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Alles fuer die Katz

Alles fuer die Katz

Titel: Alles fuer die Katz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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kleineren Operationen üblich, merkte man ihnen keinerlei Nachwirkungen an, doch sie hatten unverkennbar unangenehme Erinnerungen an mich. In den nächsten Wochen ließen sie Helen bei der Fütterung ganz nahe an sich heran, flohen jedoch bei meinem Anblick sofort. All meine Bemühungen, Ginny einzufangen, um den einen kleinen Faden am Sterilisationsschnitt zu ziehen, waren fruchtlos. Der Faden blieb dran, und ich sah ein, Herriot war für immer auf die Rolle des Übeltäters festgelegt, jenes Finsterlings, der einen packte und in einen Drahtkäfig stopfte, sobald man ihm nur halbwegs die Gelegenheit dazu gab.
    Es stellte sich bald heraus, dass es so auch bleiben würde, denn im Verlauf der Monate, in denen Helen sie mit allen möglichen Leckerbissen versorgte und sie zu wirklich schönen, geschmeidigen Katzen heranwuchsen, kamen sie stets, einen Buckel machend, auf der Mauer anspaziert, wenn sie an der Hintertür auftauchte, doch ich brauchte nur den Kopf aus der Tür zu stecken, dann flitzten sie davon und waren nicht mehr zu sehen. Ich war der Bursche, vor dem man auf der Hut sein musste, und das wurmte mich, weil ich Katzen immer gern gehabt hatte und an diesen beiden ganz besonders hing.
    Schließlich kam der Tag, an dem Helen sie sanft streicheln konnte, während sie fraßen, und dieser Anblick verdross mich noch mehr.
    Gewöhnlich schliefen sie im Holzschuppen, doch ab und zu verschwanden sie auch irgendwohin und blieben ein paar Tage weg, und dann fragten wir uns jedes Mal, ob sie uns verlassen hatten oder ob ihnen etwas passiert war. Wenn sie wieder auftauchten, rief Helen mir mit großer Erleichterung zu: »Sie sind wieder da, Jim, sie sind wieder da!« Sie waren zu einem Teil unseres Lebens geworden.
    Der Sommer ging in den Herbst über, und als der bitterkalte Yorkshire-Winter anfing, staunten wir über ihre Zähigkeit. Uns war schrecklich zumute, wenn wir von der Küche aus zusahen, wie sie in Frost und Schnee draußen saßen, doch wie rau das Wetter auch sein mochte, nichts konnte sie dazu bewegen, einen Fuß ins Haus zu setzen. Wärme und Behaglichkeit ließen sie völlig kalt.
    Bei schönem Wetter hatten wir viel Spaß dabei, ihnen zuzuschauen. Wir konnten von unserer Küche den Schuppen einsehen, und es war faszinierend zu sehen, wie glücklich sie miteinander waren. Richtig gute Freunde. Unzertrennlich, wie sie waren, brachten sie Stunden damit zu, einander zu lecken und im zärtlichen Spiel verknäult umherzutollen, und nie schubste eine die andere beiseite, wenn sie ihr Futter bekamen. Abends sahen wir die beiden kuscheligen Gestalten eng aneinander geschmiegt im Stroh liegen.
    Dann kam eine Zeit, in der wir glaubten, alles habe sich für immer verändert. Wieder einmal verschwanden die Katzen, und uns wurde Tag für Tag banger zumute.
    Jeden Morgen rief Helen: »Olly, Ginny!«, worauf die beiden früher unweigerlich aus ihrer Behausung getrottet gekommen waren, doch jetzt tauchten sie nicht auf, und nachdem eine Woche vergangen war und danach die zweite, hatten wir fast jede Hoffnung aufgegeben.
    Als wir von unserem freien Nachmittag in Brawton zurückkamen, rannte Helen in die Küche und schaute hinaus. Die Katzen kannten unsere Gewohnheiten. Sonst saßen sie immer da und warteten auf sie, doch jetzt stand da nur die lange leere Mauer, und der Holzschuppen war verlassen.
    »Glaubst du, dass sie für immer fort sind, Jim?«, sagte Helen. Ich zuckte die Achseln. »Es sieht allmählich so aus. Du weißt doch noch, was der alte Herbert über die Katzenfamilie gesagt hat. Vielleicht sind sie in ihrem Innersten Nomaden – haben sich neue Jagdgründe gesucht.«
    Helen schaute betrübt. »Ich kann es nicht glauben. Sie waren doch hier so glücklich. Ach, ich hoffe bloß, dass ihnen nichts Schlimmes passiert ist.« Traurig begann sie ihre Einkäufe wegzuräumen, und den ganzen Abend war sie schweigsam.
    Meine halbherzigen Bemühungen, sie aufzuheitern, fruchteten nichts, weil ich selbst die Flügel hängen ließ.
    Am nächsten Morgen hörte ich Helens üblichen Ruf, aber diesmal klang er nicht wie ein Freudenschrei.
    Sie kam ins Wohnzimmer gelaufen. »Sie sind wieder da, Jim«, sagte sie atemlos, »aber ich fürchte, sie sterben.«
    »Was? Was meinst du damit?«
    »Sie sehen grässlich aus. Sie sind schrecklich krank – sie werden bestimmt sterben.«
    Eilig lief ich mit ihr in die Küche und sah aus dem Fenster. Die Katzen saßen kaum einen Meter entfernt nebeneinander auf der Mauer. Ein wässriger

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