Allein in der Wildnis
ganzen Tag unterwegs. Aus dem vormals pummeligen Kevin wurde ein drahtiger Junge. Auch seine Angst vor tiefem Wasser hatte er verloren. Tim bemerkte, wie sein Bruder sich veränderte. Oft staunte er über sein Wissen der Tiere und Pflanzen. V ielleicht ist dieser Aufenthalt doch gut für uns , dachte er sich. Jedenfalls verstanden sie sich nun besser als zu Hause.
Kevin liebte ganz besonders Ringo. Der Hund spürte dies und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Aber auch hier gab es einen negativen Aspekt, was den Kindern überhaupt nicht gefiel, denn große Mückenschwärme durchzogen die Wälder.
Nach einigen Wochen fuhr Nick mit seinen Söhnen nach Old Faithful. Die Kinder verstanden jetzt ihren Vater, dass er lieber in der Einsamkeit blieb, weil Hunderte Touristen hier anzutreffen waren. Auch das Gespräch mit ihrer Mutter verlief sehr erregend, weil die Kinder viel zu erzählen hatten. Kristin war froh, dass es ihren Söhnen gefiel, denn das schlechte Gewissen nagte an ihr. Nick kaufte indessen noch ein paar Lebensmittel und Benzin. Bevor sie wieder zurückfuhren, zeigte er ihnen die Geysire, wo plötzlich Wasserfontänen in die Höhe schossen.
Der Wolf
Doch bald gewann auch Tim einen neuen Freund. Sein Vater fand eine Wolfsmutter tot in einer Falle. Ihr Junges kauerte daneben und jaulte herzzerreißend. Er schaute sich um, bekanntlich blieben Wölfe nicht allein. Erst recht nicht ein Welpe. Nick hatte Mühe den kleinen Wolf zu fangen. Dann wickelte er den kleinen Wolf in ein Tuch und brachte ihn zu seinen Kindern. Vielleicht klappt es ja, und der Kleine kann überleben , dachte er sich. „Wie alt ist der Wolf?“, fragte Tim. Nick schätze den Kleinen auf 2-3 Monate. „Er könnte auch älter sein, weil er sehr kräftig ist“, meinte Nick. Seine Kinder waren glücklich, vor allem Tim.
„Aber wie kommen denn Fallen hierher?“, fragte Kevin. „Leider gibt es immer noch Wilderer oder auch Jäger, die unerkannt durch die Wälder ziehen. Nur sehr selten werden sie von den Rangern geschnappt“, antwortete der Vater und fügte hinzu: „Leider!“
Tim hielt den jungen Wolf auf dem Arm. Dieser zitterte, denn er hatte Angst vor dem bellenden Hund. Ringo konnte den Wolf nicht leiden und knurrte ihn immer wieder an, bis Kevin mit Ringo nach draußen ging.
Für Tim gab es jetzt nichts Wichtigeres als den Wolf. Er nahm sich Zeit und animierte das Jungtier mit viel Geduld zum Fressen. Und nicht nur das, der kleine Wolf wurde langsam zum Familienmitglied. Tim vernachlässigte alles andere, nur der Wolf zählte noch. Er ließ auch nichts auf seinen neuen Freund kommen.
Kevin gefiel diese Situation gar nicht. Ein Wolf ist schließlich kein Hund, meinte er. Er hatte einfach Angst vor ihm. Lieber strolchte Kevin mit Ringo durch die Gegend, der war wenigstens auch ein guter Bewacher.
Aber Tim liebte diesen Wolf und gab ihm den Namen Bandit, denn der Name passte zu ihm. Tiefschwarz war das kleine Tier und überaus pfiffig. Er klaute alles, was nicht niet- und nagelfest war. Anschließend zerbiss er seine Beute in tausend Teile, ganz gleich ob es Schuhe waren, Bücher, Kissen oder auch die Papiere des Vaters. Alles, was er zwischen die Zähne bekam, wurde zu Kleinzeug verarbeitet. Und wehe er konnte in die Vorratskammer schlüpfen, dann war nichts vor ihm sicher. Oft schlich er sich leise an Tim an und versuchte ihn zu überwältigen. Tim und Bandit balgten sich und rannten um die Wette. Manchmal, im Eifer des Gefechts, bekam Tim auch die Zähne des Tieres zu spüren. Aber es war nur ein Spiel, und so lachte Tim darüber. Er durchstreifte mit ihm die Wälder und Seen. Mit Ringo allerdings wurde der kleine Wolf nicht warm. Der Husky seinerseits lehnte ihn ebenfalls ab und zeigte auch keine Spur von Entgegenkommen. Sie blieben Feinde und demonstrierten dies bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Beide wollten ihren jeweiligen Herrschaftsbereich kennzeichnen und verteidigen. Immerzu knurrten sie sich an oder fletschten die Zähne. Sie allein in der Hütte zu lassen war bald undenkbar, denn dann war das Chaos perfekt. Sie sprangen über die Stühle, Tische und Bänke und erzeugten ein einziges Durcheinander. Die Brüder brüllten deswegen einander an, denn jeder verteidigte sein Tier.
„Pass auf deinen blöden Wolf auf!“, schrie Kevin und schluchzte. „Er hat mein Notizbuch zerfleischt.“
„Wer braucht denn so ein blödes Notizbuch?“, schrie Tim zurück.
Jedes Detail des Tieres hielt Tim mit seiner Kamera fest.
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