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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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höchstens noch einen Tagesausflug nach Helgoland gönnen.«
    »Und das ist noch nicht mal Ausland«, sagte ich.
    »Aber im Moment wäre ich da lieber«, stöhnte sie und verabschiedete sich, um wieder an ihren PC zurückzukehren. Armes Kind. Aber ein Gastsemester in Hongkong   …
    In der Innenklappe des China-Bildbands war auch eine Karte mit Maßstab. Danach sah es so aus, als ob die Distanz zwischen Chongqing und Hongkong wohl mindestens fünfzehnhundert Kilometer betrug, wenn nicht mehr. Das war nicht die richtige Entfernung für nette kleine Wochenendbesuche. Da konnte sie besser in Hamburg bleiben und ich zu Hause. Fragte sich nur, was Henning dazu sagen würde.

17
    Am nächsten Morgen war ich relativ früh unterwegs. Frau Kopp war mit dem Vorsatz erschienen, heute unter anderem die Teppiche zu reinigen, und da stand man ihr besser nicht im Weg.
    Ich fragte mich, was sie denken würde, wenn sie wüsste, was ich gerade so trieb. Dass ich sie bei mir als Putzfrau beschäftigte, während ich selbst für eine sozial schwache Familie die Haushilfe spielte. Vielleicht sollte ich einfach einen Tausch vornehmen und Frau Kopp zu Nicole schicken   – nur dass das nicht funktionieren würde, aus mehreren Gründen: 1.   Frau Kopp lehnte es ab, in Haushalten mit kleinen Kindern zu arbeiten. 2.   Frau Kopp lehnte es ab, zu kochen oder zu bügeln. 3.   Henning würde es bestimmt ablehnen, Frau Kopp zu bezahlen, ohne dass sie in unserem Haus etwas tat.
    Also ließen wir es besser so, wie es war. Ich parkte mein kleines Auto vor dem Haus am Hammerweg und erstieg die Treppe, an die ich mich inzwischen gewöhnt hatte. Dabei war ich schon mit der Frage beschäftigt, wie ich den Kindern den Blumenkohl schmackhaft machen könnte, den ich für das heutige Mittagessen geplant hatte   – und inwieweit Nicole wohl in der Lage war, ihn selbst zuzubereiten.
    Als ich in die Wohnung kam, sah ich sie zum erstenMal nicht auf ihrer Couch liegen. Das war doch ein gutes Zeichen! Sie hatte immerhin gestern von ihrer Vorsorgeuntersuchung mitnehmen können, dass mit der Schwangerschaft alles in Ordnung war, und offensichtlich hatten auch meine Appelle endlich gefruchtet und sie tat irgendwas.
    Gut gelaunt ging ich zur Küchenzeile hinüber, um den Blumenkohl und einige andere Lebensmittel unterzubringen, und fiel auf dem Weg beinahe über einen großen, ziemlich vergammelten Herrenturnschuh. Wo kam der denn her?
    »Nicole?«, rief ich. »Wo sind Sie?«
    Ich meinte einen Laut zu hören, konnte ihn aber nicht genau orten. Vielleicht war sie im Bad? Aber wenn sie nur kurz zur Toilette gegangen war, warum lief der Fernseher nicht?
    Ich rief noch mal lauter. »Nicole? Was tun Sie gerade?«
    Daraufhin wurde die Schlafzimmertür aufgerissen, und ein Mann erschien. »Was wollen Sie?«
    Ich musterte den Mann, vermutlich ja der Besitzer des Turnschuhs. Er hatte nicht nur keine Schuhe an, sondern auch kein Hemd, nur ein unbeschreiblich gammeliges graues Unterhemd, das über einer schwarzen Unterhose hing. Er sah ziemlich kräftig aus, und auf seinen Armen ließen sich mehrere Tätowierungen erkennen.
    »Wo ist Nicole?«, fragte ich ihn.
    Hinter ihm hörte ich ihre Stimme. »Sie sind aber früh heute!«
    »Hauen Sie ab«, sagte der Mann und sah mich böse an. »Sie sind doch die Frau, die meint, sie kann hier den Boss spielen, oder?«
    »Na hören Sie mal«, entgegnete ich verblüfft.
    »Nein, Sie hören mal zu«, blaffte er mich an. »Lassen Sie die Finger von meinem Sohn und den anderen,hören Sie? Sonst werden Sie was erleben, das sage ich Ihnen!«
    »Maik, lass doch!«, hörte ich Nicoles Stimme aus dem Schlafzimmer. Das war also Kevins Vater, mehr oder weniger frisch aus der JVA.   Na super. Sollte ich mich von dem rumkommandieren lassen?
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte ich so forsch wie möglich. Eigentlich hatte ich keine Erfahrung mit solchen Leuten, die einen einzuschüchtern versuchen, bevor sie einem überhaupt guten Tag gesagt haben.
    »Das geht Sie gar nix an!«, brüllte er. »Aber ich hab auf jeden Fall mehr Rechte, hier zu sein, als Sie, und wenn Sie nicht bald Ihren Arsch hier wegbewegen, dann passiert was. Sie müssen hier nicht aufkreuzen und versuchen, die Kinder mit Trikots und Schuhen einzuwickeln! Wir kommen hier auch ganz gut ohne Sie zurecht.«
    »Ach, tatsächlich?«, fragte ich, inzwischen etwas ärgerlich. Was bildete der Typ sich ein? »Wollen Sie jetzt hier saubermachen und kochen, oder was?«
    Das war

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