Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
war, sich seine Geschichte ins Gedächtnis zurückzurufen, hatte weder ihn beachtet noch Millys Besorgnis, daß er nicht fortfahren möge.
    „Philip!“ sagte Redlaw und legte ihm die Hand auf den Arm, „ich bin ein gebrochener Mann, auf den die Hand der Vorsehung schwer, doch verdientermaßen gefallen ist. Mein Freund, Sie sprechen mit mir über etwas, dem ich nicht folgen kann; mein Gedächtnis ist weg.“
    „Allmächtiger Himmel!“ rief der alte Mann.
    „Ich habe mein Gedächtnis für Leid, Unrecht und Sorgen verloren, woran sich jeder Mensch erinnert!“
    Wenn man das Mitleid des alten Philip mit ihm sah und wie er ihm seinen eigenen großen Stuhl hinschob, damit er darin ausruhe, und auf ihn in dem ersten Bewußtsein seines schmerzlichen Verlusts hinabblickte, erkannte man in gewissem Grade, wie wertvoll solche Erinnerungen für alte Menschen sind.
    Der Junge kam hereingerannt und lief auf Milly zu. „Hier ist der Mann“, sagte er, „im andren Zimmer. Ihn möchte ich nicht.“
    „Was für einen Mann meint er?“ fragte Mr. William. „Pst!“ sagte Milly.
    Einem Wink von ihr folgend, zogen sich er und sein alter Vater leise zurück. Als sie unbemerkt hinausgingen, gab Redlaw dem Jungen zu verstehen, daß er zu ihm kommen möge.
    „Die Frau mag ich am liebsten“, antwortete er und hielt sich an ihrem Rock fest.
    „Du hast recht“, sagte Redlaw, zaghaft lächelnd. „Aber du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich bin freundlicher, als ich war. Zu aller Welt, zu dir, armes Kind!“
    Der Junge hielt sich zunächst noch zurück, doch als er allmählich ihrem Drängen nachgab, näherte er sich ihm und setzte sich ihm zu Füßen. Als Mr. Redlaw dem Kind die Hand auf die Schulter legte, wobei er es voll Mitleid und Zusammengehörigkeitsgefühl ansah, streckte er die andere Hand nach Milly aus. Sie beugte sich an dieser Seite zu ihm herab, damit er ihr ins Gesicht schauen konnte, und sagte nach kurzem Schweigen:
    „Mr. Redlaw, kann ich mit Ihnen sprechen?“
    „Ja“, antwortete er und richtete seine Blicke auf sie. „Ihre Stimme wirkt wie Musik auf mich.“
    „Darf ich Sie etwas fragen?“
    „Was Sie wollen.“
    „Erinnern Sie sich an das, was ich Ihnen sagte, als ich gestern abend an Ihre Tür klopfte? Über einen, der einst Ihr Freund war und am Rande des Verderbens stand?“
    „Ja, ich erinnere mich“, sagte er etwas zögernd. „Verstehen Sie es?“
    Er strich dem Jungen das Haar glatt, wobei er sie die ganze Zeit fest ansah, und schüttelte den Kopf.
    „Diese Person“, sagte Milly mit ihrer klaren, sanften Stimme, die ihre gütigen Augen, die auf ihn gerichtet waren, noch klarer und sanfter machte, „fand ich bald danach. Ich ging zum Haus zurück und machte ihn mit Gottes Hilfe ausfindig. Ich kam nicht zu früh. Es hätte nur wenig gefehlt, und ich wäre zu spät gekommen.“
    Er nahm seine Hand von dem Jungen, legte sie auf ihren Handrücken, dessen zaghafte und doch aufrichtige Berührung sich nicht weniger flehentlich an ihn richtete als ihre Stimme und Augen, und sah sie noch gespannter an.
    „Er ist der Vater von Mr. Edmund, dem jungen Mann, den wir gerade gesehen haben. Sein wirklicher Name ist Longford. – Erinnern Sie sich an den Namen?“
    „Ich erinnere mich an den Namen.“
    „Und an den Mann?“
    „Nein, an den Mann nicht. Hat er mir jemals Unrecht getan?“
    „Ja.“
    „Dann ist es hoffnungslos – hoffnungslos.“
    Er schüttelte den Kopf und schlug sanft auf die Hand, die er hielt, als wollte er stumm um ihr Mitleid bitten.
    „Ich ging gestern abend nicht zu Mr. Edmund“, sagte Milly. – „Wollen Sie mir genauso zuhören, als ob Sie sich an alles erinnern könnten?“
    „Auf jede Silbe, die Sie sprechen.“
    „Weil ich damals nicht wußte, daß es wirklich sein Vater war, und weil ich vor der Wirkung einer solchen Nachricht auf ihn nach seiner Krankheit Angst hatte, sofern sie stimmte. Seit ich wußte, wer diese Person ist, bin ich nicht hingegangen; aber das hat einen anderen Grund. Er lebt schon lange von seiner Frau und seinem Sohn getrennt – ist seit der Kindheit seines Sohnes in seinem Hause ein Fremder, wie ich von ihm erfahren habe – und hat verlassen, was er hätte liebbehalten sollen. In dieser Zeit ist er nach und nach von dem Stand eines Herrn hinabgesunken, bis …“ Sie erhob sich hastig und kehrte, nachdem sie für einen Augenblick hinausgegangen war, in Begleitung jenes Wracks zurück, das Redlaw am Abend zuvor gesehen hatte.
    „Kennen

Weitere Kostenlose Bücher