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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Tatsache, daß er sich hoch oben befand, wo ihm schwindlig wurde, wenn er am Tage die Vögel fliegen sah; sein Abgeschnittensein von allen guten Menschen, die zu dieser Stunde sicher in ihrem Heim waren und in ihrem Bett schliefen, all das durchdrang ihn kalt, nicht wie ein Gedanke, sondern wie eine körperliche Wahrnehmung. Unterdessen waren seine Augen, Überlegungen und Ängste auf die furchtbaren Erscheinungen gerichtet, die sich von allen anderen Wesen dieser Welt ebenso durch die tiefe Düsternis und den Schatten, der sie umgab, unterschieden wie durch ihren Blick, ihre Gestalt und die übernatürliche Art, über den Fußboden zu schweben, und die dennoch genauso deutlich zu sehen waren wie die festen Eichengerüste, Querbalken, Latten und Balkenlagen, die der Halterung der Glocken dienten. Diese umschlossen sie wie ein Wald aus zurechtgehauenem Holz. Aus dieser Verzweigung, Verworrenheit und Tiefe heraus hielten sie wie zwischen den Zweigen eines abgestorbenen Waldes, der zu ihrem geisterhaften Gebrauch vernichtet worden war, traurig und unverwandt ihre Wache.
    Ein Windstoß – wie kalt und schneidend! – kam klagend durch den Turm. Als er sich legte, fing die große Glocke oder der Kobold der großen Glocke an zu sprechen.
    „Was ist das für ein Besucher?“ sagte sie. Die Stimme war leise und tief, und Trotty bildete sich ein, daß die von den anderen Erscheinungen genauso klangen.
    „Ich dachte, mein Name wäre von den Silvesterglocken genannt worden!“ sagte Trotty und erhob flehentlich seine Hände. „Ich weiß kaum, wie und warum ich hierhergekommen bin. Ich habe den Silvesterglocken so viele Jahre zugehört. Sie haben mich oft aufgeheitert.“
    „Und hast du ihnen gedankt?“ fragte die Glocke.
    „Tausendmal“, sagte Trotty.
    „Wie denn?“
    „Ich bin ein armer Mann“, stammelte Trotty, „und konnte ihnen nur mit Worten danken.“
    „Und das immer?“ fragte der Kobold der Glocke. „Hast du uns nie mit Worten Unrecht getan?“
    „Nein!“ rief Trotty eifrig.
    „Du hast uns niemals mit Worten Böses, Unaufrichtiges und Unrechtes angetan?“ beharrte der Kobold der Glocke.
    Trotty wollte „Niemals!“ antworten, doch er hielt inne und war verwirrt.
    „Die Stimme der Zeit“, sagte der Geist, „rief dem Menschen ‚Vorwärts!‘ zu. Die Zeit ist für seine Entwicklung und Vervollkommnung, für seine größere Würde, sein größeres Glück und sein besseres Leben da, für seinen Fortschritt zu jenem Ziel hin, das sie bereits weiß und sieht und das in einer Periode festgelegt wurde, als Zeit und Gott begannen. Ganze Äonen der Finsternis, Gottlosigkeit und Gewalt sind gekommen und vergangen, unzählige Millionen haben gelitten, gelebt und sind gestorben, um dem Menschen den Weg vorzuzeichnen. Wer versucht, ihn zur Umkehr zu bewegen oder ihn in seinem Lauf aufzuhalten, hemmt eine mächtige Maschine, die jeden Unbefugten zu Tode bringen und nur um so heftiger und wilder auf ihr augenblickliches Hindernis reagieren wird!“
    „Wissentlich habe ich das nie getan, Sir“, sagte Trotty. „Wenn, dann nur zufällig. Ich würde das nie tun, da bin ich sicher.“
    „Wer der Zeit oder ihren Dienern“, sagte der Kobold der Glocke, „einen Klageschrei in den Mund legt für Tage, die ihre Anfechtungen und Mißerfolge hatten und tiefe Spuren hinterließen, die ein Blinder sehen kann – einen Schrei, der nur der Gegenwart dient, indem er den Menschen zeigt, wie sehr er ihre Hilfe braucht, wenn alle Ohren Trauer um solch eine Vergangenheit hören können. Wer das tut, begeht ein Unrecht. Und du hast so ein Unrecht an uns, den Silvesterglocken, begangen.“
    Trottys anfänglich übertriebene Angst war verflogen. Aber er hatte offensichtlich ein Gefühl der Zärtlichkeit und Dankbarkeit gegenüber den Glocken empfunden, und als er sich als einer angeklagt hörte, der sie so schwerwiegend beleidigt hatte, wurde sein Herz von Reue und Kummer ergriffen.
    „Wenn ihr wüßtet“, sagte Trotty und faltete ernst die Hände, „oder vielleicht wißt ihr es! Wenn ihr wüßtet, wie oft ihr mir Gesellschaft geleistet habt! Wie oft ihr mich aufgemuntert habt, wenn ich niedergeschlagen war! Wie ihr das Spielzeug meiner kleinen Tochter Meg wart (fast das einzige, das sie überhaupt besaß), als damals ihre Mutter starb und sie und ich allein zurückblieben, würdet ihr nicht wegen eines voreiligen Wortes grollen!“
    „Wer aus uns, den Silvesterglocken, einen Ton heraushört, der von Gleichgültigkeit oder

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