Alles Glück kommt nie
mir gern aus der Nähe ansehen.
Es war sehr heiß, daran erinnere ich mich genau, aber unter den hohen Eichen der Allee fühlten wir uns gleich besser. Einige Bäume waren krank, und ich dachte an die Genomedieser vielen Pilze, die jetzt vermutlich von anderen als mir untersucht wurden.
Samuel fuhr auf seinem kleinen Rad vor uns her und zählte die Bäume, Alice suchte nach Eicheln mit ›Löchern‹, und Hattie schlief in ihrem Buggy.
Trotz der Aussicht auf eine Kerze war meine Stimmung ziemlich trüb. Ich konnte mir nicht vorstellen, worauf wir alle zusteuerten. Auch ich fühlte mich von irgendeiner Krätze oder einem Parasiten geschwächt. Der solitudina vulgaris vielleicht? Vom Laufen und der frischen Luft ganz betäubt, schliefen die Kinder sehr früh ein und überließen mich langen Abenden, an denen ich wieder und wieder über mein Schicksal nachsinnen konnte. Ich hatte wieder angefangen zu rauchen und habe Sie vorhin angelogen. Ich habe sie nicht alle gelesen, die Romane, die ich mitgebracht hatte. Aber ich las Haikus. Ein Büchlein, das ich von Ellens Nachttisch stibitzt hatte.
Ich machte Eselsohren in Seiten, auf denen stand:
Von Schmetterlingen
Bedeckt steht der tote Baum
In voller Blüte!
Oder:
Sorglos und ruhig
Auf Graskissen gebettet
So ging ich dahin.
Aber das Einzige, was mich damals wirklich verfolgte, hatte ich an einer Toilettentür auf dem Campus gelesen:
Life’s a bitch
And then
You die.
Ja. Das klang gut.«
»Trotzdem erinnern Sie sich daran«, warf Charles ein. »An die japanischen, meine ich.«
»Das ist nicht weiter überraschend. Heute liegt das Bändchen bei uns auf der Toilette«, antwortete sie lächelnd.
»Weiter im Text. Wir haben die Brücke überquert, und die Kinder waren wie in Trance. Frösche! Wasserspinnen! Libellen! Sie wussten nicht, wohin sie zuerst schauen sollten.
Samuel hatte sein Rad abgestellt, und Alice hielt mir ihre Sandalen hin. Ich habe sie eine Zeitlang spielen lassen und Binsen und Wasser... – ranunculus aquatiis – für sie gesammelt. Dann hat sich Harriet, die ich oben im Buggy zurückgelassen hatte, bemerkbar gemacht, und wir sind mit unseren Schätzen zu ihr gegangen. Anschließend – ich weiß nicht, was Sie gestern Abend dachten, als Sie mit Lucas hierhergekommen sind, aber für mich waren diese Mäuerchen, dieser Hof, dieses unter Wein versteckte Häuschen und die vielen Gebäude drumherum, heruntergekommen, aber noch so standhaft – love at first sight . Wir haben an die Tür geklopft, keine Reaktion, dann sind wir wegen der Hitze in eine der Scheunen gegangen, um eine Kleinigkeit zu essen. Samuel hat sich auf die Traktoren gestürzt und fasziniert die alten Wagen betrachtet. Meinst du, es gibt hier Pferde? Die Mädchen haben, umgeben von Hühnern, kichernd ihre Kekse zerkrümelt, und ich war untröstlich, dass ich meinen Fotoapparat vergessen hatte. Es war das erste Mal, dass ich sie so gesehen habe. Nicht älter und nicht jünger, als sie waren.
Dann kam ein Hund. Eine Art kleiner Foxterrier, der unsere Schokokekse ebenfalls mochte und bis auf Schulterhöhe von Sam springen konnte. Sein Herrchen kam hinter ihm her. Ich wartete, bis er seine Eimer abgestellt und sich an der Pumpe erfrischt hatte, dann traute ich mich, ihn anzusprechen.
Weil er seinen Hund suchte, hat er uns entdeckt und kam langsam auf uns zu. Ich hatte ihn noch nicht begrüßt, da haben ihn die Kinder schon mit Fragen bestürmt.
›Oho!‹ sagte er und hob die Hände. ›Ihr sprecht ja sehr geziert, ihr!‹
Er hat ihnen erzählt, wie sein Hund heißt, Filou, und hat ihn ein paar drollige Kunststücke machen lassen.
Ein echter Schauspieler.
Ich habe ihm erzählt, dass wir hier seien, um Eier zu kaufen. ›Eier, ja, ja, die habe ich in meiner Küche, aber diese kleinen Krabben hier suchen sie bestimmt lieber selber, stimmt’s?‹, und er hat uns zum Hühnerstall geführt. Für einen nicht sehr umgänglichen Menschen fand ich ihn ziemlich liebenswürdig.
Dann sind wir mit ihm in die Küche gegangen, um eine Eierschachtel zu suchen, und ich wusste sofort, dass er schon lange allein lebte. Es war so dreckig. Und dann der Geruch. Er hat uns etwas zu trinken angeboten, und wir haben uns an seine Wachstischdecke gesetzt, die an den Ellbogen festklebte. Der Sirup schmeckte äußerst eigenartig, und in der Zuckerdose waren tote Fliegen, aber die Kinder haben sich rundum wohl gefühlt. Ich wagte nicht, Harriet aus dem Buggy zu nehmen. Der
Weitere Kostenlose Bücher