Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)
und du drehst den Schlüssel. Jetzt!«
»Braucht ihr Hilfe?«, fragt Willi. Wahrscheinlich fängt er schon an zu zittern.
»Nee, passt schon«, ruft Lena. Kurz darauf ist der Wagen endlich zu.
Willi marschiert erleichtert vorweg. Er wohnt drei Wagen weiter, auch in der prima fila . Offenbar das Privileg der Stammgäste. Er linst um die Ecke seines Vorzelts, um zu prüfen, ob seine Gattin auch bekleidet ist. Dann trötet er: »Mutti, ich hab Gäste mitgebracht.«
Wir stehen etwas verlegen am Eingang. Wer weiß, ob die Gute auf Besuch eingerichtet ist.
Eine knubbelige kleine Frau mit lustigen Grübchen in ihrem runden Gesicht kommt auf uns zu. Sie sagt: »Mahlzeit.« Dann streckt sie zuerst mir die Hand entgegen: »Rita.«
Nachdem wir uns vorgestellt haben, fragt sie: »Und? Hat er schon euren Grappa leer getrunken?«
»Mensch, Mutti, hör auf!«, sagt Willi. Und dann zu uns: »Kommt, wir machen jetzt erst mal eine Führung durchs Haus.« Er lacht schallend.
»Der ganz neue Südwind«, sagt Willi stolz.
Mir ist nicht ganz klar, wie er das jetzt meint. Draußen geht kein Lüftchen.
»Hallo?«, veralbert mich Lena, »so heißt das Modell. Das ist der absolute Klassiker. Mannmannmann.«
»Deine Frau hat Ahnung. Schau – feinstes Kiefernholz, nicht bloß Furnier. Fußbodenheizung hat er auch«, sagt Willi.
»Wozu brauchst du die denn? Wir haben 32 Grad.«
»Na ja, falls du mal im Frühjahr hier bist. Frag mal deinen Schwiegervater. Der friert sich doch immer seinen«, er macht eine Pause, »Dingens ab.«
Lena schaut sich interessiert das Bad an. Das Waschbecken mit einem gigantischen Schminkspiegel und schicken Staufächern drückt sich in eine Ecke vor der WC-Tür; im Prinzip ein Vorraum wie in einer Gaststätte.
»Darfst du dein Bad benutzen?«, frage ich.
»Ja sicher. Wieso?«
»Och, nur so«, sage ich, während Lena mir diesen Freundchen-pass-bloß-auf-was-du-sagst-Blick zuwirft.
»Kommt ihr?« Rita erlöst mich von diesem aufschlussreichen Fachgespräch.
Sie hat eine weiße Lacktischdecke über den gleichen schäbigen Plastiktisch geworfen, wie wir ihn haben. An den ausgehöhlten dreieckigen Beinen habe ich ihn sofort erkannt. Vermutlich stammt er aus dem Camping-Laden oben am Dorfeingang.
»Wirklich beeindruckend, euer Wohnwagen«, sage ich zu Rita.
»Nach dem Essen zeigt Willi euch auch sicher noch das Vorzelt. Da hat er nämlich vor zwei Wochen eine Küchenzeile mit Gefrierschrank und Spülmaschine eingebaut.« Sie seufzt leicht resigniert. So wie eine unendlich geduldige Frau, die ihren Mann nach 40 Jahren Ehe immer noch von ganzem Herzen liebt und bloß froh ist, dass er noch nicht angefangen hat, im Hobbykeller an einer Atombombe zu basteln.
»Du hast eine Spülmaschine?« Da ist selbst Lena geplättet.
»Ja sicher. Die Mutti hat mich immer zum Abwaschen zu den ganzen Weibern geschickt. Hält doch keiner aus! Mach ich nicht mit!«
»’tschuldigung«, sage ich und stehe kurz auf, auch wenn’s unhöflich ist. Aber dieses Meisterwerk der mobilen Tischlerkunst will ich jetzt sofort sehen. Es ist nicht zu glauben: Willi hat da eine Arbeitszeile errichtet, wie ich sie mir für unsere Küche daheim erträumen würde. Schnörkellos, Vollholz geölt. Rheinische Wertarbeit.
»Unfassbar«, sage ich. Willi strahlt. »Und wie baust du das wieder ab? Irgendwann ist doch so ein Urlaub auch mal zu Ende.«
»Ich hab da überall Scharniere dran. Ziehst du einfach ein paar Schrauben raus, klappst ratzfatz alles wieder zusammen und ab in den Wohnwagen.«
»Den ganzen Winter über hat er an Plänen und Zeichnungen gesessen«, erzählt Rita, »der hat gesägt und gehobelt und gekloppt …«
»… und wisst ihr, was das Beste ist?«, fällt Willi ihr ins Wort. »Den Gefrierschrank kann man sogar an eine Zwölf-Volt-Steckdose im Auto anschließen.«
Lena verschluckt sich vor Lachen fast an einer Tomatenscheibe.
Jetzt bin ich mir endgültig sicher: Willi ist einer von diesen Leuten, die dich samstags im Baumarkt umherirren sehen und dann ausführlich beraten, obwohl sie gar nicht dort arbeiten. Ein Herz wie ein Bergwerk und zwei rechte Hände. Der kann wahrscheinlich sogar mit den Zehen einen Schraubenzieher bedienen.
Für ihn sollte es doch kein Problem sein, mir eine Camping-Klingel zu bauen. Allerdings würde ich ihn gern zuerst auf mein kleines Abflussproblem ansprechen, sobald Lena mal außer Hörweite ist. Abflüsse, denke ich, sind bestimmt Willis Spezialgebiet.
Ich schaue zwischen Lena und
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