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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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und am lautesten lacht ausgerechnet Mathilde. Ihr glucksendes Lachen führt uns zurück zur Hausmeisterwohnung am Boulevard Beauséjour, zu den Geständnissender wunderbaren Frau meines Bauherrn, die mein Herz und meine Sinne soeben in eine versiffte Malerplane gewickelt hatte.
     
    Ich werde nie erfahren, was dem kleinen Mädchen erspart geblieben ist oder was es eigentlich verdient hätte, aber ich weiß, wie sehr es mir die Arbeit erleichtert hat. Nach dieser letzten »Baustellenbegehung« habe ich nichts mehr von ihr gehört. Sie kam nicht mehr vorbei, war unerreichbar, schlimmer noch, es schien sie nicht mehr zu geben, und ich schickte meine letzten Vorschläge ins Leere.
    Aber sie ließ mir keine Ruhe. Sie ließ mir keine Ruhe. Und da sie zu hübsch für mich war, verfiel ich auf eine List.
    Auch mein trojanisches Pferd war aus Holz. Und ich arbeitete wochenlang daran.
    Es war meine Abschlussarbeit, die ich nie zu Ende gebracht hatte. Mein Gesellenstück, mein Klebstoff-Traum, mein Kieselstein, den ich in den Brunnen warf.
    Je geringer meine Hoffnung auf ein Wiedersehen wurde, desto mehr feilte ich an meiner Arbeit. Machte den besten Handwerkern der Rue du Faubourg Saint-Antoine Konkurrenz, klapperte alle Modellbauläden ab, nutzte sogar einen Londonaufenthalt, um mich zwischen den Katzen einer wunderlichen Omi, Mrs Lily Lilliput, zu verlieren, die fähig war, den Buckingham Palace in einen Fingerhut zu stecken, und bei der ich ein kleines Vermögen ließ. Sie hat mir sogar, ich habe es nicht vergessen, eine ganze Batterie Kuchenformen aus Kupfer angedreht, nicht größer als Marienkäfer. An essential in the kitchen, indeed , versicherte sie, während sie mir die Rechnung – etwas oversized – ausstellte. Eines Tages musste ich dann den Tatsachen ins Auge sehen: Es gab nichts mehr zu verbessern, ich konnte sie nur noch aufsuchen.
     
    Ich wusste, dass sie bei Chanel arbeitete, nahm meinen ganzen Mut zusammen, verband das C von Charmeur mit dem C vonCasanova, nix da, du Angeber, eher das C von Chancenlos mit dem C von Cupido und stieß die Tür in der Rue Cambon auf. Ein wenig zu glatt rasiert, mit Schnittwunden am Kinn, aber sauberem Kragen und neuen Schnürsenkeln.
    Sie wurde gerufen, tat völlig überrascht, spielte mit den Perlen ihrer Halskette, war charmant, ungezwungen und ... Ach, wie grausam das war. Aber ich ließ mich nicht aus der Fassung bringen und lud sie ein, am nächsten Samstag in mein Büro zu kommen.
    Und als ihr Mäuschen mein Geschenk erblickte, vielmehr ihres, und ich ihr zeigte, wie man im schönsten Puppenhaus der Welt das Licht anknipste, wusste ich, dass sich die Sache gut anließ.
    Nach den üblichen Begeisterungsrufen blieb sie jedoch ein wenig zu lange auf den Knien ...
    Entzückt zunächst, dann verwirrt und still, sich bereits fragend, was wohl der Preis für all diese Stunden minutiösester Hoffnung war. Es wurde Zeit für mein letztes Geschoss: »Schauen Sie«, sagte ich und beugte mich über ihren Nacken, »es gibt sogar Marmor hier ...«
    Daraufhin lächelte sie, und ich durfte sie lieben.
     
    »Daraufhin lächelte sie und liebte mich« hätte noch besser geklungen, oder? Wäre stärker, romantischer gewesen. Aber ich traute mich nicht. Weil ich es nicht konnte, glaube ich. Und wenn ich sie heute so ansehe, wie sie mir gegenüber am Tisch sitzt, fröhlich, liebenswürdig, so nachsichtig, so großherzig mit den Meinen und immer noch so verführerisch, so ... Nein, ich konnte es nie ... Nach dem Teppichboden im Restaurant und der Wirkung des Alkohols war Mathilde vielleicht die dritte Verwechslung in unserer Geschichte ...
     
    Diese Art Schwindelanfälle sind neu. Die Selbstbeobachtung, die überflüssigen Fragen zu uns beiden, das ist sonst nicht meine Art. Zu viele Reisen vielleicht? Zu viel Zeitverschiebung,zu viele Hotelzimmerdecken und Nächte ohne Erholung? Oder zu viele Lügen. Oder zu viele Seufzer. Zu viel Handy, das zugeklappt wird, wenn ich leise hereinkomme, Posen und plötzliche Stimmungsschwankungen oder ... In Wahrheit zu viel Nichts.
     
    Es war nicht das erste Mal, dass Laurence mich betrog, und bis jetzt musste ich dabei nicht allzu viele Federn lassen. Nicht dass ich entzückt gewesen wäre, aber es war nun einmal so. Ich hatte mich in die Höhle des Löwen begeben und das Tier nebenbei gestreichelt. Mir war bald klar, dass ich etwas zu hoch gegriffen hatte. Sie hatte sich stets geweigert, mich zu heiraten, wollte keine weiteren Kinder mehr, wollte ...

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