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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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daß die Deutschen gerne gehorchen?
    »Die Deutschen lassen sich gerne führen und verführen.«
    Mehr als andere Völker?
    »Ja.«
    Paul auch?
    »Wie bitte?«
    Sie. Sie auch?
    »Ich hasse es. Ich folge niemandem gerne, ich würde –«
    Also sind Sie kein Deutscher?
    »Da bin ich ein echter Kölner. In Köln trieben die Menschen vor Jahrhunderten ihren Regenten, den Erzbischof, zu den Stadttoren hinaus. Das ist unsere Geschichte.«
    Könnte es sein, daß der Grund, warum Sie nicht gerne gehorchen, in Ihrer Zugehörigkeit zur herrschenden Klasse besteht? Nicht jeder in dieser Stadt kann sich so glücklich – oder unglücklich – schätzen, einen Bundeskanzler zum Großpapa zu haben.
    »Vielleicht. Aber ich glaube, daß es auch am Wesen der Kölner liegt. Es entspricht nicht ihrer Mentalität, anderen zu folgen. Sie halten sich lieber an sich selbst.«
    Dann sind sie also keine Deutschen?
    »Nein, sie sind nicht die typischen Deutschen …«
    Was sind typische Deutsche?
    »Deutsche arbeiten gerne, zum Beispiel sind sie gute Handwerker.«
    Warum arbeiten sie gerne?
    »Ich weiß nicht. Sie arbeiten lieber, als Geld zu verdienen. Amerikaner schätzen das Geld, Deutsche die Arbeit. Deutsche perfektionieren gerne Dinge. Eine gute Arbeit ist sich selbst Lohn genug. Die Deutschen hassen es, wenn etwas nicht richtig funktioniert.«
    Paul macht einen intelligenten Eindruck auf mich. Ich überlege, ob ich das »jüdische« Problem ansprechen soll, und entscheide mich dafür. Vielleicht kann er mich von meinem »jüdischen Schmerz« in diesem Land heilen. Ich lege das Problem auf den Tisch:
    Ich kann Ihnen berichten, daß mit einer Ausnahme in einer Schwulenbar alle Deutschen, die ich »zufällig« getroffen habe, antijüdisch waren. Warum sind so viele Deutsche negativ gegenüber den Juden, gegenüber Israel eingestellt?
    »Ich glaube, daß diese Einstellung in anderen europäischen Ländern stärker ist als in Deutschland.«
    Lassen Sie uns über Deutschland sprechen. Stimmt es, daß die Deutschen den Juden und Israel sehr kritisch gegenüberstehen?
    »Wenn Sie es so formulieren, gebe ich Ihnen recht.«
    Alle politischen Lager?
    »Die Linken stehen Israel kritischer gegenüber als die Konservativen.«
    Paul hat auch eine Erklärung für diese Haltung.
    »Israel muß manchmal robust auftreten, glaube ich, weil es ein so kleines Land ist, ein kleines, von Feinden umringtes Land. Der durchschnittliche Deutsche sieht dies jedoch nicht, er glaubt, daß Probleme auf sanfte Weise gelöst werden sollten. Das ist die deutsche Reaktion auf die Geschichte des Dritten Reichs. Man schickt Soldaten nach Afghanistan, glaubt aber, daß niemand verletzt werden darf.«
    Wie erklären Sie sich den Antisemitismus, dem ich beispielsweise in Duisburg begegnet bin?
    »Es gibt so gut wie keine Juden in diesem Land, wirklich nur sehr wenige. Das Verhältnis, das die Menschen hier zu den Juden haben, ist ein theoretisches, kein reales.«
    Deutsche von der Sorte, die angeblich entschieden gegen alles sind, was auch nur nach Antisemitismus riecht, waren dabei, als ich mit antisemitischen Verunglimpfungen überhäuft wurde, ohne diesen in irgendeiner Weise zu widersprechen. Warum haben sie nicht protestiert?
    »Die Deutschen folgen lieber. Sie sind nicht die SorteMensch, die politisch immer ihren Mann steht. Sie haben kein ausgeprägtes politisches Rückgrat.«
    Bald wird die DITIB hier über eine Moschee verfügen. Was sagen Sie dazu? In Duisburg propagieren sie ihren Leuten gegenüber unverhohlenen Judenhaß und feiern sogar bekannte Antisemiten. Ja, sie tun es auf türkisch und nicht auf deutsch. Aber sie tun es. Das ist es, wofür sie in Wirklichkeit stehen. Und bald kommen sie hierher, in Ihre Stadt, und dann wird das in Ihrem Hinterhof stattfinden. Wie gehen Sie damit um?
    »Gute Frage.«
    Begrüßen Sie die Idee, daß hier eine Moschee entsteht?
    »Dazu habe ich zwei Gedanken. Bei uns herrscht Glaubensfreiheit, warum also sollten wir keine Moschee haben?
    Wenn ich aber höre, was Sie über diese Saat, dieses Gift des Judenhasses sagen, dann fände ich es schrecklich, wenn sich das in Köln ausbreiten würde. Die Deutschen haben eine falsche Vorstellung von Toleranz.«
    Was werden Sie tun?
    »Soweit es mein Einfluß erlaubt, werde ich die öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenken.«
    Nach einer langen Diskussion, in der er einräumt, keine klare Antwort oder praktikable Lösung parat zu haben, sagt er:
    »In Köln schürfen wir in solchen Dingen

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