Alle Weihnachtserzählungen
eine Art Feiertag für Toby. Das ist eine Tatsache. Bei Wind schien er nicht so lange auf einen Sixpence zu warten wie sonst. Die Notwendigkeit, gegen dieses unbändige Element zu kämpfen, lenkte ihn ab und munterte ihn auf, wenn er hungrig und verzagt wurde. Strenger Frost oder Neuschnee waren ein Ereignis; irgendwie schien es ihm gutzutun, wenn man auch schwer sagen konnte, wieso. Jedenfalls waren Tage mit Wind, Frost, Schnee und vielleicht einem kräftigen Hagelschauer Feiertage für Toby Veck.
Regenwetter war am schlimmsten; die kalte, klamme Nässe, die ihn wie ein feuchter Mantel einhüllte, der einzige Mantel, den er besaß und auf den er gern verzichtet hätte. Tage, an denen der Regen dicht und unaufhörlich herabströmte; an denen die Kehlen der Straßen – wie seine eigene – zum Ersticken mit Nebel verstopft waren; an denen dampfende Regenschirme hin und her eilten und sich wie Kreisel drehten, wenn sie auf dem überfüllten Bürgersteig aneinanderstießen und kleine Strudel unangenehmer Spritzer abschüttelten; an denen es im Rinnstein brodelte und in den Dachrinnen rauschte; an denen die Nässe von den vorstehenden Steinen und Simsen der Kirche – trip, trip, trip – auf Toby tropfte und das Strohbündel, auf dem er stand, im Handumdrehen in Schlamm verwandelte: diese Tage setzten ihm am meisten zu. Dann konnte man sehen, wie Toby mit traurigem und langem Gesicht ängstlich aus seinem Unterstand an einem Winkel der Kirchenwand hervorlugte; es war ein so kümmerlicher Unterstand, daß er im Sommer keinen breiteren Schatten als den eines kräftigen Spazierstocks auf das sonnige Pflaster warf. Doch wenn er kurz darauf herauskam, um sich warm zu laufen, und einige Dutzend Male auf und ab getrabt war, faßte er wieder Mut und ging heiterer in seine Nische zurück.
Nach seiner Art zu gehen nannte man ihn Trotty. Es sah schnell aus, war es aber nicht. Er hätte vielleicht, ja sehr wahrscheinlich sogar, rascher laufen können, aber hätte man ihm seinen Trab nicht mehr gelassen, wäre Toby ins Bett gekrochen und gestorben. Bei schlechtem Wetter bespritzte er sich mit Schlamm; das brachte ihm eine Menge Ärger ein, und er hätte weitaus angenehmer laufen können, aber das war gerade der Grund, warum er so hartnäckig daran festhielt. Obwohl er ein schwächlicher, kleiner, dünner alter Mann war, war dieser Toby mit seinen guten Vorsätzen ein wahrer Herkules. Er wollte gern sein Geld verdienen. Der Gedanke, etwas zu taugen, bereitete ihm ein Vergnügen, und Toby war sehr arm und konnte es sich nicht leisten, auf dieses Vergnügen zu verzichten. Mit einem Auftrag für einen Schilling oder achtzehn Pence oder einem kleinen Päckchen in der Hand, wuchs seine sonstige Beherztheit noch mehr an. Wenn er lostrabte, rief er schnell den vor ihm her laufenden Postboten zu, sie möchten ihm aus dem Weg gehen, denn da er aufrichtig an die natürliche Folge der Dinge glaubte, mußte er sie unweigerlich einholen und umrennen. Auch war er felsenfest davon überzeugt – was er allerdings nicht oft erprobt hatte –, daß er alles tragen könne, was ein Mensch nur anzuheben vermag.
So trabte Toby immer, selbst wenn er aus seinem Schlupfwinkel herauskam, um sich an einem Regentag aufzuwärmen. Mit seinen undichten Schuhen hinterließ er im Schlamm eine krumme Linie matschiger Fußstapfen. Er blies in die erstarrten Hände und rieb sie gegeneinander; die fadenscheinigen Handschuhe aus grauer Kammwolle – mit einem Extrateil für den Daumen und einem gemeinsamen für die anderen Finger – schützten ihn nur geringfügig gegen die durchdringende Kälte. Mit krummen Knien, den Stock unter dem Arm, so trabte Toby unaufhörlich. Und wenn er auf die Straße trat, um zu den läutenden Glocken hochzuschauen, trabte Toby noch immer.
Diesen Abstecher unternahm er mehrere Male am Tag, denn die Glocken waren seine Gesellschaft, und wenn er ihre Stimmen hörte, blickte er interessiert zu ihrem Wohnsitz empor und dachte darüber nach, wie sie bewegt wurden und von was für Klöppeln sie geschlagen wurden. Vielleicht wollte er so viel von diesen Glocken wissen, weil gewisse Ähnlichkeiten zwischen ihnen und ihm bestanden. Sie hingen dort bei jedem Wetter, Wind und Regen ausgesetzt; sie sahen nur das Äußere all der Häuser und gelangten nie näher an die glühenden Feuer, die durch die Fenster leuchteten und schimmerten oder zu den Schornsteinen herausqualmten; sie konnten nichts von den guten Sachen abbekommen, die ständig durch
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