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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Zeitungen sind voll von solchen Beobachtungen und das Parlament auch. Hier ist die Zeitung von der letzten Woche“, er zog ein sehr schmutziges Exemplar aus der Tasche und hielt es auf Armeslänge von sich, „voller Beobachtungen! Voller Beobachtungen! Ich möchte die Neuigkeiten genausogern wissen wie jedermann“, sagte Toby bedächtig, faltete das Blatt etwas kleiner und steckte es in seine Tasche zurück, „aber es geht mir gegen den Strich, jetzt eine Zeitung zu lesen. Es macht mir fast angst. Ich weiß nicht, was aus uns armen Leuten werden soll. Gott geb’s, daß es uns im neuen Jahr besser gehen möge!“
    „Hallo, Vater!“ sagte eine angenehme Stimme neben ihm. Doch Toby, der sie nicht vernahm, trabte weiter auf und ab. Er war in Gedanken versunken und sprach zu sich selber.
    „Es scheint so, als ob uns nichts gelingt und als ob wir nichts richtig machen oder als ob wir uns nicht unser Recht verschaffen können“, sagte Toby. „Ich hatte selten Schule, als ich jung war, und ich werde nicht recht schlau daraus, ob wir auf dieser Erde etwas zu suchen haben oder nicht. Manchmal denke ich, ja, ein wenig; und manchmal denke ich, wir sind lästig. Manchmal bin ich so durcheinander, daß ich mir nicht mal klar darüber bin, ob etwas Gutes in uns steckt oder ob wir schon schlecht geboren worden sind. Wir scheinen schreckliche Wesen zu sein und eine Menge Ärger zu verursachen; über uns wird ständig geklagt, und vor uns nimmt man sich in acht. So oder so, wir füllen die Zeitungen. Gesprächsthema zum neuen Jahr!“ sagte Toby traurig. „Ich kann meistens genausogut durchhalten wie jeder andere, besser als ziemlich viele, denn ich bin stark wie ein Löwe, und das sind nicht alle. Aber angenommen, wir sollten wirklich kein Recht auf ein neues Jahr haben; angenommen, wir sind wirklich lästig …“
    „Hallo, Vater!“ sagte wieder die angenehme Stimme. Diesmal hörte sie Toby; er stutzte, blieb stehen, und während er seinen in die Ferne gerichteten Blick – als suche er im Herzen des herankommenden Jahres die Erleuchtung – sammelte, stand er seiner Tochter gegenüber und sah ihr direkt in die Augen.
    Es waren strahlende Augen. Augen, in die man lange hineinblicken mußte, ehe man ihre Tiefe erforschen konnte. Dunkle Augen, die die forschenden Augen widerspiegelten, nicht aufblitzend oder herausfordernd, sondern mit einem klaren, ruhigen, wahrhaftigen, geduldigen Glanz, der mit jenem Licht verwandt ist, das der Himmel ins Leben ruft. Es waren schöne und ehrliche Augen, die vor Hoffnung strahlten. Trotz der zwanzig Jahre Arbeit und Armut, auf die sie zurückblickten, voller Hoffnung, so jung und frisch, so heiter und lebensfroh und strahlend, daß sie zu Trotty Veck sprachen und sagten: „Ich glaube, wir haben hier etwas zu suchen – ein wenig.“
    Trotty küßte den Mund, der zu den Augen gehörte, und drückte innig das blühende Gesicht zwischen seinen Händen.
    „Nanu, Liebling“, sagte Trotty, „was machst du hier? Ich hab dich heute nicht erwartet, Meg.“
    „Ich dachte auch nicht, daß ich käme, Vater“, rief das Mädchen, nickte und lächelte dabei. „Aber da bin ich nun! Und nicht mit leeren Händen!“
    „Was denn, du willst doch nicht etwa sagen“, bemerkte Trotty und betrachtete neugierig einen zugedeckten Korb, den sie in der Hand hielt, „daß du …“
    „Riech mal, lieber Vater“, sagte Meg, „riech nur!“
    Toby wollte sofort den Deckel hochheben, doch sie legte fröhlich die Hand darauf.
    „Nein, nein“, sagte Meg, vergnügt wie ein Kind, „zieh es noch ein wenig in die Länge. Laß mich nur mal die Ecke anheben, nur eine winzig kleine Ecke, weißt du“, sagte Meg, stimmte dabei Bewegung und Worte aufeinander ab und sprach so sanft, als fürchtete sie, es könnte sie jemand im Inneren des Korbes belauschen. „Da. Nun? Was ist es?“ Toby schnupperte nur ganz kurz am Rand des Korbes und rief begeistert: „Oh, es ist heiß!“
    „Glühend heiß!“ rief Meg. „Hahaha, es ist kochend heiß!“
    „Hahaha!“ brüllte Toby und stampfte mit dem Fuß auf. „Es ist kochend heiß!“
    „Aber was ist es, Vater?“ fragte Meg. „Komm. Du hast noch nicht erraten, was es ist. Du mußt erst raten, was es ist. Ich nehme es nicht eher heraus, bis du es erraten hast. Hab es nicht so eilig, warte einen Moment. Ein bißchen den Deckel weg, nun rate!“
    Meg hatte Angst, daß er es zu schnell erraten würde. Sie wich zurück, als sie ihm den Korb entgegenstreckte, zog die

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