Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benioff David
Vom Netzwerk:
aus Schlägereien als Sieger hervorgeht, die bullige Typen mit Tätowierungen angefangen haben. Nur dass ich der bullige Typ mit den Tätowierungen war und niemand mein Leben verfilmen wollte.
    Nachdem ich mich wieder an Maureens Gesicht erinnerte und daran dachte, wie wohl ich mich bei ihr gefühlt hatte, wie glücklich wir fünf Stunden lang gewesen waren, fragte ich mich, was aus ihr geworden war und ob sie den Mann ihres Lebens schon gefunden hatte. Aus irgendeinem Grund bezweifelte ich es; aus irgendeinem Grund war ich davon überzeugt, dass sie irgendwo im Dunkeln saß, allein, und sich an Gesichter erinnerte.
    Am nächsten Morgen, einem Montag, rief ich meine Sekretärin an und sagte ihr, dass ich für einen Tag nach Pennsylvania fuhr, um potenzielle Kunden aufzusuchen. Ich konnte mich nicht erinnern, ob Maureen mir überhaupt ihren Nachnamen genannt hatte. Sie hatte mir ihre Nummer gegeben, sie hatte sie auf die Innenseite einer Hershey-Verpackung geschrieben, aber die hatte ich schon vor Jahren verloren. In den ersten Wochen nach unserer Begegnung war ich zu nervös, um anzurufen, und dann hatte ich Angst, sie könnte mich schon vergessen haben, und dann kam das nächste Schuljahr und eine sensationelle Football-Saison, und ich wurde überheblich. Wenn ich Mädchen wie sie schon in einem gottverlassenen Kaff aufgabeln konnte, was für Schönheiten erwarteten mich dann erst in der Großstadt?
    Als ich aufs College ging, war Maureen nur noch eine Geschichte, die ich erzählte. Aber wenn man sich das Genick
bricht, wird man ganz schnell demütig. Es ist schwer, arrogant zu sein, wenn man dir einen Halofixateur in den Schädel geschraubt hat, wenn jeden Morgen eine Krankenschwester kommt, um deinen Katheterbeutel zu leeren, wenn dein Vater dir die Unterlippe herunterzieht, damit er dir die untere Zahnreihe putzen kann. Als ich schließlich begriff, dass mir mit Maureen vielleicht ein Hauptgewinn entgangen war, wollte ich meine Lieblingserinnerung nicht mehr antasten.
    An diesem Montagvormittag kam ich zu dem Schluss, dass mein Zögern Feigheit war. Ich wollte sie finden. Alles, was ich kannte, war ihr Vorname und ihr Mädchengesicht, aber ich hatte einen Plan.
    Es war Oktober, und nur eine einzelne Wolke zog sich über den Morgenhimmel, ein Fischskelett, das zum westlichen Horizont schwebte. Ich fuhr mit meinem neuen Toyota Land Cruiser zum Supermarkt und kaufte eine Tüte Hershey-Kisses, die mir Glück bringen sollten. Auf dem Rückweg zum Auto sah ich im gleichen Einkaufszentrum einen Plattenladen, also ging ich hinein und kaufte London Calling auf CD. Joe Strummers Gitarre klang noch immer gut, und ich schlug im Takt aufs Lenkrad, während ich die Route 202 nahm und nach Westen fuhr. Nachdem ich den Delaware überquert hatte, hielt ich in New Hope an und spürte Thomas Sweet’s auf. Diesmal bezahlte ich mein Eis bar und aß es, während ich die Schaufenster der allgegenwärtigen Antiquitätengeschäfte betrachtete. Ich fand Antiquitäten noch immer langweilig, wie ich erleichtert feststellte.
    North Wales war genau so, wie ich es in Erinnerung hatte, nur dass die Eisenwarenhandlung und das Billigkaufhaus
verschwunden waren und sich dort nun ein Sam’s Club befand. Ich verließ den Ort in der Richtung, wo die Felder begannen, und hoffte, die Stelle wiederzufinden, wo ich zum ersten Mal Maureen auf ihrem Fahrrad begegnet war. Ich brauchte fünf Minuten, um einzusehen, dass keine Chance bestand, die Stelle zu finden. Und wenn ich sie gefunden hätte? Was erwartete ich dort, etwa eine Bronzeplatte zum Gedenken an unsere Begegnung?
    Ich fuhr zurück in die Stadt und hielt vor dem Friseurladen. Der Friseur saß drinnen allein auf seinem Drehstuhl und las die Zeitung. Er stand auf, als ich eintrat, und bedeutete mir, Platz zu nehmen. Ich wünschte, ich hätte einen Haarschnitt nötig gehabt, der Friseur hätte Kundschaft gebrauchen können, aber ich hatte mir erst vor wenigen Tagen die Haare schneiden lassen.
    »Ich suche nur die Highschool«, erklärte ich ihm. »Wissen Sie, wo die Highschool ist?«
    »Welche meinen Sie? Die in Kulpsville?«
    »Das hier ist doch North Wales, oder?«
    »Schon«, sagte der Friseur. »Aber hier gibt’s keine Highschool. Die nächste ist in Kulpsville. Nehmen Sie einfach die 202 ein paar Meilen nach Norden. Sie können den Uhrenturm von der Straße aus sehen.«
    Als ich an der Kulpsville High ankam, war es so warm geworden, dass ich die Jacke im Auto lassen konnte. Das

Weitere Kostenlose Bücher