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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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meine Ruhe haben.«
    Ich redete ihm zu, sich ins Bett zu legen, was er aber nicht wollte. »Jetlag macht man nur noch schlimmer, wenn man außerhalb der normalen Zeiten schläft«, sagte er.
    »Was sind denn normale Zeiten, wenn man dauernd im Flieger sitzt?«, hielt ich dagegen. »Leg dich wenigstens für eine Weile auf die Couch. Ich verspreche dir, ich wecke dich, auch wenn du dann unfreundlich zu mir bist.«
    »Ich bin nie unfreundlich zu dir«, behauptete er, ein klarer Fall von Gedächtnisverlust. Aber er ließ sich auf diesen Kompromiss ein, unter der Bedingung, dass ich ihm spätestens nach einer Stunde Bescheid sagen würde, weil er noch ein paar Dinge in der Firma zu erledigen hatte.
    Ich räumte die Küche auf, versorgte die Blumen und faltete die gewaschenen Bettbezüge. Dann erschien Henning wieder, nur marginal besser gelaunt als vorher, und teilte mir mit, er würde jetzt in die Firma fahren und direkt von da aus zum Clubmeeting.
    »Ach ja, heute gibt es ja den Schiele-Vortrag«, erinnerte ich mich.
    »Nee, der Augenarzt kommt erst nächsten Monat«, sagte Henning. »Heute hören wir was über einen Maler, glaube ich.«
    »Du wirst schon sehen«, sagte ich. Die Erwähnung des Clubs hatte mich daran erinnert, dass ich mich noch bei Bernhard melden musste. Deswegen rief ich ihn gleich an, nachdem Henning das Haus verlassen hatte, aber im Büro war er nicht, und seine schnippische Sekretärin konnte mir auch keine weitere Auskunft geben.
    Also rief ich bei ihm zu Hause an, erreichte aber nur Angelika. »Nein, hier ist er nicht«, teilte sie mir mit. »Was willst du denn von ihm?«
    Ich ging mal davon aus, dass er ihr nichts über diesen unangenehmen Verdacht erzählt hatte, deswegen wollte ich das auch nicht ansprechen. »Es geht noch mal um diese Scheckübergabe im Kindergarten«, sagte ich vage.
    »So langsam wird das etwas seltsam«, meinte sie mit angriffslustigem Ton. »Die Sache ist doch längst über die Bühne. Wie oft wollt ihr das denn noch als Vorwand benutzen?«
    »Vorwand?«, wiederholte ich verblüfft. Glaubte Angelika etwa, ich hätte was mit Bernhard und versuchte das auf so plumpe Weise zu verheimlichen?
    »Na hör mal«, sagte sie. »Du bist noch nicht mal Mitglied im Club und hast plötzlich jeden Tag mit Bernhard wegen dieser Spenden zu tun? Was soll ich denn davon halten?«
    »Es ist wirklich keine wilde Sache«, versicherte ich ihr. »Aber da musste noch etwas geklärt werden, und das habe ich jetzt getan. Ich muss ihn auch gar nicht persönlich sprechen, du kannst ihm etwas ausrichten. Sag ihm einfach, die Kuh ist vom Eis.«
    »Die Kuh ist vom Eis?«, echote sie verständnislos. »Was soll denn das bedeuten?«
    Wenn sie schon so ratlos war, vielleicht würde Bernhard das auch nicht kapieren. Was sagte man denn sonst noch? Das Kind ist geschaukelt? Nein, diese Formulierung erschien mir nicht so passend. Wie codierte man wohl bei echten Geheimdienstagenten solche Nachrichten? Der Käse ist gegessen? Die Spanner-Raupe hat sich verpuppt?
    »Da kommt er gerade«, sagte Angelika. Sie klang fast genauso schnippisch wie die Sekretärin vorhin. »Hier«, hörte ich sie sagen. »Deine Freundin Marie ist dran.«
    »Moment«, sagte Bernhard zu mir. »Ich gehe eben in mein Arbeitszimmer.«
    »Das ist eigentlich nicht nötig«, sagte ich zu ihm. Es würde nur Angelika noch misstrauischer machen. Aber ich hörte ihn schon schnaufend die Treppe hochsteigen.
    »So«, sagte er. »Jetzt können wir in Ruhe sprechen.«
    »So viel zu sprechen ist da nicht«, meinte ich. »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist: Ich war bei der Mutter dieses Jungen und habe ihr die Sache erklärt. Die Anzeige ist vom Tisch.«
    »Da bin ich aber erleichtert«, sagte er. »Und die schlechte?«
    »Jetzt glaubt deine Frau, wir hätten was miteinander. Überleg dir irgendwas, um ihr das wieder auszureden.«
    »Wir? Du und ich??«, rief Bernhard erschrocken.
    »Sie wundert sich halt, dass wir in dieser Woche schonso viel miteinander zu tun hatten. Also unternimm was, um sie zu beruhigen.«
    »Aber was denn?«, jammerte er.
    »Sei kreativ«, schlug ich ihm vor. »Du kennst doch deine Frau am besten. Tschüs, Bernhard. Ein schönes Meeting heute Abend. Versuch mal meinen Mann aufzuheitern, der ist ziemlich gestresst.«
    Wenn ich gewusst hätte, wie er diesen letzten Satz interpretieren würde, hätte ich vielleicht was anderes gesagt.
     
    Als die gesamte Wäsche wieder trocken war, packte ich sie ein.

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