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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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hörte immer nur Kinder.
    »Muss ich da«, so hämmerte es mir im Kopf, »etwa mit diesen kleinen Monstern Familie spielen?«
    »Wir halten der Reaktion ne breite Front entgegen, näh«, meinte Terror dann abschließend.
    Reaktion? Wer ist denn wieder Reaktion? Und wer will mich der entgegen halten? Fragen über Fragen.
    Dann war der Tag des Sauf-, Trink- und Musikfestes gekommen.
    Der Langhaarige hatte mir ein paar Würste mitgebracht und packte mich in einen Korb, in den er vorher – sehr freundlich, junger Mann, sehr freundlich – eine Decke gelegt hatte. Dann ging er los. Abgesehen von einigen alten Tanten, die bei meinem Anblick in Ausrufe wie »Huch, wie süß« und »Was ist denn das für ein liebes Kätzchen!«, verfielen, war es ein hübscher Spaziergang bis zur Bushaltestelle.
    Es war übrigens meine erste Busfahrt – allerdings ist Hellenthal-Schleiden nicht unbedingt eine Strecke wie Paris-Dakar.
    In Schleiden ging meine Sippschaft zu einem Haus, das sie »Jugendtreff« nannten.
    Überall hingen große Papiere mit noch größeren Sprüchen rum.
    Zu allem Überfluss waren nur Menschen da, die genau so aussahen wie die Sackpfeifen meiner Wohngemeinschaft. Bei den Männern setzte sich noch immer die Mode der dicken grauen Wollsocken durch, bei den Frauen ein neuer Mut zur Hässlichkeit. Später erfuhr ich, dass meine Eifler WGler wohl zwanzig Jahre hinter einem Trend herdackelten.
    »Dackelten« erinnert an »Dackel« – ihr versteht meine Abscheu.
    Bestimmt gab es in dieser Szene eine Zeitung, die gerade eine Serie zum Thema »Wir machen weniger aus Ihrem Typ« veröffentlichte.
    Die seltsame Zusammenrottung begrüßte sich stürmisch – einige streckten sogar die Faust hoch, ich glaube aber, das war nicht so ernst gemeint. Und dann, ich hielt es im Kopf kaum aus, ging doch tatsächlich der Langhaarige, ja, ja, mein Langhaariger, nach vorne und hielt eine Rede.
    Der eine Rede – ich hätte vor Freude in eine Ecke pullern können.
    Aber in solchen Häusern gibt es offensichtlich kein Katzenstreu. So schlich ich ganz vorsichtig nach vorne, um auch alles genau zu hören.
    Und dann legte der Langhaarige los. Zunächst blies er in das Ding, das den Ton lauter macht: »Test, ja, Test!«
    Das sah schon sehr albern aus. Nach zweimaligem Pusten sagte er dann: »Ja, könnt ihr mal herhören, ja. Ja, also, wir wollen heute, ja, Solidarität üben, ja.«
    Irgend ein Trottel rief »Bravo« dazwischen.
    Und dann redete der Langhaarige von irgendwelchen Menschen, die mit Baggern irgendwo eindringen und dabei irgendwelche Indianer, die gerade etwas aufbauen, sehr belästigen. Die Indianer müssen allerdings in einer recht ungemütlichen Gegend wohnen, da der Langhaarige immer vom »Regenwald« sprach. Und er meinte, dass diese eindringenden Menschen nicht sehr gute Menschen seien und dies gefälligst sein lassen sollten. Als er fertig war, ich sah ihm an, dass ihm vor Erleichterung ein mittleres Felsengebirge vom Herzen fiel, klatschten viele und riefen »Bravo« und so.
    Und dann ging eine Frau nach vorne, die auch sagte, dass alle mal herhören und den Mund halten sollten. Und diese Frau sagte dann noch, dass man irgendwo in Schleiden zuviel Geld dafür zahlen müsste, dass man in einem Zimmer wohnen dürfte. Und dann sagte sie, dass »da hinten« zu diesem Problem auch bedrucktes Papier liegen würde und sie auch ein Lied geschrieben hätte. Und dann sang diese Erscheinung ein Lied, das sie den »Hausbesetzer-Song« nannte. Sie sang viel, sie sang, dass es mir weh tat und sie sang vor allen Dingen sehr oft. Viele lachten hinter dem Rücken über diese Frau, klopften ihr aber auch auf die Schulter. Dabei, dies nur unter uns, hätte ihr großer Busen eine viel bessere Klopffläche abgegeben.
    Ich schaute mich nach den Reden etwas in dem Haus um. Alle Türen standen offen, überall wurde gegessen und getrunken. Wenn man damit nicht den Indianern in einem weiten Land geholfen hätte, würde ich glatt sagen, dass es genauso zuging wie damals in dem Biergarten, in dem die Leute »Bitburger« tranken.
    Aber hier aßen und tranken die Leute nicht zu ihrem Vergnügen – hier aßen und tranken sie, damit keine fremden Leute die Indianer mit Baggern belästigen.
    Da mich kaum jemand beachtete, wenn man einmal von einigen hässlichen Kötern absah, konnte ich mir alles genau anschauen. Ich geriet bald so richtig in Stimmung und hätte sicher sehr bald auch ein Schüsselchen von dem lustig machenden Trinkzeug verlangt, wenn

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