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Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Alles aus Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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drinnen würde jemand auf sie warten, jemand wie Patrick.
    Sie dachte an Saskia, die konsequent ihr Ziel verfolgte, nämlich Patrick zurückzuerobern. Sie hatte all die Jahre durchgehalten. Sie war eine attraktive, intelligente Frau, sie hätte jeden anderen Mann haben können, aber sie wollte nur Patrick. Das mochte gegen jede Vernunft sein, aber es zeugte von Beständigkeit und Treue.
    Ellen wusste, dass sie Patrick nicht mit der gleichen verbissenen Bedingungslosigkeit liebte. Sie hatte noch nie jemanden so sehr geliebt, dass sie einen Einbruch begehen würde. Sie war noch nie so sehr von ihren Gefühlen überwältigt worden, dass sie ein Gesetz übertreten oder etwas tun würde, das gesellschaftlich inakzeptabel war. Sie konnte Julia und Madeline sagen hören: Das ist doch gut, du Dummerchen! Das ist geistige Reife! Das ist gesunder Menschenverstand!
    Ellen seufzte. Sie streckte ihre Hand nach dem Zündschlüssel aus und ließ sie wieder in ihren Schoß zurückfallen. Ein junges Paar ging draußen vorbei. Sie stritten sich. Plötzlich machte die Frau mit einer ungeduldigen, wegwerfenden Handbewegung auf dem Absatz kehrt und marschierte davon. Der Mann blieb unschlüssig stehen. Lauf ihr nach, dachte Ellen. Genau das will sie nämlich. Aber er presste seine Kiefer aufeinander, zuckte die Achseln, schob seine Hände in die Hosentaschen und stapfte in die entgegengesetzte Richtung.
    Ellen dachte über das nach, was sie beim Essen zu ihren Freundinnen gesagt und was sie nicht gesagt hatte.
    Seit so vielen Jahren predigte sie ihren Patienten: »Beziehungen sind harte Arbeit«, aber sie selbst hatte offenbar nie begriffen, wie wahr dieser Satz war. Wahrscheinlich hatte sie unbewusst gedacht, Beziehungen seien nur für andere harte Arbeit, aber doch nicht für sie, nicht für jemanden mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten und ihrer emotionalen Intelligenz. Kaum zu glauben, diese Arroganz!
    Nach der Fahrt in die Berge hatten sie und Patrick sich später an jenem Abend natürlich wieder versöhnt. Ellen hatte eine Erleichterung verspürt, die so göttlich gewesen war, dass sich ihre Auseinandersetzung fast gelohnt hatte.
    »Es war meine Schuld«, hatte sie edelmütig gesagt.
    »Nein, es war ganz allein meine Schuld«, hatte Patrick erwidert und ihr erklärt, mit welchem Problem er sich herumschlug: ein Kunde, der sich weigerte, eine Rechnung über eine ziemlich hohe Summe zu bezahlen. Außerdem habe er Saskia vor dem Haus im Auto sitzen sehen, als sie zu ihrem Ausflug in die Berge aufgebrochen seien. »Ich glaube, ich habe unbewusst meinen Stress an dir ausgelassen«, fügte er hinzu. Er tat sein Bestes, um in ihrer Sprache zu sprechen, was sie irgendwie süß fand.
    Als er hörte, dass Ellen ihre Verabredung zum Kaffee mit Julia abgesagt hatte, weil sie auf Jack aufpassen musste, war er außer sich.
    »Warum hast du mir das nicht gesagt? Das ist doch lächerlich!«
    »Ich weiß auch nicht«, sagte Ellen. »Ich wollte mich wohl wie eine richtige Mutter benehmen.«
    »Du bist eine richtige Mutter«, erwiderte Patrick mit Nachdruck. »Ich finde es großartig, wie du mit dem Jungen umgehst. Es gibt nichts, was du besser machen könntest. Ich hätte nicht einfach davon ausgehen dürfen, dass du Zeit hast.«
    »Na ja, ich hätte dir eben früher von meinen Plänen erzählen sollen.«
    »Kein Wort mehr!«, befahl er ihr im Scherz. »Das werde ich ganz allein auf meine Kappe nehmen und Buße tun.«
    Dann hatte er ihr die Füße massiert, und Ellen war sich darüber im Klaren gewesen, dass sie auf keinen Fall Saskias Kekse erwähnen durfte. Die Massage wäre augenblicklich vorbei gewesen, und Patrick wäre in höchster Erregung auf und ab gewandert und hätte geschimpft und geflucht.
    Noch später an diesem Abend hatte er tatsächlich zwei Kartons aus dem Flur geschafft. Er hatte sie ins Esszimmer geschleift und dabei Spuren auf dem Teppich ihrer Großmutter hinterlassen, die aussahen wie Reifenspuren eines Monstertrucks. Ellen hatte vor ihrem inneren Auge das fassungslose Gesicht ihrer Großmutter gesehen und daran gedacht, wie viele Male sie sie dabei überrascht hatte, wie sie auf Händen und Knien ein winziges Fleckchen beseitigte, das niemand außer ihr sah.
    Entschuldige, Granny.
    Die restlichen Kartons standen immer noch im Flur. Sie wirkten so, als hätten sie sich dauerhaft dort niedergelassen. Ellen vermochte sich allmählich kaum noch vorzustellen, dass sie ihren Platz irgendwann räumten.
    Sie drehte den Schlüssel

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