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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schrecklicher Bestimmtheit.
    „Ich fürchte, Sir“, stotterte Trotty, „daß da noch eine Sache von zehn oder zwölf Schillingen ist, die ich Mrs. Chickenstalker schulde.“
    „Mrs. Chickenstalker schulde!“ wiederholte Sir Joseph in demselben Ton wie zuvor.
    „Einer Gemischtwarenhandlung, Sir“, rief Toby aus. „Auch et-etwas Geld bei der Miete. Ein klein wenig, Sir. Man sollte nichts schulden, das weiß ich, aber wir sind wirklich arg bedrängt worden!“
    Sir Joseph schaute seine Frau an, dann Mr. Fish und Trotty, einen nach dem anderen – zweimal hintereinander. Danach machte er mit beiden Händen gleichzeitig eine Geste der Verzweiflung, als ob er die Sache völlig aufgäbe.
    „Wie kann ein Mann – selbst dieses leichtsinnigen und widerspenstigen Schlages –, ein alter Mann, ein ergrauter Mann, dem neuen Jahr ins Gesicht sehen, wenn seine Angelegenheiten in solch einem Zustand sind. Wie kann sich ein Mann abends zu Bett legen und morgens aufstehen und … Da!“ sagte er und kehrte Trotty den Rücken. „Nimm den Brief. Nimm den Brief!“
    „Ich wünsche von Herzen, es wäre anders, Sir“, sagte Trotty, eifrig bemüht, sich zu entschuldigen. „Uns ist arg mitgespielt worden.“
    Da Sir Joseph noch „Nimm den Brief, nimm den Brief!“ wiederholte und Mr. Fish nicht nur dasselbe sagte, sondern dieser Forderung zusätzlich Nachdruck verlieh, indem er den Boten an die Tür beförderte, blieb ihm nichts anderes übrig, als eine Verbeugung zu machen und das Haus zu verlassen.
    Auf der Straße zog sich der arme Trotty seinen abgetragenen alten Hut tief ins Gesicht, um den Kummer zu verbergen, den er dabei empfand, daß auch das neue Jahr nicht besser für ihn ausfallen würde.
    Er schob nicht einmal seinen Hut hoch, um zum Glockenturm hinaufzusehen, als er auf dem Rückweg an der alten Kirche vorbeikam. Aus Gewohnheit blieb er dort einen Augenblick stehen, und er wußte, daß es dunkel wurde und sich der Turm über ihm verschwommen und undeutlich in die dunstige Luft erhob. Er wußte auch, daß die Glocken sofort läuten würden und daß sie in seiner Phantasie zu solch einer Zeit wie Stimmen in den Wolken klangen. Aber er beeilte sich um so mehr, den Brief an den Stadtrat zu überbringen und von hier wegzukommen, ehe sie einsetzten, denn er befürchtete, daß er zu dem Kehrreim, den sie letztens verkündet hatten, noch den Zusatz „Freunde und Väter, Freunde und Väter“ hören müßte.
    Toby entledigte sich deshalb seines Auftrages so schnell wie möglich und trabte eilig nach Hause. Doch teils wegen seines Schrittes, der auf der Straße bestenfalls linkisch war, und teils wegen seines Hutes, der ihn nicht besser machte, stieß er im Nu mit jemandem zusammen und wurde dadurch auf die Straßenmitte gestoßen.
    „Entschuldigen Sie vielmals!“ sagte Trotty und lüftete verwirrt den Hut, wobei er seinen Kopf zwischen dem Hut und dem zerrissenen Futter wie in eine Art Bienenkorb setzte. „Hoffentlich habe ich Ihnen, nicht weh getan.“
    Was das Verletzen eines anderen betraf, war Toby nicht gerade ein Samson , sondern er tat sich viel eher selbst weh; und wirklich, er war wie ein Federball auf die Straße geflogen. Er hatte jedoch von seiner eigenen Stärke solche Meinung, daß er ernstlich um die andere Seite besorgt war. Deshalb sagte er wieder:
    „Hoffentlich habe ich Ihnen nicht weh getan?“
    Der Mann, mit dem er zusammengestoßen war, ein braungebrannter, kräftiger, ländlich wirkender Mann mit grauem Haar und stoppeligem Kinn, starrte ihn einen Moment an, als wollte Toby einen Scherz machen. Doch von dessen Ehrlichkeit überzeugt, antwortete er:
    „Nein, Freund. Sie haben mir nicht weh getan.“
    „Ich hoffe, auch dem Kind nicht?“ sagte Trotty.
    „Auch dem Kind nicht“, erwiderte der Mann. „Ich danke Ihnen herzlich.“
    Als er das sagte, blickte er auf ein kleines schlafendes Mädchen, das er in seinen Armen hielt. Während er ihr Gesicht mit dem langen Ende des ärmlichen Tuches, das er um den Hals trug, verhüllte, ging er langsam weiter.
    Der Ton, in dem er „Ich danke Ihnen herzlich“ sagte, rührte Trottys Herz. Er war so erschöpft und matt auf den Beinen und so schmutzig von der Reise, und er blickte so verlassen und hilflos um sich, daß es ihm ein Trost war, jemandem danken zu können, und sei es für eine Kleinigkeit. Toby starrte ihm hinterher, wie er sich müde davonschleppte, den Arm des Kindes um seinen Hals geschlungen.
    Trotty stand und starrte auf die Gestalt in

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