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Alles fuer die Katz

Alles fuer die Katz

Titel: Alles fuer die Katz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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Ausfluss lief ihnen aus den fast geschlossenen Augen, Flüssigkeit tropfte auch aus den Nasenlöchern, und Speichel rann ihnen aus den Mündern. Ein fortwährendes Niesen und Husten erschütterte ihren Körper.
    Sie waren dünn und abgemagert, hatten nichts mehr mit den geschmeidigen Wesen gemein, die wir so gut kannten, und der jämmerliche Anblick, den sie boten, rührte uns umso mehr, als sie dort draußen einem schneidenden Ostwind trotzten, der an ihrem Fell zerrte und ihnen beim Versuch, die Augen zu öffnen, noch mehr Schmerzen zufügte.
    Helen öffnete die Hintertür: »Olly, Ginny, was ist denn nur mit euch passiert?«, rief sie.
    Nun geschah etwas Bemerkenswertes. Beim Klang ihrer Stimme sprangen die Katzen vorsichtig von der Mauer und kamen ohne zu zögern durch die Tür in die Küche gelaufen. Es war das erste Mal, dass sie unter unserem Dach weilten.
    »Sieh dir das an«, rief Helen aus. »Ich kann es nicht glauben. Sie müssen wirklich krank sein. Aber was fehlt ihnen nur, Jim? Ob sie eine Vergiftung haben?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, sie haben Katzenschnupfen. „
    »Siehst du das?«
    »Ja, das sind die klassischen Symptome.«
    »Und werden sie sterben?«
    Ich rieb mir das Kinn. »Ich glaube nicht.« Ich wollte einen beruhigenden Ton anschlagen, doch ich hatte Zweifel. Der Virus Rhinotracheitis führte bei Katzen nur selten zum Tode, doch in schlimmen Fällen können die Tiere schon sterben, und diese Katzen waren wirklich übel dran. »Mach auf alle Fälle mal die Tür zu, Helen. Mal sehen, ob sie mich heranlassen, wenn ich sie untersuchen will.«
    Doch beim Anblick der sich schließenden Tür schossen beide Katzen wieder ins Freie.
    »Mach wieder auf«, rief ich, und nach einem Augenblick des Zögerns kamen die Katzen wieder in die Küche spaziert.
    Ich sah sie erstaunt an. »Ist es zu glauben? Sie sind gekommen, weil sie Schutz suchen, weil sie Hilfe brauchen.«
    Und daran bestand kein Zweifel. Die beiden saßen nebeneinander auf dem Boden und warteten darauf, dass wir etwas für sie taten.
    »Die Frage ist«, sagte ich, »werden sie es ihrem heimtückischen Antipoden erlauben, sich ihnen zu nähern? Es ist wohl besser, wir lassen die Hintertür offen, damit sie sich nicht bedroht fühlen.«
    Ich rückte zentimeterweise näher, bis ich sie mit der Hand berühren konnte, und sie regten sich nicht. Wie im Traum hob ich eine nach der anderen hoch und untersuchte sie. Sie leisteten keinen Widerstand.
    Helen streichelte sie, während ich nach draußen zum Auto rannte, in dem sich mein Medikamentenvorrat befand, und holte, was ich benötigte. Ich maß ihre Temperatur. Beide hatten mehr als 40° Fieber, was ganz typisch war. Deshalb gab ich ihnen eine Injektion mit Oxytetracyclin, dem Antibiotikum, das ich bei der Behandlung der bakteriellen Superinfektion, die sich auf den auslösenden Virusangriff draufsetzte, immer am wirksamsten gefunden hatte. Ich gab ihnen auch Vitaminspritzen, säuberte mit Watte die Augen und Nasen von Eiter und Schleim und trug eine antibiotische Salbe auf. Und es kam mir wie ein Wunder vor, dass ich nun diese fügsamen kleinen Körper verarztete, die ich, abgesehen von dem einen Mal, als sie während der Sterilisation in Narkose lagen, nicht einmal hatte berühren können.
    Als ich fertig war, konnte ich den Gedanken nicht ertragen, sie wieder in diesen rauen Wind hinauszuschicken. Ich hob sie noch einmal hoch und steckte mir eine unter jeden Arm.
    »Helen«, sagte ich, »wir wollen es noch einmal versuchen. Würdest du bitte ganz sacht die Tür zumachen.«
    Sie ergriff den Türknauf und begann ganz langsam zu schieben, doch sofort sprangen beide Katzen wie zurückschnellende Sprungfedern von meinen Armen und schossen in den Garten hinaus. Wir sahen ihnen hinterher, bis sie unseren Blicken entschwanden.
    »Das ist wirklich außergewöhnlich«, sagte ich. »So krank, wie sie sind, können sie es trotzdem nicht ertragen, eingeschlossen zu sein.«
    Helen war den Tränen nahe. »Aber wie werden sie es da draußen aushalten? Sie sollten doch im Warmen sein.«
    »Das kann ich auch nicht sagen.« Ich schaute in den leeren Garten. »Aber wir müssen einsehen, dass das ihre natürliche Umwelt ist. Sie sind zähe kleine Burschen. Ich glaube, sie kommen wieder.«
    Ich behielt Recht. Am nächsten Morgen saßen sie vor dem Fenster, die Augen vor dem Wind geschlossen, das Fell auf ihren Gesichtern von dem starken Ausfluss verschmiert und verklebt.
    Wieder machte Helen die Tür auf,

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