Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
bereut man es hinterher bitterlich. So ist es mir mit diesem affenähnlichen Typ ergangen, den ich letztes Jahr auf einer Kundenweihnachtsfeier kennengelernt hatte. Er war von einer Rasierwasserwolke eingehüllt und trug mehr Schmuck als ich. Der Sex war nicht schlecht, aber hinterher musste ich gleich unter die Dusche springen und mich gründlich abschrubben, so als wäre ich das Opfer einer Vergewaltigung geworden, und ich weinte und schluchzte und sehnte mich nach Patrick. Den gleichen Ekel vor sich selbst spürt man, wenn man fettiges, ungesundes Junkfood in sich hineingestopft hat.
Ellen würde Junkfood nicht anrühren. Tofu und Linsen sind wahrscheinlich eher ihr Ding. Sie wird entsetzt sein, wenn sie erst Patricks Pizzasucht entdeckt.
Ich möchte ja nicht mit ihr ins Bett gehen, nein, das ist es nicht. Ich möchte nur alles über sie wissen. Ich möchte sie in jeder nur denkbaren Situation beobachten. Ich möchte in ihren Kopf und in ihren Körper schlüpfen. Ich möchte sie sein, für einen einzigen Tag nur.
Keines der Mädchen, mit denen Patrick sich getroffen hat, hat diese Gefühle in mir ausgelöst. Die Sache mit Ellen …
Ihren Namen auszusprechen, gibt mir ein gutes Gefühl.
Bei unserer letzten Sitzung habe ich sie oft beim Namen genannt. »Danke, Ellen.« »Dann bis nächste Woche, Ellen.« Jedes Mal, wenn ich ihren Namen ausspreche, ist es, als würde ich Patrick in sein selbstzufriedenes Gesicht schlagen.
Glaub ja nicht, dass du einen Schlussstrich gezogen hast, mein Freund. Dass du dir ein neues Leben aufbauen kannst, das nichts mit mir zu tun hat. Ich bin immer noch da. Ich werfe mit ihrem Namen um mich. Ich bin in ihrem Haus gewesen. In ihrem Badezimmer. Ich weiß, was für ein Markendeo und welche Tampons sie benutzt. Sie ist nichts Besonderes.
Oder vielleicht ist sie das doch. Vielleicht ist sie sogar zu gut für dich, mein Junge. Sie spielt möglicherweise in einer ganz anderen Liga als du. Als wir.
Was ich sagen wollte: Die Sache mit Ellen ist die, dass ihr Äußeres und ihr Inneres sich entsprechen. Diesen Anschein erweckt sie jedenfalls, so als wäre nichts Gekünsteltes, Gespreiztes an ihr, als müsste sie nicht jedes Wort, das aus ihrem Mund kommt, filtern, damit es auch wirklich den gewünschten Eindruck hinterlässt.
Natürlich hat auch sie irgendeine Art von Filter. Jeder hat das. Aber bei ihr arbeitet dieser Filter, eine einfache Konstruktion, schnell und effizient. Er sortiert sorgfältig alles aus, was den anderen kränken oder beleidigen könnte.
Mein Filter hingegen ist ein Labyrinth aus Röhren und Tunneln und Sieben, das meine Gedanken je nach Situation, je nach meinem Gegenüber und je nachdem, was ich gerade beweisen möchte, in akzeptable Worte umwandelt.
Sie muss nichts beweisen. Sie glaubt wirklich an diesen ganzen »Kraft-der-Gedanken«-Mist. Sie glaubt glühend und leidenschaftlich daran. Es ist sozusagen ihre Religion. Anfangs wirkt sie ein bisschen frömmelnd, aber ich glaube, sie ist tatsächlich ein guter Mensch, im altmodischen Sinn des Wortes. Sie wünscht sich für alle nur das Beste. Wir beide dagegen sind fehlerhaft, Patrick. Wir wünschen nicht jedem Gutes, nicht wahr?
In ihrer Gegenwart komme ich mir wie eine Betrügerin vor,und das nicht nur aus den bekannten Gründen. Auch wenn ich mich zu erkennen gäbe, wäre mir der Unterschied zwischen ihr und mir deutlich bewusst.
Ich kann verstehen, warum du denkst, du seist in sie verliebt, Patrick. Ich kann es wirklich verstehen. Ich bin auch ein klein wenig in sie verliebt.
Es ist nur … Dieser erste Heilige Abend, den wir zusammen verbrachten, wir lagen auf dem Rücken wie Sonnenanbeter, als wir einschliefen. Wir hielten uns an den Händen und hatten noch den Geschmack von Himbeeren im Mund, von diesem köstlichen Likör, den wir von Stinky geschenkt bekamen, und über uns an der Decke drehte sich der Ventilator, und das Zimmer schien ganz sanft zu schlingern, und ich weiß noch, wie ich dachte, dass wir wie zwei Kinder waren, die auf einem Floß einen Zauberfluss hinuntertrieben.
Diese Nacht gab es wirklich. Es ist mir egal, wie süß oder unschuldig Ellen ist, diese Nacht gab es wirklich. Für dich und mich.
Als Ellen noch nicht existierte.
Weißt du noch, wie wir beide für Cameron Diaz schwärmten?
Und so sollte es mit Ellen sein. Wir sollten sie irgendwo bei einem Abendessen kennengelernt haben, und auf dem Heimweg hätten wir uns darüber unterhalten können, wie reizend sie war und wie
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