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Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition)

Titel: Allein unter Deutschen: Eine Entdeckungsreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tuvia Tenenbom
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etablieren und selbst die finanziellen Mittel aufbringen, um ihre neuen Gemeinschaften aufzubauen.
    Der hiesige Emissär, der natürlich zugleich auch der Gemeinschaft vorsteht, heißt Rabbi Yehuda Teichtal. Er erzählt mir, daß »wir nicht zu der deutschen Regierung gegangen sind und gesagt haben: ›Ihr habt unsere Synagogen niedergebrannt, jetzt baut sie auch wieder auf.‹ Wir haben diese Synagoge aus eigenen Kräften errichtet.«
    Erscheint Ihnen Rabbi Yehuda ein wenig streng? Vielleicht. Aber er hat auch eine sehr witzige Seite. Ist Ihnen zum Beispiel schon mal dieses überall anzutreffende, komisch aussehende Polizeihäuschen aufgefallen? Im Normalfall mit zwei oder drei Polizisten besetzt, finden sich diese Polizeihäuschen vor vielen jüdischen Einrichtungen in Deutschland. Vielleicht haben Sie sich dann auch gefragt, was es damit auf sich hat, so wie ich mich das gefragt habe, als ich sie in Hamburg sah. Nun, seit heute weiß ich endlich, wozu sie gut sind.
    Yehuda will mir die Mikwe seines Tempels zeigen, also das rituelle Tauchbad, das »mit der modernsten Wassertechnik der Welt« ausgestattet ist. Nur ist das Bad leider heute geschlossen und liegt somit in völliger Dunkelheit. Yehuda hat die Schlüssel, darf aber an einem jüdischen Feiertag nicht selbst das Licht anmachen. So lautet das Gesetz. Auch darf er keinen nichtreligiösen Juden bitten, es für ihn zu tun. An diesem Punkt erweist sich der Polizist, der deutsche Polizist, als ausgesprochen praktisch. Yehuda ruft seinem Sohn zu, er möge den Polizisten hereinbitten. Dem Sohnemann ist sofort klar, welcher Notfall hier vorliegt, und bald darauf erscheint der deutsche Polizeibeamte. Nun ist es nach dem jüdischen Gesetz so, wie Rabbi Yehuda bemerkt, daß man zwar einen Nichtjuden bitten kann, eine solche »Arbeit« für einen zu verrichten, dies aber nicht direkt zum Ausdruck bringen darf.
    »Es ist dunkel hier drinnen«, sagt der Rabbi.
    »Hier?« fragt der Polizist.
    »Ja, hier.«
    »O.k.« Der Polizist macht das Licht an und will wieder gehen.
    Da sagt der Rabbi: »Hier ist es auch dunkel« und zeigt auf die nächste Tür.
    Da sagt der Polizist: »Hier?«
    Da sagt Yehuda: »Ja, hier.«
    Der Polizist will wieder gehen. Der Rabbi aber sagt: »Da ist es dunkel.«
    »Da?« fragt der Polizist.
    »Ja, da.« Der Polizist macht das Licht an und will wieder gehen.
    Doch Yehuda ist noch nicht fertig. »Können Sie noch weiter hochgehen mit mir, da drinnen ist es auch dunkel …« Das geht so weiter, bis überall das Licht eingeschaltet ist.
    Und Yehuda sagt zu mir: »Sehen Sie diese Römerbäder?«
    Aber ich kann gar nicht mehr aufhören zu lachen. Was sich hier zugetragen hat, ist einfach zu komisch. Besuchen Sie Yehuda am Sabbat und bitten Sie ihn, daß er Ihnen seine Mikwe zeigt. Man sollte das einmal im Leben gesehen haben, so gut tut es!
    Und es dann mir gleichtun und die Einladung zum Essen in seinem Haus annehmen. Sie werden es nicht bereuen. Viele Menschen tauchen da auf. Man hat das Gefühl, bei einem König zu dinieren. Es gibt hier mehr Speisen, als das Auge erfassen kann. Und Getränke jeglicher Art. Alles koscher, natürlich. Und ja, das Essen ist einfach köstlich.
    Glauben Sie ihm aber bloß nicht, wenn er behauptet: »An Sabbat kann man so viel essen, wie man will, ohne ein Gramm zuzunehmen!«
    Sie werden sicher ein paar Pfund zunehmen, aber das ist das Vergnügen wert. Sie werden glücklich von dannen schreiten.
    Upps, fast hätte ich es vergessen: Sie müssen Jude sein, um hier eingeladen zu werden. Diese Missionsgruppe arbeitet ausschließlich innerhalb der jüdischen Gemeinde. Falls Sie Nichtjude sind, gehen Sie zu Rabbinerin Gesa.
    Fürs Protokoll: Yehuda bestreitet, daß ihm Goldman Sachs gehört.
    Mit meinem wohlgefüllten Magen verspüre ich das Bedürfnis, irgendwo hinzugehen, wo ich mich ein wenig ausruhen kann. An einen netten Ort mit Aussicht. Was käme da in Frage?

Kapitel 8   In dem wir von einem ungewöhnlichen Ansinnen hören: Schatz, laß uns da heiraten, wo sie die Judenvernichtung beschlossen haben!
    Haus Sanssouci, was auf deutsch »sorglos« bedeutet, ist ein Hotel mit drei Zimmern. Es ist zugleich ein Restaurant mit Platz für 259 Gäste. Angesichts seiner schönen Lage ist es kein Wunder, daß das Haus vor allem von März bis September auch für Hochzeitsfeiern genutzt wird. »Jeden Freitag und Samstag findet mindestens eine Hochzeit statt. Manchmal sind es auch fünf am Tag«, erzählt mir Michael, der

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