Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)
hatte einfach Angst, dass du wütend bist, weil du doch immer gesagt hast, dass Botox ein schlimmes Nervengift ist und die Spätfolgen noch nicht erforscht seien.«
»Genauso ist es doch auch!« Carsten läuft sich warm. »Was hättest du denn gemacht, wenn plötzlich dein Augenlid runtergehangen hätte wie bei Karl Dall? … Warum hast du es überhaupt gemacht?«
»Wegen deiner Brille, ich hatte Angst, dass du dann jede einzelne meiner Falten ganz genau sehen kannst!«
Das eben noch wütend zerknautschte Gesicht meines Botox-Gegners fängt plötzlich an zu zucken. Carsten sagt nichts mehr, guckt konzentriert, bis er seine wütende Stimmung nicht mehr halten kann, und lacht ungehemmt los.
»Wegen der Brille, ich glaub’s ja nicht!«
Ich bin so erleichtert, dass ich mich sofort ganz dicht neben ihn setze, meine Arme um ihn schlinge und mich ankuschle.
»Ich will doch nur schön für dich sein, damit du mich heiratest!« Uups. Nicht gut. Das wollte ich doch nicht sagen! Ich wünsche mir seit einem Jahr, dass Carsten es von selber will, und jetzt das.
»Ich soll dich heiraten?« Er nimmt das Thema nicht ernst. »Aber erst nach der zehnten Schönheits-OP!«
Mein »Noch-nicht-Verlobter« lacht mich an, als sollte ich seinen Scherz mit Applaus honorieren. Dann realisiert er, dass ich es ernst meine.
»Tati, wir sind doch beide schon geschieden!«
»Na und? Was spielt das für eine Rolle? Es gibt Menschen, die sind schon viermal geschieden!«, schreie ich fast vor Empörung über Carstens niederträchtige Argumentation. Seine Augen blitzen bösartig auf, sein Mund kämpft gegen ein tückisches Grinsen an, und seine Mimik zeigt mir, dass er noch etwas Mörder-Lustiges sagen will.
Er hebt belehrend den Finger und äußert: »Wissenschaftler haben herausgefunden: Der Hauptgrund für Scheidungen sind Hochzeiten!«
Wären wir nicht in einer Bar, würde er jetzt aufspringen und wild durch den Raum steppen. So stampft er nur unter dem Tisch mit den Füßen und haut sich auf die Oberschenkel. Eine ältere Dame am Nebentisch schaut kurz und mit einem genervten Heben der Augenbrauen zu uns herüber und wendet sich dann wieder ihrem dekadent wirkenden, siegelberingten Begleiter zu. Ich bin beleidigt. Ich wende mich von dem trampelnden Ungetüm an meinem Tisch ab und dem Siegelring am Nachbartisch zu. Mein amüsierter Scheidungswissenschaftler bemerkt endlich, dass er zu weit gegangen ist, greift meine Hand und fragt: »Du wartest auf einen Antrag?« Ich schaue ihm in die Augen, er senkt seinen Blick. »Ich kann das nicht. Bestimmt habe ich ein Trauma. Meine Ex hat immer Kai Pflaume geguckt und dann von mir verlangt, dass ich mir auch mal so was Tolles einfallen lassen sollte. Umgekehrt hatte ich immer panische Angst davor, dass ich in so einer Sendung vor vollendete Tatsachen gestellt werde.«
»Keine Angst, ich würde nie bei ›Nur die Liebe zählt‹ eine Videobotschaft abgeben oder ein schiefes Liebeslied für dich singen«, sage ich weinerlich.
»Ach Tati. Guck nicht so! Ich liebe dich doch!«
Carsten zieht mich an sich und drückt mich fest an seinen warmen Körper. Der Siegelring guckt lüstern zu mir rüber. Ich schließe dir Augen und schnuppere an Carstens Hals. Carsten streichelt mit seiner Hand über meine mühsam mit Gel und Haarlack aufgerichteten Haare. Er will mich mit dieser Geste beruhigen, obwohl er weiß, dass ich es hasse, wenn er meine Frisur zerstört. Jetzt gibt er mir einen abschließenden Kuss auf den Kopf und damit zu verstehen, dass ich wieder aufrecht neben ihm sitzen soll. Aber ich will nicht. Ungeachtet meines Make-ups kuschle ich mein Gesicht noch fester an sein weißes Hemd und überlege. Was mache ich jetzt bloß? Mama kann ich nicht fragen, ob ich den Termin auf dem Standesamt absagen soll oder nicht. Sie würde sich aus lauter Liebe zu mir mehr Sorgen um meine Zukunft und meinen Marktwert machen als ich selbst. Carsten greift nach meinen Schultern, richtet mich auf und schaut mich an. Bestimmt ist meine Schminke verschmiert und mein Äußeres dadurch eine Bestätigung für ihn, das Richtige gesagt zu haben.
»Weißt du, ich habe gar keine Angst vor dem Heiraten, bin mir aber nicht sicher, ob eine Hochzeit für unsere Liebe so wichtig ist. Was würde eine Hochzeit ändern?«
»Wir würden unsere Liebe vor der ganzen Welt bestätigen, zeigen, dass wir zusammengehören!«, sage ich zu meinem Antragverweigerer.
»Mit zwei Unterschriften vor einem wildfremden Menschen?«
»Na klar,
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