichter Hand berührte, daß er es kaum zu merken schien, als er dalag und ins Feuer blickte. Als all das erledigt war und sie den Herd gefegt hatte, setzte sie sich mit ihrer kleinen schlichten Haube an ihre Arbeit und war damit still beschäftigt.
    „Das ist

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