Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
Hand, das wie ein Lichtschalter aussah. Ich drückte auf den Knopf, und schon Sekunden später durchflutete mich eine flauschige Wärme, kribbelte an meinen Beinen hinauf und verdrängte die Schmerzen.
»Warum sind Sie hier?«, fragte ich. »Warum sind Sie so nett zu mir?« Mein Mund fühlte sich an, als wäre er voller Murmeln, so als hätte ich lange Zeit nicht gesprochen.
Ellen wollte etwas sagen, machte den Mund aber wieder zu, als hätte sie es sich anders überlegt. Dann sagte sie: »Ich weiß es selbst nicht genau. Sie haben mir Angst eingejagt, aber gleichzeitig meine Neugier geweckt. Mein Leben kam mir dadurch, dass Sie uns beobachtet haben, interessanter vor.« Sie schüttelte den Kopf. »In gewisser Weise war ich süchtig nach Ihnen.«
»Sie sollten mich hassen.« Meine Stimme hörte sich fremd an, verwaschen wie die Stimme von jemandem, der einen Schlaganfall erlitten hatte. »Patrick hasst mich.«
»Im Gegensatz zu ihm habe ich keine emotionale Verbindung zu Ihnen. Patrick hasst Sie, weil er Sie einmal geliebt hat.«
»Das ist nett, dass Sie das sagen.«
Meine Nase lief. Ich wollte sie mit dem Handrücken abwischen, aber man hatte mir dort einen Tropf angelegt. Ich zog geräuschvoll die Nase hoch. Es war mir egal. Ich hatte keine Würde mehr, die ich hätte verlieren können.
»Ich bin nicht so nett, wie Sie vielleicht denken. Als ich die Ultraschallfotos in Ihrer Hand sah, hätte ich Sie umbringen können. Ich habe gemerkt, dass auch ich meine Grenzen habe. Ich will Sie nicht in der Nähe meines Babys haben.«
Ihre Augen waren stahlhart geworden.
Die Worte »es tut mir leid« kamen mir in den Sinn, aber sie schienen mir auf beleidigende Weise unangemessen. Stattdessen sagte ich: »Patrick kann sich glücklich schätzen, dass er Sie hat.« Und möglicherweise meinte ich das tatsächlich ernst, möglicherweise würde ich mich in einem fernen, großzügigen Teil meines Ichs sogar für ihn freuen können.
Etwas in Ellens Gesicht veränderte sich kaum wahrnehmbar. »Er ist immer noch in seine erste Frau verliebt.«
»Ja, natürlich«, erwiderte ich. Meine Sinne begannen wegzudriften. »Er liebt Colleen immer noch. Seine erste große Liebe. Aber was soll’s, sie ist tot, oder etwa nicht? Ich habe immer gewusst, dass ich ihn mehr liebte als er mich, aber das hat mich nicht gestört, ich habe ihn so sehr geliebt.«
Eine gewaltige Welle von Müdigkeit riss mich mit sich.
»Ja, das weiß ich.« Ellen stand auf und deckte mich richtig zu, wie eine Mutter es tun würde. »Sie haben ihn geliebt. Und Sie haben Jack geliebt.«
Eine Sekunde lang tauchte ich wieder aus meiner Benommenheit auf. Ich fragte: »Haben Sie mich hypnotisiert?«
Sie lächelte. »Ich habe versucht, Sie zu ent hypnotisieren, Saskia.«
Dann driftete ich wieder weg, und ich hörte sie sagen: »Es ist an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen, Saskia, und all diese Erinnerungen an Patrick und Jack loszulassen. Das bedeutet nicht, dass es nicht geschehen ist oder dass Patrick Sie nicht geliebt hat oder dass Sie Jack keine wunderbare Mutter gewesen sind. Das waren Sie, ich weiß es. Es bedeutet auch nicht, dass Patrick Sie nicht tief verletzt hat. Aber es ist an der Zeit, diese Tür zu schließen. Stellen Sie sich eine Tür vor, eine große, schwere, wuchtige Holztür mit einem altmodischen goldenen Schloss. Und jetzt stoßen Sie diese Tür zu. Wumm! Schließen Sie sie ab. Werfen Sie den Schlüssel weg. Die Tür ist verschlossen, Saskia. Für immer.«
Als ich wieder aufwachte, war das Zimmer leer, und der Besuch der Hypnotiseurin kam mir wie ein Traum vor.
23
Schokolade geht immer!
E LLENS P ATENTANTE P IP
Die Frauenstimmrechtlerinnen haben nicht gehungert, um den Frauen das Stimmrecht zu erkämpfen, nur damit ihr Mädels euch für einen Mann schlank hungert!
E LLENS P ATENTANTE M EL
Du meine Güte, was für einen trivialen Unsinn hatte sie denn da verzapft: Stoßen Sie die Tür zu. Die Tür ist für immer verschlossen.
Die Frau war mitten in der Nacht in ihr Haus eingedrungen und hatte sie und Patrick beobachtet, während sie schliefen. Sie war höchstwahrscheinlich schizophren oder litt an einer bipolaren Störung oder was auch immer. Sie würde eine antipsychotische medikamentöse Behandlung in Verbindung mit einer intensiven Psychotherapie benötigen. Ellens harmlose kleine Bemerkungen waren wie Vitamingaben für eine Patientin, die dringend operiert werden musste.
Und die Tür zu schließen war nicht unbedingt das
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