Alle Weihnachtserzählungen
hübschen Schultern hoch und hielt sich die Ohren zu, als ob sie dadurch Toby hindern könnte, das richtige Wort zu sagen, und lachte die ganze Zeit liebevoll.
Inzwischen beugte Toby, die Hände auf die Knie gestützt, seine Nase zu dem Korb hinab und nahm am Deckel eine tüchtige Prise. Auf seinem welken Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, als atme er Lachgas ein.
„Ah, sehr gut“, sagte Toby. „Es sind – es sind doch nicht etwa Bologneser?“
„Nein, nein“, rief Meg entzückt. „Auf keinen Fall Würstchen!“
„Nein“, sagte Toby nach einer weiteren Prise. „Es ist milder als Bologneser. Sehr gut. Mit jedem Moment wird es besser. Ganz bestimmt sind es Haxen. Stimmt’s?“
Meg war außer sich. Er konnte nicht mehr danebengetippt haben als mit Haxen – außer mit Bolognesern.
„Leber?“ sprach Toby zu sich selbst. „Nein. Eine gewisse Milde liegt in der Luft, die nicht zu Leber paßt. Spitzbeine? Nein. Für Spitzbeine ist der Geruch zu stark. Es muß die Zähigkeit von Hahnenköpfen haben. Und ich weiß, es sind auch keine Würstchen. Ich werd dir sagen, was es ist. Gekröse!“
„Nein, falsch!“ schrie Meg und wand sich vor Vergnügen. „Nein, auch nicht!“
„Ja, woran denke ich denn!“ sagte Toby und richtete sich gerade wie ein Lot auf, sofern ihm das möglich war. „Nächstens vergesse ich noch meinen eignen Namen. Kutteln sind’s!“
Kutteln waren es, und Meg versicherte voller Freude, daß er in einer halben Minute sagen werde, es seien die köstlichsten Kutteln, die je gekocht worden sind.
„Und nun“, sagte Meg und machte sich frohlockend am Korb zu schaffen, „werde ich sofort decken, Vater, denn ich habe die Kutteln in einer Schüssel hergebracht und die Schüssel in ein Taschentuch eingebunden. Und wenn ich es stolz wie ein Tischtuch ausbreite und es einfach Tischtuch nenne, kann mich kein Gesetz daran hindern, stimmt’s, Vater?“
„Nicht daß ich wüßte, mein Liebes“, sagte Toby. „Aber sie bringen ja andauernd neue Gesetze raus.“
„Und nach dem, was ich dir gestern aus der Zeitung vorgelesen habe, Vater, weißt du, was der Richter gesagt hat. Wir armen Leute müßten sie alle kennen. Haha! Irrtum! Du meine Güte, für wie gescheit die uns halten!“
„Ja, mein Liebes“, sagte Trotty, „und derjenige wäre sehr beliebt, der sie alle kennt. Dieser Herr würde bei der Arbeit, die er bekäme, fett werden und wäre in seiner Nachbarschaft bei den feinen Leuten sehr begehrt. Ganz bestimmt!“
„Wer er auch sein mag, er würde sein Mittagsbrot mit großem Appetit essen, wenn es genauso duftete wie das hier“, sagte Meg fröhlich. „Beeil dich, denn da ist noch eine heiße Kartoffel und eine halbe Pinte frischgezapftes Bier in der Flasche. Wo möchtest du essen, Vater? An der Säule oder auf den Stufen? Ach je, sind wir vornehm. Zwei Plätze zum Aussuchen!“
„Heute auf den Stufen, mein Liebling“, sagte Trotty. „Stufen bei trockenem Wetter, Säule bei feuchtem. Die Stufen sind zwar immer bequemer, weil man sich hinsetzen kann, aber bei feuchtem Wetter bekommt man Rheuma.“
„So“, sagte Meg und klatschte in die Hände, nachdem sie eifrig beschäftigt gewesen war, „es ist alles fertig! Und schön sieht’s aus! Komm, Vater, komm!“
Seit Trotty wußte, was in dem Korb war, hatte er wie geistesabwesend dagestanden und auch so mit ihr gesprochen. Das zeigte, daß er sie – obwohl sie der Gegenstand seiner Gedanken und Blicke war – weder so sah noch von ihr dachte, wie sie in diesem Augenblick vor ihm stand, sondern daß ihm ihr zukünftiges Leben wie eine flüchtige Skizze vor Augen schwebte. Durch ihre fröhliche Aufforderung hochgeschreckt, unterließ er ein trauriges Kopfschütteln, das sich gerade einstellen wollte, und trabte zu ihr hinüber. Als er sich hinsetzen wollte, läuteten die Glocken.
„Amen!“ sagte Trotty, zog den Hut und schaute zu ihnen empor.
„Du sagst amen zu den Glocken, Vater?“ rief Meg aus. „Sie setzten ein wie zu einem Tischgebet, meine Liebe“, sagte Trotty und nahm Platz. „Sie würden sicher ein gutes Gebet sprechen, wenn sie es könnten. Viele freundliche Dinge sagen sie mir.“
„Die Glocken, Vater?“ lachte Meg, als sie die Schüssel hinstellte und ihm Messer und Gabel hinlegte. „Wirklich?“
„Scheint so, mein Liebling“, sagte Trotty und langte kräftig zu. „Und wo ist der Unterschied? Wenn ich sie höre, was macht das schon, ob sie sprechen oder nicht? Bei Gott, meine Liebe“, sagte
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