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Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Alles aus Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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ihre eigene Mutter, der während ihrer Schwangerschaft kein Mann zur Seite gestanden hatte.
    Ja, Ellen hatte Glück. Sie bekam mehr Liebe, als ihr im Prinzip zustand. Vielleicht war genau das das Problem: Sie war in puncto Bewunderung viel zu verwöhnt.
    Sie würde einfach vergessen, was Patrick über Colleen gesagt hatte. Sie würde nicht mehr daran denken, es nie irgendjemandem erzählen, und vor allem würde sie ihn nicht darauf ansprechen.
    Ja, genau das würde sie tun. Es würde nicht einfach sein, aber es war das Richtige.
    Der Fahrer hinter ihr hupte höflich. Ellen warf einen Blick auf die Ampel und sah, dass sie auf Grün geschaltet hatte, während sie dagesessen und sich edel und großherzig gefühlt hatte. Sie hob entschuldigend die Hand und trat aufs Gaspedal.
    Du hast Glück, schärfte sie sich ein.
    »Das heißt, Sie werden in den nächsten Monaten viel Hilfe brauchen«, fasste mein Arzt noch einmal zusammen. Er kam mir sehr jung vor mit seinen geröteten, babyglatten Wangen. Ich glaube, ich werde alt.
    Ich weiß noch, als meine Mutter im Krankenhaus war, konnte sie sich gar nicht beruhigen, weil ihre Ärzte so furchtbar jung waren. »Ich muss andauernd kichern«, flüsterte sie mir zu. »Sie hören sich alle so ernst an, aber sie sehen aus wie Kinder, die sich als Ärzte verkleidet haben!«
    Aber die »Kinder« wussten, wovon sie redeten. »Weihnachten dürfte sie vermutlich noch erleben, aber danach wird ihr nicht mehr viel Zeit bleiben«, sagte mir einer von ihnen.
    Ich war nicht da, als sie starb. Ich musste nach Hause, weil Jack eingeschult wurde. Komisch, dass ich daran als an mein Zuhause dachte.
    Mein Arzt bestätigte mir, was ich bereits von Ellen erfahren hatte: Ich hatte mir das Becken und einen Knöchel gebrochen. Ich sollte am nächsten Tag operiert werden. Ich würde sechs Wochen ans Bett gefesselt sein.
    Ich fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bis Jacks gebrochener Arm wieder verheilt war.
    »Ich habe keine Familie«, sagte ich. Ich weiß auch nicht, warum ich das sagte. Vielleicht dachte ich, er könne mir eine verschreiben.
    »Nun, dann werden Sie die Hilfe von Freunden in Anspruch nehmen müssen«, erwiderte er. »Die Frau, die Sie vorhin besucht hat. Sie schien sehr besorgt, wie eine gute Freundin.«
    Er meinte Ellen.
    »Hmm«, machte ich. »Ich glaube nicht, dass sie mich noch einmal besuchen wird.«
    »Oh. Nun, wie schon gesagt, Sie werden Hilfe brauchen, vielleicht schuldet der eine oder andere Ihnen noch einen Gefallen, den Sie einfordern können. Keine Angst, die Leute helfen gern. Das gibt ihnen ein gutes Gefühl. Das Gefühl, nützlich zu sein, wissen Sie. Sie werden staunen, wie hilfsbereit Freunde sein können, wenn es darauf ankommt.«
    »Sie haben sicher recht«, entgegnete ich.
    Ich brachte es nicht über mich, ihm zu sagen, dass ich weder Freunde hatte, die sich hilfsbereit zeigen könnten, noch in ein soziales Geflecht eingebunden war; dass es niemanden gab außer mir, niemanden, den ich um Hilfe hätte bitten können. Dieser Mann hatte keine Ahnung, dass es tatsächlich Leute wie mich gab – Leute, die nach außen hin völlig normal, sogar gebildet wirken, aber in Wirklichkeit so einsam sind wie ein Obdachloser.
    Dann fiel mir ein, dass es sehr wohl einen Unterschied gab zwischen mir und einem Obdachlosen: Ich habe Geld. Und ich dachte: Ich werde eben jemanden für seine Hilfe bezahlen. Es gibt doch sicherlich eine Art Dienstleister für Leute wie mich.
    »Sie werden das schon schaffen«, sagte der Arzt.
    Ich versuchte, höflich zu lächeln, aber meine Gesichtsmuskeln weigerten sich, so als ob ihnen die entsprechenden Bewegungen völlig fremd wären, als ob ich noch nie zuvor gelächelt hätte.
    Der Arzt drückte mir den Schalter für die Schmerzpumpe in die Hand und tätschelte mir tröstend die Schulter. »Nehmen Sie was gegen die Schmerzen. Genießen Sie es, solange Sie noch können. Wir werden Sie noch früh genug entwöhnen.«
    Ich drückte auf den roten Knopf.
    Jack schlief tief und fest, als Ellen nach Hause kam. Er lag zusammengerollt auf der Seite, den eingegipsten Arm über der Bettdecke, und sah sehr klein und sehr blass aus.
    »Der Arzt hat ihm ein starkes Schmerzmittel gegeben«, sagte Patrick leise und zupfte die Decke zurecht. Dann legte er Jack einen Augenblick seine Hand auf die Stirn. »Er wird sicher ein paar Stunden schlafen.«
    Als sie nach unten gingen, spürte Ellen, wie es in Patrick zu sieden begann. Im Wohnzimmer ging er erregt auf

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