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Allerliebste Schwester

Titel: Allerliebste Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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quietscht vor Vergnügen, als Eva mit dem Schläger als Nächstes auf die teuren Terrakottafliesen
eindrischt, die unter der Wucht des Aufpralls knirschend zu Bruch gehen. Zerschlagen will sie alles, kaputt hauen, bis es in Trümmern liegt, das ganze Haus, vom Dachfirst bis zu den Grundmauern. Dieses Gefängnis, diese noble Gummizelle, ha, das wird ein Spaß!
    Jetzt ist Tobias ins Wohnzimmer geflüchtet, sie folgt ihm mit ruhigen, gelassenen Schritten.
    »Ich bin’s.« Sie hört ihn am Telefon. »Schnell, du musst kommen, Eva dreht völlig durch. Beeil dich, ich weiß nicht …« Sie betritt die »gute Stube«, ein gezielter Treffer auf die kleine Kommode neben dem Bücherregal, auf dem die Station des Mobiltelefons steht, setzt seinem Gespräch ein Ende.
    Tobias lässt das Telefon fallen, flüchtet hinter die Sitzgarnitur und fleht sie von dort aus, in scheinbarer Sicherheit, ein weiteres Mal an. »Liebling, bitte! Du weißt nicht mehr, was du tust! Leg bitte den Schläger weg und lass uns in Ruhe miteinander reden.«
    Wieder holt sie aus, er hält sich schützend die Arme vors Gesicht, was überflüssig ist, ihn will sie gar nicht treffen, lieber zerschlägt sie alles das, was ihm lieb und teuer ist.
    Eine schnelle Halbdrehung, dann hat sie sich zum Flügel ausgerichtet, zum teuersten Möbel im ganzen Haus, für sie gekauft, damals, als es noch in ihrer Hand gelegen hätte, der Geschichte eine andere Wendung zu geben. Schon stellt sie sich vor, wie das Holz des Instruments splittern wird, wie die Kakophonie der reißenden Saiten den Raum erfüllt, da hält sie inne. Nein, das nicht, nicht der Steinway, das bringt Eva nicht übers
Herz. Sie lässt den Schläger sinken. Und wird augenblicklich von hinten umklammert. Tobias hat diesen kurzen Moment ihrer Unschlüssigkeit genutzt, um sie zu überwältigen. Doch wieder wehrt Eva sich, versetzt ihm einen gezielten Tritt gegen sein Schienbein, rennt los, ihre Waffe immer noch fest umklammert, schlägt wild um sich, um Tobias auf Abstand zu halten, trifft dabei immer wieder Möbelstücke, Bilder, Vasen, eine Stehlampe kippt gegen die Verglasung der Wohnzimmertür, die klirrend zerbirst.
    Nur wenige Meter durch den Flur, dann reißt Eva die Haustür auf, springt die Stufen zur Auffahrt hinunter. Jetzt hat sie etwas gefunden, auf das sie einschlagen will, der eiserne Schläger landet auf der glänzenden Motorhaube des BMWs.
    »Eva!« Krach, als nächstes zerspringen die Scheinwerfer in tausend Stücke. »Eva!« Die Frontscheibe splittert nicht, das Sicherheitsglas zeigt nur Millionen feiner Haarrisse. »Eva! Eva!« Nach drei weiteren Hieben gelingt es ihr immerhin, ein Seitenfenster einzuschlagen. »Evaaaaaaa!«
    »Hallo? Was ist denn da los? Brauchen Sie Hilfe?« Ein Stimmengewirr erklingt, der Lärm hat die Nachbarn auf den Plan gerufen, jeweils zu zweit oder zu dritt kommen sie aus ihren Häusern, Eva nimmt aus den Augenwinkeln wahr, wie einige sich vor Schreck die Münder zuhalten.
    »Wir holen die Polizei!« - »Ruf doch endlich einer die Polizei!« - »Einen Krankenwagen, schnell!« - »Tu doch einer was!« - »Oh, mein Gott!« - »Was ist denn
hier los?« - »Die Feuerwehr muss gerufen werden, schnell!« Eva kümmert das nicht, sie drischt weiter, zertrümmert den Seitenspiegel des Geländewagens.
    »Nein!«, hört sie Tobias rufen. »Lassen Sie das, wir haben alles im Griff, wir brauchen keine Polizei!«
    »Polizei!«, rufen einige Nachbarn trotzdem weiter. Außer Tobias scheint niemand von ihnen so recht zu glauben, dass hier jemand gerade alles im Griff hat.
    »Hau ab!«, brüllt Marlene jetzt, auf den Stufen zum Haus sitzend. Aber Eva ist noch nicht fertig, hat noch nicht genug getobt, will ihn bis zum Letzten auskosten, diesen Befreiungsschlag. »Du musst abhauen!«, wiederholt Marlene. Im nächsten Moment quietschen Reifen, direkt vorm Haus kommt ein schwarzer Jaguar zum Stehen. Den kennt Eva, jetzt weiß sie, wen Tobias eben angerufen hat.
    Schwiegervater Rolf springt aus der Fahrertür, bleibt angesichts des Szenarios wie angewurzelt stehen. Kurz darauf erklingen Sirenen, die Nachbarn haben sich nicht an Tobias’ Anweisungen gehalten, zwei Polizeiautos und ein Krankenwagen schießen um die Ecke. »Los jetzt!« Marlene tritt neben ihre Schwester, legt ihr eine Hand auf den erhobenen Arm. Eva lässt ihn langsam sinken. »Du musst weg«, flüstert Marlene in eindringlichem Ton. »Wenn sie dich kriegen, ist alles vorbei. Dann werde ich nicht mehr für dich da

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