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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Telefon gegriffen und bei meiner Rückkehr einen Fuß auf Samuels Bauch gestellt, damit er aufjaulte. Ich bin wieder zu den dreien unter die Decke gekrochen und habe langsam folgenden Satz ausgesprochen: Wenn ihr wollt, können wir für immer dort wohnen.
    Große Stille, dann hat Sam geflüstert: Aber – können wir auch unsere Spielsachen mitnehmen?
    Wir haben uns noch ein bisschen darüber unterhalten, und als sie endlich eingeschlafen waren, bin ich wieder aufgestanden und habe angefangen, Kisten zu packen.«
    Der Wasserkessel pfiff.
     
    Kate stellte ein Tablett vors Feuer. Es roch nach Lindenblütentee.
    »Das Einzige, was René mir am Telefon gesagt hatte, war, dass das Haus noch nicht vermietet sei. Die jungen Leute, die dort einziehen wollten, fanden es zu einsam. Das hätte mich vielleicht hellhörig machen sollen. Dass Einheimische mit kleinen Kindern davon Abstand nahmen, dort zu wohnen. Aber ich war zu aufgeregt, um ihm zuzuhören. Viel später in diesem Winter hatte ich noch oft Gelegenheit, daran zurückzudenken. In manchen Nächten haben wir fürchterlich gefroren. Aber gut, wir hatten uns daran gewöhnt zu campen und haben uns im Wohnzimmer um den Kamin herum verteilt. Physisch gesehen waren unsere ersten Jahre hier die härtesten in meinem Leben, aber ich fühlte mich – unverwundbar.
    Später kam der Große Hund, dann das Eselchen als Dankeschönan den kleinen Jungen, der mir jeden Abend geholfen hat, Holz zu holen, und dann haben die Katzen weitere Katzen auf die Welt gebracht, und alles wurde zu dem fröhlichen Chaos, das Sie heute kennen. Nehmen Sie Honig?«
    »Nein, danke. Aber – leben Sie denn seit all diesen Jahren allein?«
    »O je!«, lächelte Kate hinter ihrem mug . »Mein Liebesleben. Ich weiß nicht, ob ich ausgerechnet dieses Kapitel aufschlagen möchte –«
    »Klar, erzählen Sie«, erwiderte er und stocherte in der Glut.
    »Ach ja. Und warum?«
    »Das ist nötig für die abschließende Landvermessung.«
    »Ich weiß nicht, ob es die Sache wert ist –«
    »Erzählen Sie’s trotzdem.«
    »Und Ihrs?«
    »...«
    »Okay. Ich sehe schon. Ich bin wieder diejenige, die hier alles machen muss! Ist schon okay, aber die Geschichte ist nicht sehr glorreich, wissen Sie.«
    Sie war ein Stück vorgerückt, um näher am Feuer zu sitzen, und Charles blätterte eine unsichtbare Seite um.
    Jetzt ihr Profil.
    »So hart sie auch waren, die ersten Monate vergingen wie im Flug. Ich hatte so viel zu tun. Ich habe gelernt, Risse zuzuspachteln, Wände zu verputzen, zu streichen, Holz zu hacken, den Hühnern einen Tropfen Bleichmittel ins Wasser zu geben, damit sie nicht krank wurden, Fensterläden abzuschleifen, Ratten zu töten, Zugluft zu bekämpfen, Fleisch im Sonderangebot zu kaufen und zu zerkleinern, bevor ich es einfror, jede Menge Dinge, die zu tun ich nie für möglich gehalten hätte, und das alles mit einem sehr neugierigen kleinen Mädchen zwischen den Füßen.
    Damals ging ich mit den Kindern schlafen. Nach acht Uhr abends war ich out of order . Das war übrigens das Beste, was mir passieren konnte. Ich habe meine Entscheidung nie bereut.Heute ist alles komplizierter wegen der Schule, und morgen wird es noch komplizierter werden, aber vor neun Jahren, glauben Sie mir, hat dieses Robinsonleben uns alle gerettet. Und dann kamen die warmen Tage. Das Haus war schon fast wohnlich, und ich habe wieder angefangen, beim Haarekämmen in den Spiegel zu schauen. Es ist unglaublich, aber das hatte ich fast ein Jahr lang nicht getan.
    Eines Morgens habe ich ein Kleid angezogen, am nächsten Tag habe ich mich verliebt.«
    Sie lachte. »Im ersten Augenblick kam mir diese Geschichte natürlich hyperromantisch vor. Der unverhoffte Pfeil eines Cupido, der sich aufs Land verirrt hatte, und derlei foolisheries , aber mit dem heutigen Abstand und angesichts der Folgen ... Na ja, egal, inzwischen habe ich das Engelchen vor die Tür gesetzt.
    Es war Frühling, und ich wollte mich verlieben. Ich wollte, dass mich ein Mann umarmt. Ich hatte die Faxen dicke von einem Dasein als Superwoman, die sich damit abmühte, ihre Stiefel auszuziehen, und die in weniger als neun Monaten drei Kinder bekommen hatte. Ich wollte, dass man mich küsst und mir sagt, ich hätte eine zarte Haut. Auch wenn es nicht mehr stimmte ...
    Also habe ich ein Kleid angezogen, um Samuels Klasse und einen anderen Lehrer mit seinen Schülern zu begleiten, ich weiß nicht mehr, wohin, und ich habe mich auf der Rückfahrt im Bus neben ihn

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