Aller guten Dinge sind vier
ja.«
Ich warf einen Blick in meinen Einkaufswagen, um zu sehen, ob ich alles hatte. Ritz-Kräcker und Erdnußbutter, für den Fall, daß mich mal die Lust auf kleine, feine Horsd’œuvres packte, Entenmanns Biskuitkuchen zum Trost bei mieser Stimmung, Pop-Tarts für Rex, Salsa, damit ich meiner Mutter sagen konnte, ich äße Gemüse, Frosties für Überwachungen, bei denen ich nur im Auto rumsitzen mußte, Maischips zur Salsa.
Ich war mitten in der Bestandsaufnahme, als ein anderer Wagen frontal mit meinem zusammenprallte. Ich sah auf: Großmutter Mazur und, einen Schritt hinter ihr, meine Mutter.
Meine Mutter schloß geschmerzt die Augen. »Warum gerade mir das?« fragte sie.
Meine Großmutter sagte: »Wau!«
Ich trug immer noch Perücke und Stretchröckchen. »Ich kann das erklären.«
»Was hab ich nur falsch gemacht?« wollte meine Mutter wissen.
»Ich bin maskiert.«
Mrs. Crandle schob scheppernd ihren Wagen den Gang runter. »Hallo, Stephanie! Wie geht’s denn heute?«
»Gut, danke, Mrs. Crandle.«
»Tolle Maskierung«, sagte meine Mutter. »Jeder erkennt dich. Und warum mußt du dich unbedingt als Flittchen maskieren? Warum kannst du dich nicht mal zur Abwechslung als normaler Mensch maskieren?« Sie schaute in meinen Wagen. »Dosenweise Spaghettisoße. Die Frau an der Kasse wird glauben, du kannst nicht kochen.«
Mein linkes Auge bekam Zuckungen. »Ich muß jetzt gehen.«
»Mit dem Aufzug kann man bestimmt gut Männer fangen«, meinte Großmama. »Du siehst aus wie Marilyn Monroe. Ist das eine Perücke? Vielleicht kannst du mir die mal leihen. Ich hätte nichts dagegen, ein paar Männer kennenzulernen.«
»Wehe, du leihst ihr die Perücke!« sagte meine Mutter. »Dann kannst du die Konsequenzen tragen.«
Ich packte meine Einkäufe aus, vertauschte die Perücke mit einer Baseballmütze und den Rock mit Shorts und verbannte die Hypersupernuttenschuhe in die hinterste Ecke meines Schranks. Ich teilte mir mit Rex ein Pop-Tart und machte mir ein Bier auf. Ich rief Dillon an und bat ihn, sich meine Wohnungstür anzusehen, dann kroch ich durchs Schlafzimmerfenster auf die Feuertreppe raus, um in Ruhe nachzudenken. Die Luft war windstill und schwül, der Horizont verhangen. Der Parkplatz war voll. Die Senioren waren um diese Zeit alle zu Hause. Wenn sie überhaupt zum Essen ausgingen, gönnten sie sich höchstens das Vorabendmenü zum Sonderpreis im Diner, und selbst wenn sie mal eine Runde im Park drehten, waren sie spätestens um sechs zu Hause. Aßen sie an ihrem eigenen Tisch, dann meist schon um fünf, weil sich die Mahlzeit sonst mit
Glücksrad
und
Riskant!
überschnitten hätte.
Die meisten Fälle, die ich von Vinnie bekomme, sind reine Routinesachen. Im allgemeinen statte ich den Leuten, die die Kaution abgesichert haben, einen Besuch ab und erklär ihnen, daß sie ihr Haus vergessen können. In neunzig Prozent der Fälle wissen sie, wo er ist, und helfen mir, ihn zur Strecke zu bringen. In neunzig Prozent der Fälle hab ich die Leute, mit denen ich es zu tun habe, ganz gut im Griff. Dieser Fall aber fiel nicht unter die neunzig Prozent. Schlimmer noch, dieser Fall war unheimlich. Eine Freundin hatte einen Finger verloren, und eine Mutter war skalpiert worden. Maxines Schnitzeljagd erschien wie ein Scherz im Vergleich dazu. Und dann auch noch die Drohung an meiner Wohnungstür. »Ich hasse Dich.« Wer konnte so was tun? Die Liste war lang.
Ein Pick-up fuhr in der nächsten Straße vom Bordstein weg, und dahinter kam ein schwarzer Jeep Cherokee zum Vorschein, der die ganze Zeit hinter dem Pick-up gestanden hatte. Joyce.
Ich seufzte und trank den letzten Schluck Bier. Immerhin, man mußte vor Joyces Beharrlichkeit den Hut ziehen. Ich prostete ihr mit der Bierflasche zu, aber es erfolgte keine Reaktion.
Das Problem bei der Arbeit als Kopfgeldjäger ist, daß man die Technik einzig durch praktische Erfahrung lernt. Ranger ist eine große Hilfe, aber Ranger ist nicht immer zur Stelle. Wenn also was Unvorhergesehenes passiert, reagier ich immer erst mal falsch, bevor ich drauf komme, wie man richtig reagiert. Nehmen wir zum Beispiel Joyce. Es liegt auf der Hand, daß ich keine Ahnung hatte, wie ich Joyce loswerden sollte.
Ich kroch durchs Fenster in meine Wohnung zurück, holte mir noch eine Flasche Bier und ein Pop-Tart, klemmte mir das schnurlose Telefon unter den Arm und hockte mich wieder auf die Feuertreppe. Ich aß das Pop-Tart, spülte es mit Bier runter und beobachtete dabei die
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