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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Millar
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schließlich ein Mann meldete.
    »Heathrow. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Guten Tag. Entschuldigen Sie. Ich rufe wegen Ihrer Flugzeuge an«, quasselte Debs drauflos. »Ich bin gerade nach Nordlondon gezogen, nach Alexandra Park, und plötzlich kommen sie über mein Haus geflogen und machen einen unglaublichen Lärm.«
    Am anderen Ende der Leitung entstand eine Pause.
    Dann: »Madam, Nordlondon liegt in der Einflugschneise von Heathrow. Je nach Windrichtung fliegen die Maschinen manchmal auch über Alexandra Palace.«
    »Was? Aber wir sind oft hier gewesen, bevor wir umgezogen sind, und haben kein einziges Mal ein Flugzeug gehört. Und jetzt ist es so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht! Als hätten wir eine Autobahn über dem Kopf.«
    »Also, sehr vereinzelt kann eine Maschine über Ihr Haus fliegen.«
    Während er das sagte, donnerte ein weiteres Flugzeug über Debs hinweg.
    »Das können Sie doch hören«, rief sie. »Oder nicht?«
    »Kann ich was hören?«, fragte der Mann.
    »Dieses Flugzeug!«, rief sie.
    »Madam – ich arbeite in Heathrow.«
    »Na schön, aber ich möchte mich beschweren.«
    Schweigen.
    »Worüber denn?«
    »Dass die Flugzeuge über mein Haus fliegen.«
    »Ah …«
     
    Letzten Endes gab er Debs eine Adresse, an die sie ihre Beschwerde richten konnte, und sie pinnte den Zettel mit einem Magneten an den Kühlschrank. Gleich morgen früh würde sie sich daransetzen.
    Wenigstens hatten die Flieger sie von den Kindern nebenan abgelenkt, dachte sie. Die hatten sich einigermaßen beruhigt, anscheinend war nur noch einer wach, sein Zorngebrüll flaute zu einem leisen Quengeln ab. Debs kehrte in das Gästezimmer zurück, setzte sich hin und wappnete sich innerlich gegen das nächste Flugzeug. Das Abendlicht nahm immer weiter ab, im Zimmer wurde es dunkel.
    Fünf Minuten später streckte Allen den Kopf durch die Tür und sah, dass sie sich ein Kissen über die Ohren gezogen hatte.
    »Möchtest du eine Tasse Tee?«, fragte er
    Sie sah ihn an und ließ das Kissen sinken.
    »Allen, ich habe Angst, dass wir einen furchtbaren Fehler gemacht haben. Hörst du denn die Flugzeuge nicht? Die fliegen seit einer halben Stunde nonstop. Endlos. Jede Minute eins. Und das ist noch nicht alles. Die Kinder nebenan haben über eine Stunde lang geschrien. Und die Frau, die auf der anderen Seite neben uns wohnt, ist noch nicht einmal da. Du lieber Himmel, wenn sie zurückkommt und anfängt, durchs Haus zu poltern, die Toilette zu spülen und …«
    Allen kam herein und setzte sich neben sie aufs Bett. Einen Moment lang schwieg er, und in dieser Stille hörte sie das Echo ihrer eigenen Worte und wünschte, sie hätte den Mund gehalten. Wenn sie doch alles wieder zurücknehmen könnte!
    Schließlich hob Allen die Hand und tätschelte sie am Bein. »Ach Schatz, du bist einfach sehr müde vom Umzug. Komm doch runter und trink eine Tasse Tee. Ich glaube, du solltest heute früh schlafen gehen.«
    Der hatte leicht reden, halb taub, wie er war. Wie sollte sie denn schlafen, wenn diese Toilettenspülung durch die Wand hindurch rauschte? Und jetzt auch noch dieser Fluglärm. Den willst du doch nicht abstreiten, hätte sie am liebsten gekreischt. Ich hör ihn doch!
    »Gute Idee, Schatz«, sagte sie stattdessen, stand auf und folgte ihm durch die Tür.
    Als sie die Treppe hinunterging, blieb sie kurz stehen. Nebenan herrschte Stille. Eine wunderbare, vollkommene Stille. Die Kinder mussten endlich alle im Bett sein.
    Eigentlich waren es gar nicht die Kinder, dachte sie, als sie hinter Allen die Treppe hinunterlief. Kinderlärm störte sie gar nicht so sehr. Aber sie fand es unerträglich, wenn Mütter nichts unternahmen, um das Gebrüll ihrer Kinder abzustellen. Das war doch nicht so schwer.

Montag
    Kapitel 13 Callie
    Ich renne. Ich renne so schnell, dass ich kaum Luft kriege.
    So bin ich schon seit Jahren nicht mehr gerannt. Meine neuen Sandalen klappern auf dem Pflaster der Oxford Street, und ich schlage Haken zwischen einem Mann mit einem Pappschild »Sonderangebot Sportschuhe hier lang«, und einem Schauspieler mit tief in die Stirn gezogener Baseballkappe, den ich aus einer amerikanischen Serie kenne.
    Es ist Montagnachmittag, zwanzig nach fünf. Ich habe gerade meinen ersten Arbeitstag hinter mir. Jetzt habe ich vierzig Minuten, um nach Alexandra Park zurückzukommen und Rae vom Hort abzuholen, der, wie mich Ms. Buck informierte, pünktlich um sechs Uhr schließt. Allein die U-Bahn braucht dreißig Minuten.

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