Alles außer Mikado: Leben trotz Parkinson (German Edition)
Pilgerreise vom Zweifel zum Glauben weiter zu begleiten.
Der Autor dieses umfangreichen und kunstvoll gegliederten biblischen Buches stellt sich nicht vor, er hinterlässt keine Spur einer chronologischen Einordnung, wie z. B. die Regierungszeit eines Königs. Er verrät nichts über seine Verwandtschaftsverhältnisse. Er macht nur eine Ortsangabe: Uz, ein fruchtbares Land im Osten Judas. Ziemlich weit weg.
Der Hauptdarsteller heißt Hiob, oder Iob, oder Jupp, oder Hans. Ein Allerweltsname. Er war reich und fromm. Das klingt wie eine uralte Variante der Geschichte »Hans im Glück«, die den Weg in den alttestamentlichen Kanon gefunden hat.
17.
Eine ziemlich unanständige Wette
Die Geschichte Hiobs beginnt mit einer Wette zwischen Gott und Satan. Wie befremdlich ist das? Auf welches Niveau begibt sich hier der allmächtige Gott?
Tatsächlich, Gott und sein Gegenspieler wetten bei einer Audienz im Himmel um Hiob. Goethe hat dieses Bild im »Prolog im Himmel« in Faust, Teil eins, aufgenommen.
Die Geschichte ist nach dem Vorbild altorientalischer Erzählkunst komponiert. Es gibt transzendente Episoden, Dialoge zwischen Gott und Satan im Himmel. Und es gibt eine irdische Biografie, eine Geschichte unglaublicher Abgründe. Eine vom Geist Gottes inspirierte Glaubensgeschichte in der literarischen Form einer Novelle überliefert. Verfasser unbekannt. Datierung unbekannt.
So, wie Jesus die großen Themen seiner Botschaft in der Form von Parabeln erklärt hat, so spricht Gott in der Hiobsgeschichte wie in einem Gleichnis zu uns, weil wir es anders nicht fassen könnten.
Die Dialoge zwischen Gott und Satan sowie Hiob und seinen Freunden folgen einer besonderen sprachlichen Systematik und zeigen einen anspruchsvollen literarischen Aufbau. Das Hiobbuch ist eine ungeheuer tief gehende und schmerzliche Erzählung, die aber durch unzählige Schicksale, die sich im Laufe der Menschheitsgeschichte zugetragen haben, gedeckt ist. Hiob ist jederzeit und überall. Dieses Drama wird ständig erlebt, nicht aufgeführt. Wir stehen in der Arena – mittendrin, nicht auf der Tribüne. Hiob passiert ohne Publikum. Hiob ist »live«.
Das biblische Buch Hiob ist ein kostbares Unikat alttestamentlicher Weisheitsliteratur, das seit Generationen Menschen in Krisenzeiten Halt und Trost gegeben hat. Einer meiner Freunde erzählte mir, dass er ohne die intensive Beschäftigung mit Hiob den frühen Tod seines Kindes nicht überstanden hätte. Und das ist Hiobs Botschaft für mich:
Reduzierung auf das Wesentliche: Distanz zu Hab und Gut
Ehrfurcht vor Gott: von der Kapitulation zur Kontemplation
Einüben der Klage: die neue Qualität meines Gebets
Chancen und Grenzen der Beratung: das Leben teilen
Erfahrung der Rehabilitation: erlöst, entschädigt, gesegnet
Vor dieser Einsicht stand – und steht immer noch – mein geistiger Kampf mit der Botschaft dieses skandalösen, fragwürdigen und doch so heilsamen Schriftstückes.
Wenn ich glauben müsste, dass dieses Buch eine historisch-authentische Biografie darstellen würde, könnte ich an dieser Wette verzweifeln, denn das wäre eine furchtbar gemeine Geschichte. Gott testet einen seiner besten Erdenbürger und nimmt ihm alles weg, nur um mit seinem Widersacher zu wetten? Er wettet auf die Köpfe der Kinder Hiobs.
Herr, Gott, muss das sein?
Hiob, der Hauptdarsteller dieser Erzählung, Vater von sieben Söhnen und drei Töchtern, ist der erfolgreichste Großagrarier weit und breit. Seine Viehbestände sind in symbolischen Zahleneinheiten dokumentiert. 7000 Schafe und 3000 Kamele, das macht 10 000 Stück. 500 Esel und 500 Joch Rinder, das macht 1000 Zähleinheiten. Die Viecher erscheinen in der Bilanz der »Hiob-Agrar- KG «. Die Belegschaft, das »Humankapital« hingegen nicht, das wollte keiner zählen. Die Mitarbeiterschaft wird als »größer als alle, die im Osten wohnten« (Hiob 1,3) bezeichnet.
Reich und gesund statt arm und krank! Es wird von Hiob berichtet, dass er das Böse mied und sehr gottesfürchtig war. Das war eine einfache Rechnung: Er lebte zur Ehre Gottes, darum machte Gott ihn reich. Reich an Grundbesitz und Vieh. Reich an Söhnen und Töchtern. Und wenn die Jungs mal einen draufmachten, ging Hiob hin und brachte die kleinen und großen Ausrutscher durch die Darbringung eines Opfers vor Gott wieder in Ordnung.
So weit, so gut. Gut geglaubt heißt gut gelebt. Viel geopfert, viel geerbt. So fangen manche guten Geschichten an. Wenn die Kasse stimmt und alle gesund sind, dann
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