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Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Alleingang: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Alleingang: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Wachposten.
    Marie erhob sich.
    Sie traten auf sie zu.
    Marie wunderte sich, wie blass die jungen Männer waren. Ob sie in diesem Riesengebäude zu wenig lüfteten? Oder drang zu wenig Tageslicht durch die schmalen Fenster?
    »Frau Blau?«
    »Ja.«
    »Wenn Sie uns bitte folgen würden …«
    Der Adjutant konnte ihr nicht in die Augen schauen.
    Die beiden Jungen gingen vor. Marie schien es so, als hätten sie Angst vor ihr. Oder hatten die jungen Soldaten einfach Schwierigkeiten, sich der Witwe eines Kameraden gegenüber unverkrampft zu verhalten?
    Derjenige, der mit ihr gesprochen hatte, hatte seinen Dienstausweis an einer Metallkette um den Hals hängen. Mit dem Codierungschip des Ausweises öffnete er eine Doppelglastür.
    Dann durchquerten die drei schweigend endlose Flure.
    Sie sahen alle gleich aus. Die Fensterrahmen waren weiß, die Wände grau, die Fußböden schwarz. Es roch nach Reinigungsmittel und ganz leicht nach Schweiß – obwohl nirgendwo ein Mensch zu sehen war.
    Die Zimmer hinter den dicken Holztüren schienen alle verlassen zu sein.
    Sie betraten kühle Treppenhäuser und stiegen über Treppen aus Stein, die aussahen wie früher Spülsteine. Sie schienen im Kreis zu gehen – sofern das in diesem Gebäude möglich war.
    Wollten die beiden Marie so lange durch das Labyrinth schleppen, bis sie die Orientierung verlor? Dabei nahmen ihre beiden Begleiter nicht mal darauf Rücksicht, dass die Besucherin längst nicht so gut trainiert war wie sie. Sie legten ein beachtliches Tempo vor. Marie atmete schwer. Ihre Lungen schmerzten beim Treppensteigen.
    Sie wollte schon protestieren – da hielten ihre beiden Begleiter vor einer Tür, die sich für Marie in nichts von den anderen Türen der Zimmerfluchten unterschied.
    Marie konnte sich noch gut an ihren letzten Besuch hier erinnern. Das war nicht das Büro des Staatssekretärs.
    Der mit dem Ausweis öffnete auch diese Tür mit seinem Chip. Er ließ Marie vorgehen.
    Marie blieb noch in der Tür stehen. Das war überhaupt kein Büro.
    Ein schmuckloser Raum. Karg. Marie sah nur einen Stahltisch und zwei hässliche Schalenstühle. Eigenartigerweise dachte Marie: Dieses Mobiliar ist nicht kaputt zu kriegen.
    Warum dachte sie das?
    Weil dieser Raum ein Verhörzimmer war.
    Ein Verhörzimmer?
    Wollten sie sie verhören?
    Einer der Adjutanten schob sie sanft weiter. »Nehmen Sie ruhig schon mal Platz! Kommt gleich jemand.« Es war wie beim Zahnarzt.
    Marie gab dem Druck nach. Sie betrat den Raum.
    Die Luft war trocken. Und es war warm. Sehr warm.
    Der Adjutant schob ihr einen der beiden Stühle hin. Er versuchte zu lächeln.
    Marie nahm Platz.
    Die beiden zogen sich zurück. Marie schaute nicht hinter ihnen her. Sie hörte nur, wie sie die Tür hinter sich schlossen.
    Marie wartete.
    Eigenartig. Warum hatten sie die Adjutanten in diesen Raum geführt? Sie hätte doch ebenso auf dem Flur warten können, bis der Staatssekretär Zeit für sie hatte. Vielleicht wollte man nicht, dass jemand sie sah. Dass offenbar wurde, dass der Staatssekretär Seelmann die Witwe des in Kundus getöteten Offiziers Karl Blau auf dem ungemütlichen Flur des Bendlerblocks warten ließ.
    Marie hatte das Gefühl, dass es immer wärmer wurde. Ihr Mund war in wenigen Minuten ausgetrocknet. Sie begann zu schwitzen.
    Marie stand auf und ging zu den flachen Heizkörpern, von denen gleich drei unter den Fenstern hingen. Sie glühten. Und das im Spätsommer. Maries Kopf begann zu schmerzen. Trockene Hitze hatte sie noch nie gut vertragen. An der Ostsee war selbst im Hochsommer immer Feuchtigkeit in der Luft. Das mochte Marie. Man konnte die Wärme greifen und einatmen. Aber diese trockene Luft war unnatürlich. Wie ein Gas.
    Marie stellte den ersten Heizkörper ab. Das Thermostat ließ sich ganz leicht drehen.
    Sie atmete auf. Marie bekam Durst. Sie schaute sich um. Es gab nichts zu trinken. Es gab in diesem Raum gar nichts außer einem Tisch und zwei Stühlen.
    Sie fasste den Heizkörper an, den sie abgestellt hatte. Er war genauso heiß wie vorher.
    Marie versuchte es mit den anderen beiden Heizkörpern. Auch deren Thermostate ließen sich ganz leicht auf Null drehen. Zu leicht.
    Man konnte die Heizkörper in diesem eigenartigen Raum nicht abstellen. Die Thermostate waren Attrappen. Sicher wurden sie irgendwo zentral gesteuert.
    Marie tastete nacheinander die drei Heizkörper ab. Sie blieben gleichmäßig heiß. Der, den sie zuerst abgestellt hatte, ebenso wie die beiden anderen. Es tat sich gar

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