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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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nicht sehr tief, wir kratzen nur an der Oberfläche. Wir feiern lieber …« Paul hält Köln für die Vergnügungshauptstadt Deutschlands. »Hier haben sich eher die lebenslustigen als die ernsten Menschen versammelt. Das ist Köln für mich.«
    Letzte Frage: Was bedeutet es, aus der Familie zu stammen, aus der Sie stammen?
    »Der Name legt mir mitunter Fesseln an.«
    Als nächstes treffe ich Arnd Henze, Fernsehredakteur beim mächtigen WDR. Ein Blick genügt, und ich meine zu »wissen«, mit wem ich es hier zu tun habe: ein Moralapostel, politisch absolut korrekt, hundertprozentig den Menschenrechten verpflichtet, ein selbstgerechter Fürsprecher der Schwachen, Armen und der Minderheiten. Der perfekte Journalist. Der rechtschaffene Journalist. Wenn er könnte, würde er folgende Frau wählen: eine alte jüdische schwarze muslimische buddhistische Lesbierin, die unter schwerer Unterernährung leidet und Aids im fortgeschrittenen Stadium hat. Ich meine, wenn das möglich wäre.
    Mal sehen, wie er wirklich ist.
    Warum tun Sie, was Sie tun?
    »Um Transparenz für die Menschen herzustellen und sie zu informieren, weil nur so die Demokratie bewahrt werden kann. Demokratie hat mit Beteiligung zu tun, und dafür muß man gut informiert sein. Mir ist bewußt, daß ich als Person voreingenommen bin, aber das sind meine Kollegen auf ihre Weise auch.«
    Groß-artig!
    Haben Sie einen Themenschwerpunkt?
    »Na klar. Menschenrechte, Klimaschutz.«
    Wie ist das prozentuale Verhältnis zwischen Geschichten, für die Sie sich stark machen und die Ihren politischen Überzeugungen entsprechen, und denen, die das nicht tun?
    »Ich habe Bush-Zitate gebracht, die ich völlig abwegig fand.«
    Kommen Sie! Das ist doch selbstverständlich. Wenn ich 1939 darüber hätte berichten müssen, was damals auf der Welt los war, hätte ich über das berichtet, was Hitler gesagt hat. Das hat doch nichts damit zu tun, ob man neue Denkansätze forciert, das ist rein nachrichtlich.
    »Den Vergleich mit Hitler habe nicht ich gemacht, das waren Sie.«
    Ich bin mir dessen vollkommen bewußt und werde niemals behaupten, daß Sie Bush und Hitler in irgendeiner Form verglichen hätten. Und nun: Vergessen Sie die Zitate. Es geht um Geschichten. Solche, die Ihre Anschauungen bestätigen, und solche, die das nicht tun. Wie ist das Verhältnis? Wie viele der Geschichten, über die Sie persönlich berichten, sind zufälligerweise Geschichten, die Ihre eigenen Ansichten untermauern?
    »90 Prozent der abendfüllenden Reportagen, die ich mache, bestätigen meine Ansichten.«
    Arnd erzählt mir, daß »die Einschaltquoten fallen, wenn wir über den Nahen Osten berichten, weil die Leute uns für israelfreundlich halten«. Ich weiß nicht viel über den WDR, aber es ist gut zu wissen, daß diese große Medienanstalt die Juden liebt. Irgend jemand muß sie doch lieben, oder etwa nicht?
    Ich spaziere durch die Straßen von Köln, einer Stadt, die im Zweiten Weltkrieg fast von der Landkarte gelöscht wurde. Mein Blick fällt auf ihre wiederaufgebauten Mauern und Bauten: Wie penibel die Deutschen gearbeitet haben müssen! Sie haben jeden kleinen Stein rekonstruiert, jede alte Linie nachgezogen und jeden Tropfen in den Wasserhähnen wieder aufgefüllt. Das muß eine unerschütterliche Entschlossenheit, enormen Einsatz und Ströme von Schweiß gekostet haben. Aber sie haben es getan. Punkt für Punkt, Tropfen um Tropfen, Träne um Träne. Das ist bewundernswert, es ist berührend, und faszinierend ist es auch.
    Was aber sagt es über die Menschen aus?
    Wer weiß?

    Spazieren wir weiter. Sie werden sehen, wie kultiviert diese Stadt ist. Und wie lächerlich.
    Hier steht die Kirche St. Ursula, erbaut zu Ehren einer Jungfrau, die für die rechte Sache starb, wobei sie 11000 ihrer Gefährtinnen mitnahm, die ebenfalls samt und sonders Jungfrauen waren. Ja, wirklich.
    Vielleicht werden Sie sagen, daß es sich dabei bloß um eine Legende handelt. Nur riskieren Sie dann den Zorn Gottes. Kein Witz. Wenn Sie lange genug in dieser Kirche verweilen, werden Sie auf die sogenannte »Goldene Kammer« stoßen. Hier finden Sie eine Ausstellung von »Gebetszeilen«, die aus Menschenknochen geformt sind. Jawohl. Menschliche Knochen, und nicht wenige, die man golden angemalt und überall in dieser Kammer aufgehängt hat. Ringsherum. Es ist ein verstörender Anblick. Menschenknochen an den Wänden, die den Hühnerknochen auf meinem Teller von gestern erschrekkend ähnlich sehen. Als ob die

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