Alles Glück kommt nie
zusammen.
»Und Nedra?«, fragte sie Yacine, »wo ist sie schon wieder hin?«
»Sie hat einen Goldfisch gewonnen.«
»Tja, das wird sie nicht gesprächiger machen. Los, an die Arbeit.«
Über eine Stunde lang stapelten Charles und Yacine Stühle und bauten Festzelte ab. Das heißt, vor allem Charles. Der Junge war weniger tatkräftig, weil er eine Menge Geschichten zu erzählen hatte: »Du hast die Zunge rausgestreckt, als du diesen Knoten aufgemacht hast. Und weißt du, warum?«
»Weil es eine knifflige Sache ist und du mir nicht hilfst?«
»Nee. Aber wenn du dich auf etwas konzentrierst, beanspruchst du dieselbe Gehirnhälfte, die für deine Motorik zuständig ist. Indem du also absichtlich einen Körperteil blockierst, bist du konzentrierter. Das ist der Grund, warum Menschen, wenn sie ein kompliziertes Problem wälzen, plötzlich langsamer gehen. Verstehst du?«
Charles richtete sich auf und hielt sich den verlängerten Rücken: »He, Herr Enzyklopädist. Würdest du nicht auch gern mal ein bisschen die Zunge rausstrecken? Dann wären wir schneller.«
»Und der stärkste Muskel in deinem ganzen Körper, weißt du, welcher das ist?«
»Ja. Mein Bizeps, wenn ich dich gleich erwürge.«
»Falsch! Deine Zunge!«
»Das hätte ich mir denken können. Los. Pack mal mit an, nimm das andere Tischende.«
Er nutzte es aus, dass sich Yacine mit seinem Großhirn quälte, um ihm seinerseits eine Frage zu stellen: »Ist Kate deine Mama?«
»Tja«, entgegnete er mit diesem hellen Stimmchen, das Kinder gern annehmen, wenn sie uns um den Finger wickeln wollen, »sie sagt zwar nein, aber ich weiß genau, dass sie es doch ist, oder wenigstens ein bisschen.«
»Wie alt ist sie?«
»Sie behauptet, sie ist fünfundzwanzig, aber wir glauben ihr nicht.«
»Ach so? Und warum nicht?«
»Wenn sie wirklich fünfundzwanzig wäre, könnte sie nicht mehr auf Bäume klettern.«
»Da hast du recht.«
Hör auf, dachte Charles, hör auf. Je mehr du suchst, umso weniger verstehst du. Lass die Gebrauchsanweisung sein. Spiel lieber ein bisschen mit.
»Tja, und ich sage dir, dass sie wirklich fünfundzwanzig ist.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das sieht man.«
Als alles gefegt war, fragte Kate, ob er die beiden Kleinen mitnehmen könne.
Während er ihnen auf den Rücksitz half, näherte sich eine Bohnenstange: »Fahren Sie zu den Vesp’?«
»Wie bitte?«
»Zu Kate, meine ich. Können Sie mich und meine Freundin mitnehmen?«
Sie zeigte auf eine andere Bohnenstange.
»Äh, na klar.«
Alle zwängten sich in das kleine Leihauto, und Charles hörte ihrem Geplapper lächelnd zu.
Er war sich seit Jahren nicht mehr so nützlich vorgekommen. Die Anhalterinnen sprachen über eine Disco, in die sie noch nicht durften, und Yacine sagte zu Nedra, dem geheimnisvollenkleinen Mädchen, das wie eine balinesische Prinzessin aussah: »Du wirst nie sehen, wie dein Fisch schläft, er hat nämlich keine Lider, und du wirst denken, dass er dich nicht hört, weil er keine Ohren hat. Aber in Wirklichkeit ruht er sich doch aus, weißt du? Und Goldfische haben das beste Gehör, weil Wasser ein guter Leiter ist und sie eine Knochenstruktur haben, die alle Geräusche zu ihrem unsichtbaren Ohr transportiert, darum äh ...«
Charles konzentrierte sich, um ihm neben den glucksenden Mädchen fasziniert zuzuhören:
»... darum kannst du also doch mit ihm sprechen, verstehst du?«
Im Rückspiegel sah er, wie sie feierlich den Kopf bewegte, von unten nach oben.
Yacine fing seinen Blick auf, beugte sich vor und flüsterte: »Sie sagt fast nie etwas.«
»Und du? Woher weißt du alles, was du weißt?«
»Weiß ich nicht.«
»Dann bist du bestimmt ein guter Schüler?«
Kleine Grimasse.
Und großes Lächeln auf Nedras Gesicht im Rückspiegel, als sie den Kopf von rechts nach links bewegte.
Er versuchte sich an Mathilde in diesem Alter zu erinnern. Aber es klappte nicht. Er erinnerte sich nicht mehr. Er, der niemals etwas vergaß, hatte sie unterwegs verloren. Die Kindheit der Kinder.
Dann dachte er an Claire.
An die Mama, die sie abgegeb...
Yacine, dem nichts entging, legte sein Kinn auf Charles’ Schulter (à la Papagei) und sagte, um ihn auf andere Gedanken zu bringen: »Du bist doch aber froh, dass du die Wurst gewonnen hast, oder?«
»Ja«, antwortete er, »du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich bin.«
»Eigentlich darf ich gar keine essen. Wegen meiner Religion, weißt du. Aber Kate behauptet, Gott ist das egal. Er ist
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