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Alles bleibt anders (German Edition)

Alles bleibt anders (German Edition)

Titel: Alles bleibt anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Langer
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Sachlage immer verwirrender für Jakob wurde: Er nickte. Gemeinsam brachten sie Karen in eine horizontale Lage und Frank legte sich daneben. Dann sah Jakob wie Frank auf die zwei Knöpfe drückte, die sich in den Medaillons befanden. Kurz darauf verschwanden Frank und die schwer verwundete Karen in einem grünen, fluoreszierenden Licht.
Zwischenspiel
     
     
Der Herbststurm, der vergangene Nacht über Mainz getobt hatte, hatte deutliche Spuren im Straßenbild hinterlassen. Martha, die gerade ihr Haus verließ, erschien alles grau und schmutzig. Das über Stunden herabstürzende Regenwasser hatte die ungepflasterte Straße vor Marthas Haus in eine einzige matschige Brühe verwandelt, in die sich der Müll und die Fäkalien ihrer Nachbarn mischten. Blätter und Zweige, Äste gar, lagen auf der Straße umher. Bisher hatte noch niemand angefangen, sie einzusammeln, um sie für die aufziehende kalte Jahreszeit als Feuerholz aufzubewahren.
     
Es stank erbärmlich. Dennoch musste Martha hinaus. Schließlich war es ihre Pflicht, bei ihrer hochschwangeren Patientin nach dem Rechten zu sehen.
     
Eine Hebamme kennt kein schlechtes Wetter , sagte sie sich, während sie durch den Schlamm stapfte. Die ersten Fliegen waren bereits wieder aus ihren Schlupflöchern hervorgekrochen.
     
Mit einer rüden Geste verscheuchte sie eine der Schmeißfliegen, die nach oben in den Wipfel eines Kastanienbaums abdrehte.
     
Die Fliege selbst flog geradewegs ins eben fertig gestellte, wunderschön geometrische Netz einer Spinne, an dessen klebrigen Fäden sie zappelnd hängen blieb. Die Vibrationen reichten aus, um den Ast, an dem die Spinne ihr Netz fixiert hatte, in Schwingungen zu versetzen. Schwingungen, die an der letzten Verbindung, die der Ast noch mit dem Baum hatte, zerrten und zogen. Den Sturm hatte der Ast gerade noch überstanden. Ein letzter abschließender Windhauch hätte ausgereicht, der verbindenden Rinde ihre letzte Kraft zu nehmen. Für den Ast gab es keine Zukunft am Baum und die Vibrationen des Spinnennetzes schufen das auslösende Moment.
     
Mit lautem Ächzen löste sich der Ast.
     
Martha sah erschrocken nach oben. Um den Arm hoch zu reißen und ihn schützend über den Kopf zu legen, war es bereits zu spät. Der Ast krachte auf ihren Schädel. Augenblicklich wurde sie bewusstlos und ihr beleibter Körper fiel schmatzend in den Matsch der Straße.
     
Ohrfeigen brachten sie wieder zu sich. Ihr Mann stand über ihr, half ihr auf die Beine.
     
Meine Patientin , dachte sie nur und ließ ihren Mann verwundert zurück, als sie sich rasch wieder auf den Weg machte.
     
Doch als sie bei ihrer Patientin ankam, war es bereits zu spät.
     
Die Hochschwangere war bereits niedergekommen und ohne Marthas Hilfe unter großen Qualen im Kindbett verstorben.
     
Man schrieb den 24. November 1399.
     
Die Frau des Patriziers und Kaufmanns Friele Gensfleisch zur Laden zum Gutenberg war tot, und ihr neugeborener Sohn Johannes ebenso.
     
     
     
     
     

IV.
     
     
Lieber Leierkastenmann, fang noch mal von vorne an,
deine alten Melodien von der schönen Stadt Berlin.
Stehst du unten uff`n Hof,
wird mir jleich ums Herz janz doof;
noch einmal ein junget Blut sein,
noch einmal im Tanz sich zärtlich drehn.
Lasst man, Kinder, lasst man jut sein,
ach, die alte Zeit war auch sehr schön.

'Lieber Leierkastenmann'
Claire Waldoff, 1928
     
     
     
     

1
     
    Zum zweiten Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden glaubte Frank Miller, einen Engel zu sehen. Als ihn die Metallplatte aus dem fluoreszierenden Grün des Metallquaders heraustransportierte, war das erste, das er wahrnahm, der überraschte Gesichtsausdruck einer Frau mit einer blonden Löwenmähne. Die Überraschung wich für ein, zwei Sekunden einem freundlichen Lächeln. Die Augen der Frau signalisierten für einen Moment einen Willkommensgruß, bevor sie sich vor Schrecken weiteten.
Die Frau hatte all das Blut entdeckt, das die Kleidung, die Hände und das Gesicht Frank Millers verklebte. Schnell erkannte sie, dass nicht der fast unversehrt vor ihr liegende Körper die Ursache sein konnte und wandte ihren Blick nach links.
Franks Augen folgten den ihren und er beobachtete, wie vor einem Quader neben dem seinen gerade eine weitere Transportplatte zum Stehen kam. Karen lag darauf. Sie bot einen erbärmlichen Anblick. Ihr Blut quoll nach wie vor aus ihrer offenen Bauchwunde hervor, doch es rann inzwischen mit deutlich weniger Kraft aus ihrem Leib. Die Blau-Töne ihrer Bluse und ihres

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