Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
allmählich, und sie hörte auf, ihre Blicke suchend über die Menge schweifen zu lassen. Sie freute sich für Patrick. Der Arme hatte ein entspanntes Wochenende wirklich verdient.
Sie war sich nicht sicher, welche Empfindungen der Gedanke, dass Saskia in ihrem Haus gewesen war, in ihr hervorrief. Angst? Wut? Das Gefühl, missbraucht worden zu sein?
Sie sann darüber nach, als sie von ihrem Mittagsschläfchen aufwachte, eng an Patrick geschmiegt, seine Finger mit ihren verschlungen.
All diese Gefühle waren möglich. Wenn sie an Saskia dachte, wie sie ihr gegenübergesessen, ihr etwas vorgespielt, sie heimlich beobachtet hatte, dann empfand sie tatsächlich Angst, aber auch Zorn. Was wollte sie von ihr? Was hatte sie vor? Wie konnte sie es wagen? Diese Unverfrorenheit!
Und trotz allem war Ellen immer noch neugierig, jetzt sogar noch neugieriger als vorher. Regelrecht fasziniert. Unter ihrer Furcht empfand sie … nein. Nein, das konnte nicht sein. Und doch war es so: Sie empfand einen Anflug von vergnügter Erregung. Es gefiel ihr, dass sich jemand in solchem Maße für sie interessierte. Das machte alles irgendwie reizvoller, prickelnder. So ungefähr musste man sich als Prominenter fühlen. Alles, was man tat, schien wichtig und beachtenswert. Vielleicht hatte Ellen aber auch eine Charakterschwäche, die jene Saskias perfekt ergänzte. Sie war das Yin, und Saskia war das Yang, und gemeinsam bildeten sie ein psychopathisches Ganzes.
Oder versuchte sie am Ende nur, Saskia nachzueifern und sich als auf abartige Weise interessant darzustellen?
Wie auch immer, irgendwann würde sie Patrick von Saskias Betrugsmanöver erzählen müssen. Aber nicht jetzt und hier, sie wollte ihm diese kleine Auszeit vom wirklichen Leben auf keinen Fall verderben. Sie würde es ihm nach ihrer Rückkehr nach Sydney sagen. Und dann war da ja noch die Sache mit der Schwangerschaft. Das Baby .
Patricks Hand schloss sich fester um ihre, als er aufwachte.
»Hallo, du«, murmelte er gähnend und fuhr über ihre Schulter und weiter über ihre Taille bis zu ihrer Hüfte, wo er seine Hand liegen ließ. »Gut geschlafen?«
»Wie ein Baby«, antwortete sie mit fester Stimme.
»Mmm. Ich auch.«
Nachdem sie aufgestanden waren, schlug Patrick einen Spaziergang vor. Er zog Ellen ans Fenster. »Siehst du die Landzunge dort? Gleich am Eingang zum Nationalpark gibt es ein Plätzchen, von wo aus wir den Sonnenuntergang bewundern können. Na, wie klingt das?«
»Wunderbar«, sagte Ellen.
Und das war es auch.
Auf der Landspitze standen ein Tisch und Stühle. Das üppige Grün des Nationalparks hob sich vom Tiefblau des Meeres ab. Der Himmel war in Rosa und Blau und Orange getaucht. Patrick hatte eine teure Flasche Champagner gekauft, dazu Käse und Cracker und Erdbeeren. Aus der Minibar im Hotel hatte er zwei Champagnergläser mitgebracht, die er sorgfältig in sein Strandlaken eingewickelt hatte.
»Ich bin beeindruckt«, sagte Ellen.
»Das hoffe ich«, erwiderte Patrick stolz.
Ellen beschloss, ein Glas Champagner mitzutrinken. Ein gelegentliches Gläschen Wein werde mit Sicherheit kein fetales Alkoholsyndrom auslösen, hatte ihre Mutter gemeint.
»Auf uns!« Patrick stieß mit ihr an. »Und darauf, dass wir noch viele Wochenenden wie dieses erleben werden.«
»Und darauf, dass wir noch viele Male mit einem Champagner wie diesem anstoßen werden«, ergänzte Ellen. Der Champagner war ausgezeichnet.
»Und darauf, dass – hoppla, Moment, mir ist was runtergefallen.«
»Was denn?« Ellen schaute verdutzt zu, wie er den Boden suchend abtastete.
Patrick antwortete nicht. Er richtete sich langsam und unbeholfen auf wie ein alter von Arthritis geplagter Mann.
»Hast du dir wehgetan?« Ellen stand auf und wollte ihm zu Hilfe kommen.
»Setz dich wieder hin! Mir fehlt nichts.« Er sah aus, als müsste er sich das Lachen verkneifen.
»Was in aller Welt tust du da?«
»Ellen«, sagte Patrick mit tiefer, bedächtiger Stimme. Sein Gesicht hatte einen dummen, schüchternen Ausdruck angenommen, so als spielte er bei einer Scharade mit. Er hatte sich vor sie hingekniet und streckte ihr auf seiner Handfläche ein kleines schwarzes, samtenes Etui entgegen.
O mein Gott, er machte ihr einen Antrag! So einen richtigen altmodischen Heiratsantrag auf Knien und mit einem bereits gekauften Verlobungsring. Wie wundervoll!
Und wie seltsam quälend.
Ellen wurde durch eine Bewegung hinter Patrick abgelenkt. Am Aussichtspunkt stand jemand und fotografierte den
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