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Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Alles aus Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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können, wie sehr er mich verletzt hat; wenn er doch nur ein einziges Mal »es tut mir leid« gesagt und es ehrlich gemeint hätte – ich glaube, dann wäre alles anders gekommen. Dann hätte ich es geschafft loszulassen. Vielleicht wäre die Wunde dann irgendwann verheilt, so wie das normalerweise der Fall ist. Stattdessen hat sie sich infiziert. Und die Infektion breitete sich aus. Wie Wundbrand. Sie hat sich in meinem Körper eingenistet. Das ist alles nur seine Schuld.
    Ich weiß, es ist unverzeihlich, was ich tue. Im tiefsten Inneren weiß ich das. Aber er hat damit angefangen. Mum hat immer gesagt, es sei die perfekte Liebesgeschichte gewesen, als sie meinen Vater kennenlernte. Ich glaubte, Patrick sei meine perfekte Liebesgeschichte. Aber das stimmt nicht. Er ist die Liebesgeschichte der Hypnotiseurin. Ich bin nur die Exfreundin in der Liebesgeschichte der Hypnotiseurin. Nicht die Heldin. Ich bin nur eine Nebenfigur.
    Vielleicht bin ich auch die Böse.
    Keiner sagte ein Wort, als sie vom Friedhof aus zu Frank und Millie fuhren.
    Jack saß hinten und spielte wieder mit seiner Spielkonsole. Patrick konzentrierte sich auf die kurvenreiche Straße.
    Ellen lehnte den Kopf an die Kopfstütze. Ihr war zwar immer noch schlecht, aber es war auszuhalten. Hoffentlich musste sie bei Frank und Millie nicht allzu lange auf das Essen warten, und wenn sie nur ein Stück trockenes Brot knabbern konnte, das würde schon helfen.
    Sie schaute aus dem Fenster. Die Landschaft flog vorbei wie ein Film im Schnellvorlauf. Idyllische kleine Bergdörfer mit Cafés und Secondhandbuchläden und Antiquitätengeschäften. Sie erinnerte sich an ein romantisches Wochenende in den Bergen, das sie mit Jon ganz am Anfang ihrer Beziehung verbracht hatte. Sie ließ die Erinnerung weiterziehen. Jon würde bald heiraten. Sie auch. Das Leben ging weiter. Sie musste den Weg vor sich im Auge behalten. So wie Saskia. Und wie Patrick.
    Ob er jetzt gerade an Colleen dachte, sie mit ihr, Ellen, verglich, sich fragte, wie sein Leben verlaufen wäre, wenn sie nicht gestorben wäre?
    Könnte sie doch seine Gedanken lesen! Sie spähte aus dem Augenwinkel zu ihm hinüber. Sein Profil ließ keinerlei Gefühlsregung erkennen.
    Es gäbe da schon eine Möglichkeit.
    Immer noch bat Patrick sie fast jeden Abend vor dem Schlafengehen um eine Entspannungsübung. Das gehörte mittlerweile zu ihrer abendlichen Routine. Er vertraute Ellen blind. Es wäre ein Leichtes für sie, ihn in eine tiefe Trance zu versetzen, ihn dann über seine Gefühle für Colleen auszufragen und schließlich mittelseiner posthypnotischen Suggestion dafür zu sorgen, dass er sich nach dem Aufwachen nicht an ihre Fragen erinnerte.
    Aber das wäre nicht richtig. Völlig unethisch. Sie konnte nicht ohne seine Erlaubnis in seinen Gedanken herumstochern. Das wäre so, als ob sie heimlich sein Tagebuch läse. Außerdem wäre es unfair, weil Patrick nicht das Gleiche bei ihr tun konnte. Sie würde auch nicht wollen, dass er etwas über ihre immer noch vorhandenen, reichlich komplizierten Gefühle, die sie Jon gegenüber hegte, erfuhr.
    Nein, so etwas würde sie nie tun. Sie hieß ja nicht Danny. Der würde bestimmt nicht zögern, das bei einer Freundin zu machen, falls er denn eine hätte.
    Ellen konnte nicht glauben, dass ihr die Idee, in Patricks Gedanken herumzuschnüffeln, überhaupt gekommen war. Das sah ihr gar nicht ähnlich. In letzter Zeit war sie ziemlich enttäuscht von sich. Sie war keineswegs so mitfühlend oder moralisch oder geduldig, wie sie sich immer eingeschätzt hatte.
    Aber der Gedanke ist so was von verlockend!
    »Dad?«
    Ellen fuhr schuldbewusst zusammen.
    »Können wir nach dem Essen wandern gehen? Dorthin, wo wir das letzte Mal waren?«
    »Klar, warum nicht«, erwiderte Patrick. »Das heißt, nein, da fällt mir ein, ich muss heute Nachmittag noch für ein paar Stunden ins Büro. Ich fürchte, wir werden nach dem Essen gleich wieder zurückfahren müssen.«
    Jack seufzte.
    »Das nächste Mal, okay?«, sagte Patrick tröstend.
    Ellen sah ihn an. »Du willst heute noch ins Büro?«
    Patrick warf ihr einen Seitenblick zu. »Äh … ja, hab ich dir das nicht gesagt? Entschuldige. Ich muss unbedingt den Papierkram erledigen. Ich ersticke schon darin.«
    Das bedeutete dann wohl, dass sie sich so lange um Jack kümmern musste. Eigentlich hatte sie sich mit Julia treffen wollen. Siehatten sich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, und Julia war schon ganz gespannt, wie es bei Colleens

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